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12/2015 Positiv-kritisches Echo zur Umgestaltung des Ortskerns

Von adminZoZuBo ‒ 19. März 2015

Positiv-kritisches Echo zur Umgestaltung des Ortskerns

Auf Einladung der Gemeinde diskutierten am Samstag über 120 Personen über die Zukunft des Zolliker Zentrums. Etliche Frage wurden beantwortet und neue gestellt.

Belebt, lebendig, vielfältig und attraktiv. Wie sich Zollikons Ortskern in Zukunft präsentieren soll, darüber waren sich die Teilnehmenden schnell einig. Aufgeteilt in 15 Tischgruppen galt es, Adjektive für das zukünftige Erscheinungsbild der Gemeinde zu finden. Ziel der Veranstaltung vom letzten Samstag war, kritisch zu diskutieren, ob der Gemeinderat mit seiner Entwicklungsabsicht die Anforderungen an die zukünftige Nutzung des Beugi-Areals und des gesamten Ortskerns erfüllen kann. «Was bis jetzt erarbeitet worden ist, soll von den Teilnehmenden gespiegelt werden», erklärte Moderator Michael Emmenegger und fügte gleich den Zweck des eintägigen Workshops an: Ein qualifiziertes Feedback zu erhalten, auf dem sich dann ein Gesamtbild für Zollikons zukünftigen Ortskern erstellen lässt.

Dass sie mitreden können, dürften sich die Zolliker inzwischen längst gewohnt sein, lud die Gemeinde innerhalb der letzten acht Jahre doch bereits zum vierten Mal zu einer ganztägigen öffentlichen Diskussionsveranstaltung zum Austausch von Ideen und Vorstellungen. An der Planungswerkstatt vor zwei Jahren erfolgte der Startschuss für die Neugestaltung des 7000 Quadratmeter grossen Beugi-Areals, das aufgrund des neuen Wohn- und Pflegezentrums Blumenrain frei wird. Dabei wurde klar, dass das Beugi abgerissen werden soll: Ein Neubau soll neues Leben ins Dorfzentrum bringen. Ebenso klar wurde zum Ausdruck gebracht, dass das Areal nicht isoliert betrachtet, sondern ein Gesamtkonzept rund um den Dorfplatz und die Sportanlagen erstellt werden soll. Der Gemeinderat hatte damit seinen Auftrag gefasst. Die erhaltenen Denkanstösse und Impulse liess er in eine Testplanung für den gesamten Ortskern einfliessen und anschliessend durch eine Machbarkeitsstudie prüfen.

Grossverteiler, Quartierläden und Wohnungen

Die Belebung des Dorfkerns war das zentrale Element der Machbarkeitsstudie, die von Architekten, Städteplanern und Landschaftsarchitekten erstellt und nun vom involvierten Architekten Simon Kretz vorgestellt wurde. Die Studie beruht auf 10 Leitsätzen, die auf der Analyse der vorgesehenen Baukörper, deren Ausnutzung wie auch der gesamten Aussenraumbildung, Durchwegung und Erschliessung basieren. Anhand dieser Leitsätze stellte Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz die Absichten des Gemeinderats vor. Dass die Gemeinde das Areal Beugi im Baurecht abgeben wird, hatte sie im Vorfeld der Veranstaltung mehrfach betont. Nach den getätigten Investitionen im Alters- und Schulbereich liessen es die finanziellen Mittel Zollikons nicht zu, ein weiteres Grossprojekt selber zu stemmen. «Es geht um unser Herzstück inmitten des Dorfkerns», liess die Gemeindepräsidentin keine Zweifel über die Wichtigkeit der Angelegenheit aufkommen, «deshalb möchten wir die Weichen klar stellen.» Wer das Areal Beugi im Baurecht erhalten wird, werde mittels eines Investorenwettbewerbs ermittelt, der verschiedene Nutzungsvorgaben vorsieht. Für die Bebauung sind fünf Neubauten mit Läden und Wohnungen vorgesehen, in einem der Gebäude soll im Unter- und Erdgeschoss ein Grossverteiler einziehen. Mit den beiden bereits in Zollikon ansässigen Grossverteilern Migros und Coop seien Gespräche geführt worden, erläuterte Katharina Kull-Benz, beide hätten Interesse am Standort Beugi. «Ein Grossverteiler garantiert, dass der Dorfkern lebendig bleibt», so die Gemeindepräsidentin, «er wirkt auch als Magnet für kleinere Läden in der Umgebung.» Für eine gute Durchmischung sollen die 2 ½- bis 4 ½-Zimmer-Mietwohnungen sorgen, vorgesehen seine keine Luxuswohnungen, sondern solche im mittleren Preisniveau mit standort- und marktgerechten Mietzinsen. Insgesamt solle sich der Baurechtszins positiv auf die Gemeindekasse auswirken.

Der festungsartige Abschluss hin zur Zollikerstrasse, wie ihn das bestehende Beugi zurzeit vorgibt, werde durch die einzelnen fünf Baukörper durchbrochen, erläuterte Simon Kretz weiter. Fusswege zwischen den Neubauten sollen die Alte Landstrasse mit der Zollikerstrasse verbinden, die wichtigsten Wegverbindungen mit Kinderwagen oder Rollstühlen begehbar sein. Die motorisierte Erschliessung für Parkierungsmöglichkeiten als auch für die Anlieferung wird über die Zollikerstrasse erfolgen. Dass die architektonische Gestaltung des Areals auf eine Öffnung zielt, wurde vom Architekten mehrfach betont. «Zollikons heutiger Ortskern ist zwar vielfältig, aber weder von der Nutzung noch von der räumlichen Struktur her gut vernetzt», die Integration der verschiedenen Nutzungen und Nutzer gelte deshalb als wichtigster Aspekt.

Daumen hoch für den Gemeinderat

So weit die Absichten und Überlegungen des Gemeinderats und der involvierten Planungsteams. Wie das Gehörte und Präsentierte bei den Anwesenden ankam, sollte sich bald zeigen. In den angeleiteten Tischgruppen zu je acht Personen – eine bunte Durchmischung von Jung und Alt, Berglern und Dörflern, Partei- und Gewerbevertretern sowie ehemaligen und aktuellen Gemeinderäten, wurde kreuz und quer über die Ideen diskutiert. Bevor jede Gruppe ihr Fazit präsentierte, holte Moderator Michael Emmenegger das allgemeine Stimmungsbild ab. Ganz dem Zeitgeist entsprechend galt es, mit roten, gelben oder grünem Daumen die Entwicklungsabsichten und -vorstellungen der Gemeinde für das Beugi-Areal und den Ortskern zu «liken». Spätestens zu diesem Zeitpunkt machten nicht nur die Teilnehmenden zufriedene Gesichter, sondern auch der Gemeinderat, wurden dessen Absichten doch grossmehrheitlich gutgeheissen: 12 von 15 Gruppen hielten den grünen Daumen hoch, nur bei drei Gruppen vermochten die Überlegungen noch nicht ganz zu überzeugen.

Dass trotz ausgebliebener negativer Bewertung noch einige Fragen ungeklärt sind, zeigte sich in der Schlussrunde. Mehrmals angesprochen wurden finanzielle Aspekte wie die Festlegung der Mietzinse. «Von günstigen Wohnungen kann an diesem Standort nicht die Rede sein», meinte einer der Tischgruppenmoderatoren. Wie auch andere sprach er sich deshalb dafür aus, dass der Standort der ehemaligen Voliere zwingend für die Realisierung von günstigem Wohnraum vorgesehen werden müsse. Kritische Stimmen gab es auch zur Abgabe des Areals an nur einen Investor. Dieser strebe in erster Linie nach Rendite, ob er sich aber auch für die Förderung kleiner Dorfläden einsetzen werde, sei zu bezweifeln. Auch die Gemeinde solle nicht primär auf einen hohen Baurechtszins schielen.

Ebenfalls hinterfragt wurde das sogenannte „Knochenprinzip“ mit einem grossen Magnetmieter, wie er in einem der fünf neuen Baukörper vorgesehen ist. Der heutige Dorfplatz könnte damit „entvölkert“ werden, das Dorfleben sich nur noch auf dem Beugi-Areal abspielen. Es solle sichergestellt werden, dass auch beim Dorfplatz, wo heute die Migros zu finden ist, weiterhin ein Grossverteiler eingemietet sei, eine solche Bipolarität würde die angestrebte Belebung des gesamten Dorfkerns sicherstellen. Gewarnt wurde auch vor einer Dorfgarage mit direktem Durchgang zum Grossverteiler, denn auch sie verhindere einen Dorfplatz als Treffpunkt. Punkto Verkehr gab nicht nur die Garage Anlass zur Sorge. Ob die geplante Ein- und Ausfahrt über die Zollikerstrasse ein grösseres Verkehrsaufkommen zu tragen vermöge, wurde infrage gestellt, die Forderung nach einer Fussgängerzone mehrfach laut.

Sie sei sich bewusst, dass noch viele Fragen offen seien, meinte Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz am Ende der Veranstaltung und freute sich, dass die Vorstellungen des Gemeinderates positiv aufgenommen worden waren. Ob die Teilnehmenden der Aufforderung nachkommen, Sympathieträger des Projekts zu sein, dürfte sich schon bald zeigen: Am 10. Juni wird der Souverän an der Gemeindeversammlung über den Projektierungskredit entscheiden. Dann zeigt sich, ob die frühe Mitsprache mit der späteren Einigkeit einhergeht. (mmw)

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