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11/2015 Paartanz für die Kultur

Von adminZoZuBo ‒ 13. März 2015

Paartanz für die Kultur

Braucht es den Schweizer Film? Wie beeinflusst die staatliche Finanzierung filmische Werke? Welche Verantwortung hat die Politik in der Kultur? Diesen und weiteren Fragen widmeten sich SP-Kantonsratskandidatin Esther Meier und Filmemacher Rolf Lyssy letzte Woche an einer Veranstaltung der SP des Bezirks Meilen. Dabei verriet der Regisseur auch, wie es zu seinem bekannten Film «Die Schweizermacher» kam.  

Es solle kein «blutiges Duell» zwischen Rolf Lyssy und ihr werden, meint Esther Meier zu Beginn lächelnd, in Anlehnung an den Veranstaltungstitel «Kultur und Politik – Duett oder Duell?». Vielmehr, wirft Rolf Lyssy ein, werde es «ein Paartanz». Die Klingen kreuzen die beiden an diesem Abend tatsächlich nicht. Esther Meier, Zollikerin und Kantonsratskandidatin der SP, schlüpft in die Rolle der Moderatorin und führt das Gespräch mit Rolf Lyssy. Rolf Lyssy, früher im Zollikerberg wohnhaft und in der Gemeinde aktiv, ist Filmemacher und Autor. Zu seinen bekanntesten Werken gehört «Die Schweizermacher» (1978). Mit diesem Film, der die schweizerische Einbürgerungspraxis aufs Korn nimmt, beginnt das Gespräch.

Überfremdung sei schon immer ein Thema gewesen, meint Rolf Lyssy. Im Sommer 1976 habe er einen Zeitungsartikel über einen Leumund-Berichterstatter gelesen, der Einbürgerungskandidaten zuhause besuche. «Da dachte ich: ‚Das ist eine Komödie. Das muss man auf die Leinwand bringen!‘» Der Film traf den Nerv der Zeit und der Bevölkerung und gilt als erfolgreichster Schweizer Film. Schlussendlich gehe es im Werk um die Frage der Identität. «Das ist eine zeitlose Frage», findet der Regisseur. Wer und was ist ein Schweizer? Das habe die Menschen interessiert.

Auf Subventionen angewiesen

Trotz dieses Erfolgs muss Rolf Lyssy auch heute noch wie andere Filmemacher für jeden Film neu vor ein Gremium treten, um sich für Subventionen zu bewerben. «Der Schweizer Film ist auf Subventionen angewiesen», kommentiert er. Der Markt in der Schweiz sei einfach zu klein. Trotzdem sieht er, dass in ähnlich kleinen Ländern – Dänemark, die Niederlande, Schweden – ein anderes Niveau bezüglich Kultur anzutreffen sei; er führt dies – halb lächelnd, halb im Ernst – auf den Meeranstoss und den Adel in diesen Ländern zurück. Die Schweiz sei ein Bauern-, Handwerker- und Bankenland; die Kultur habe hier immer noch einen schweren Stand. Neben den Subventionen von Stadt, Kanton und Bund sind Filmemacher deshalb auch auf private Geldgeber, z. B. Sponsoren, angewiesen. Denn einen Film zu drehen, ist teuer. Ironischerweise verweigerte der Bund damals dem Film «Die Schweizermacher» die finanzielle Unterstützung; über ein solch ernstes Thema lasse sich keine Komödie machen, habe es geheissen, lächelt Rolf Lyssy. Esther Meier stellt deshalb auch die Frage in den Raum, ob die Politik nur ungern etwas finanziere, das für Reibungen sorge und sie in Frage stelle. Kunstförderung soll nicht an Bedingungen geknüpft sein, findet sie.

Gleichzeitig ist Meier bewusst, dass sich der Film «im Spannungsfeld zwischen Kunst und Unternehmertum» befindet. Rentabilität, meint deshalb Rolf Lyssy, sei bei Kultur nicht angebracht. Er ärgert sich darüber, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Kultur am meisten unter Sparkursen leide. «Dabei ist Kulturstadt zu sein ein Standortvorteil», betont auch Esther Meier. Das breite Kulturangebot in Zürich sei attraktiv, werde von der Bevölkerung laut einer Volksbefragung hoch geschätzt und bringe Vorteile.

Trotz den Schwierigkeiten verbunden mit der Finanzierung von Filmen betont Rolf Lyssy, dass es den Schweizer Film brauche: «Ein Land muss sich auf der Leinwand sehen können.» Das Bild und vor allem auch das bewegte Bild habe einen grossen Stellenwert. Filmemachen gehört auch zur Aufklärung, meint er im Hinblick auf die Aufarbeitung der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg: «Man soll auch jüngeren Leuten zeigen, was mit dem Land geschehen ist.»

Privates Kulturengagement

Auch wenn Kantonsratskandidatin Esther Meier an der Veranstaltung aufgrund ihrer Rolle als Interviewerin etwas in den Hintergrund geriet, zeigt sie sich zufrieden mit dem Abend. Seit über zehn Jahren organisiert sie mit ihrem Ehemann und einem befreundeten Ehepaar Kulturabende bei sich zuhause. Kultur ist für sie eine Herzensangelegenheit. «Ich möchte mehr Leute überzeugen, dass Kultur eine Investition ist – wirtschaftlich und gesellschaftlich», meint sie nach der Veranstaltung. Neben der Gesundheitspolitik ist Kultur für sie einer der Schwerpunkte, welchen sie bei einem Wahlsieg in den Kantonsrat einbringen will. «Mit diesem öffentlichen Kulturabend wollte ich auch auf mein Kulturengagement aufmerksam machen und zeigen, dass dies nicht nur leere Worte sind.» (sb)

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