16/2015 Wenn das Adrenalin pumpt

Von adminZoZuBo ‒ 17. April 2015

Wenn das Adrenalin pumpt

Joana Schönthal hat sich ihr Hobby zum Beruf gemacht. Bald schliesst die leidenschaftliche Velofahrerin ihre Lehre als Velomechanikerin ab. In ihrer Freizeit fährt sie mit dem Mountainbike über Wiesen, durch Wälder und Berge. Und rettet als jüngstes Mitglied der freiwilligen Feuerwehr mit ihren Feuerwehrkollegen auch mal eine Katze aus einem Schacht.

Mit einem Karabiner befestigen die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Zollikon ein Seil am Klettergurt. Den Klettergurt umgelegt hat Joana Schönthal, ihre jüngste Feuerwehrkollegin. Eine Katze ist in einem vier Meter tiefen Lüftungsschacht gefangen. Die Feuerwehrleute lassen die 18-Jährige in den Schacht gleiten. Doch dieser erweist sich als zu eng. «Ich bin zwar runtergekommen, konnte mich jedoch unten nicht bewegen», erzählt die Feuerwehrfrau. Sie versucht sich zu bücken und die Katze zu fassen, doch sie kann sich kaum drehen. Und die verängstigte Katze rührt sich nicht. Joana Schönthal wird wieder hochgezogen. Die Feuerwehrleute schaffen es schliesslich, die verängstigte Katze auf ein mit vier Schnüren befestigtes Tuch zu locken und sie empor zu ziehen. «Die Besitzerin hat sich danach nochmals per Email bei uns bedankt. Der Katze gehe es gut. Sie habe keine Verletzungen davon getragen», lächelt Joana Schönthal. Mit viel Eifer berichtet sie von ihrem letzten Einsatz bei der Feuerwehr Zollikon. Schliesslich hat das jüngste Mitglied auch lange darauf gewartet, bis es an Einsätze durfte. Zuvor war der Teenager fünf Jahre lang in der Jugendfeuerwehr des Bezirks Meilen aktiv; da wurde zwar geübt, doch an Einsätze war nicht zu denken. Seit Anfang Jahr ist sie aufgerückt. «An den Übungen hier geht alles viel schneller. Es ist das Ernstfalltempo», erzählt sie und meint, dass es jedes Mal eine Herausforderung sei. Doch dank ihrer langen Erfahrung in der Jugendfeuerwehr ist sie gleich in den Einsatzzug 1 eingeteilt worden. Als zweite Frau überhaupt, erwähnt sie nicht ohne Stolz. Doch sie ist froh, ganz normal ins Team integriert zu werden, ohne Sonderbehandlung.

Adrenalinschub bei Einsätzen

Dass Joana Schönthal aktives Feuerwehrmitglied ist, liegt in der Familie. «Mein Vater war lange in Zumikon in der Feuerwehr. Meine Mutter hat vor einigen Jahren auch angefangen», erzählt sie. Und als zwei ihrer Schwestern vor fünf Jahren in die Jugendfeuerwehr wollten, ist sie mitgegangen. Dabei war es früher nie ihr Traum, in der Feuerwehr zu sein. Doch seit sie mit dabei ist, lässt es sie nicht mehr los. «Das ist nicht etwas, das man so nebenbei macht. Man muss schon Leidenschaft dafür aufbringen.» Leuten helfen, jemanden in Not retten, sich durch die Arbeit in die Gemeinde integrieren, neue Menschen kennenlernen und das gute Gemeinschaftsgefühl zählt sie, auf die Faszination der Feuerwehr angesprochen, auf. «Und man weiss nie, was auf einen zukommt.»

Dass sie in Zollikon in der Feuerwehr ist, ist eher ungewöhnlich. Denn eigentlich wohnt sie in Forch. Dort besuchte sie die Primarschule, die Sekundarschule dann in Küsnacht. Doch dank ihrem Ausbildungsplatz in Zollikon ist sie tagsüber in der Gemeinde – und so auch schnell vor Ort anwesend. So auch an ihrem ersten Ernsteinsatz, als ein Auto von der Strasse abkam und im Bach landete. «Zuerst hiess es, eine Person sei im Auto eingeklemmt. Doch zum Glück konnten Mutter und Kind vorher aussteigen.» Die angerückten Feuerwehrleute errichteten eine Bachsperre, falls Öl aus dem Auto fliessen würde. Sie benachrichtigten den Pannendienst, um das Fahrzeug aus dem Bach zu hieven. «Sonst mussten wir nicht mehr viel tun», erzählt sie. Doch es sei ein «richtiger Adrenalinschub» gewesen, als die Nachricht des Unfalls kam, sie sich das Velo schnappte, ins Depot fuhr, sich umzog und mit Sirene und Blaulicht mit den anderen Einsatzleuten an den Unfallort fuhr.

Sehr oft sind es Tierrettungen, für welche die Feuerwehr ausrückt; auch Autounfälle und das Beseitigen von Ölspuren gehört zu den Einsätzen. Dass es auch mal kritisch werden kann, ist ihr bewusst. «Ich habe Respekt davor, wenn es ernst wird und schwer verletzte Personen dabei sind. Man muss dann lernen, damit umzugehen», meint sie.

Über Wiesen, Kiesweg und durch den Wald

Neben ihrem Einsatz in der Feuerwehr ist Joana Schönthal leidenschaftliche Mountainbikefahrerin. 12 Jahre lang fuhr sie Rennen. Theoretisch würde sie jetzt in die Elite-Kategorie aufsteigen. Doch damit ist, angesichts der bevorstehenden Lehrabschlussprüfung und der Zeit, die sie für das intensive Training investieren müsste, Schluss. Im Veloclub Meilen will sie jedoch weiterhin aktiv sein. Wenn möglich, möchte sie sich auch mehr um den Nachwuchs kümmern und dazu einen Jugend- und Sportkurs absolvieren. Ein bisschen Wehmut tritt aber auf, wenn sie ihre Velofreunde sieht, die sich auf Wettkämpfe vorbereiten. Doch dafür ist sie jetzt flexibler selber zu fahren, wohin und wann sie will. «Biken ist ein Zusammenspiel mit der Natur», schwärmt sie. «Man fährt alleine durch den Wald und sieht plötzlich ein Reh vorbeirennen.» Es helfe, den Kopf zu durchlüften und auf andere Gedanken zu kommen. Nach Lust und Laune nehme man es gemütlich oder teste die eigenen Grenzen.

Beim Rennfahren und in der Feuerwehr ist Joana Schönthal als Frau eher in der Minderheit. Doch das stört sie nicht. «Ich bin es gewohnt, dass ich überall eine Exotin bin», lacht sie. Ihren Lieblingssport hat sie dann auch gleich zu ihrem Beruf gemacht. Seit 2012 bildet sie sich im Veloshop Vonäsch in Zollikon zur Velomechanikerin aus. Dabei lerne sie «alles rund ums Velo», lächelt sie. Sie wäscht Velos, stellt Bremsen und Schaltungen ein, repariert platte Reifen und bedient Kunden. Ihr Alltag sei sehr abwechslungsreich. Nach ihrem Lehrabschluss im Sommer kann sie im Veloshop weiterarbeiten, freut sie sich. Sie fühlt sich wohl im Team. Und wenn der Arbeitstag vorbei ist, schnappt sie sich ihr Mountainbike und fährt nach Hause – oder dreht gleich noch eine Runde. (sb)

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