17/2015_Neues Energiekonzept für die Schweiz

Von adminZoZuBo ‒ 24. April 2015

Neues Energiekonzept für die Schweiz

Ein Plädoyer für eine Energiewende mit Zukunft nennt Anton Gunzinger sein neues Buch «Kraftwerk Schweiz», welches er mit dem Zolliker Ghostwriter René Staubli verfasst hat.

Jedes Unternehmen ist interessiert, etwas mit Gewinn zu verkaufen. Mit dem Gewinn arbeitet es, nicht mit seinem Kapital. «Doch wir bedienen uns am Eigenkapital der Erde und geben dieses grosszügig aus. Das tut weh», begründet der Unternehmer und ETH-Professor Anton Gunzinger an seiner Buchvernissage vor über 300 Gästen in den Räumen seiner Unternehmung im Technopark seine Motivation für das Buchprojekt. Im Interview mit Peer Teuwsen, dem Verantwortlichen für publizistische Projekte der NZZ, legte er nicht nur seine Beziehung zur Energiewende dar, sondern erläuterte auch seine Einschätzung der Entwicklungen in der Elektromobilität. «Können wir die Welt durch Technik retten?», war eine zentrale Frage an Anton Gunzinger. «Vielleicht nicht die ganze Welt,» meinte dieser, «aber in der Schweiz könnten wir das machen.» Weiter nachgefragt, was es denn für Möglichkeiten hierfür gebe, zählte der Autor drei Optionen auf: Bei der ersten würde gar nichts unternommen. Bei der zweiten folgten wir der Energiestrategie des Bundesrates und investierten 160 bis 200 Milliarden in die Energiewende. Alle Investitionen gingen in die einheimische Produktion und nicht «an Putin und Saudi-Arabien». Mit der dritten Option, der Kombination der Energiestrategie des Bundesrates mit privatwirtschaftlichen Investitionen in erneuerbare Energie, könnten bis zum Jahr 2050 rund 600 Milliarden Franken eingespart und erst noch die Schweizer Wirtschaft belebt werden. Möglich wäre das durch eine bessere Wärmedämmung älterer Häuser.  Der absolute Energieverbrauch habe in den letzten Jahren abgenommen, obwohl die Bevölkerung wachse und es mehr Wohnraum gebe. In der Schweiz werde heute sechsmal besser gebaut als 1970,  der Energieverbrauch sei deutlich tiefer als in den Boomjahren 1960–70. Der einzige Nachteil sei, dass noch 80 % aller Altbauten saniert werden müssten. Bei einer Renovationsrate von derzeit einem Prozent pro Jahr gehe es nur langsam vorwärts.

Reduktion auf 10 % des heutigen Wertes

Anton Gunzinger setzt auf Elektromobilität. Der Elektromotor weist einen Wirkungsgrad von 90 % auf im Gegensatz zum Verbrennungsmotor, der unter dem Strich nur 10 Prozent der eingesetzten fossilen Energie auf die Strasse bringt. «Elektrofahren macht Spass! Wir müssen umdenken, wir sind fixiert aufs Tanken.» In seinem Buch fordert er die Reduktion des Verbrauches nicht erneuerbarer Energie auf 10 %, und auch der CO2-Ausstoss soll auf 10 % des heutigen Wertes reduziert werden. Er fordert weiter die Stilllegung der Atomkraftwerke und das Ende der Subventionierung der Mobilität. Er will eine energieautonome Schweiz. Und das alles wolle er, bestätigte er im Gespräch, aus einem ganz persönlichen Grund in den nächsten 20 Jahren umsetzen – er wolle es noch selbst erleben. Mit dieser Äusserung hatte der Interviewpartner die Lacher auf seiner Seite.

Ölpreis steigt weiter

Weiter zitierte Anton Gunzinger eine Umfrage des «Blick» zur Akzeptanz eines Benzinpreises von 10 Franken pro Liter. Jeder vierte Blickleser hätte sich positiv dazu geäussert, und das wolle etwas heissen, fügte er lachend an.

Er wurde weiter gefragt, weshalb er sich so für die Energieunabhängigkeit einsetze. «Auf welche Art können Sie ein Land bedrohen?», fragte er zurück. Militärisch, über die Währung, die Nahrung und die Energieversorgung. Moderne Volkswirtschaften seien diesbezüglich verwundbar, Unabhängigkeit sei ein nicht zu unterschätzender Wert.  Es wäre kostengünstig machbar, in nur einer Generation autark zu werden. Einzig das elektrische Fliegen sei technisch eine noch ungelöste Herausforderung. In seinem populärwissenschaftlichen Buch versuche er, die möglichen Entwicklungen auf der Basis seiner Simulationsmodelle transparent und nachvollziehbar für den Leser darzulegen. Weiter erläuterte der Autor, dass der Ölpreis in den letzten 50 Jahren im Schnitt jährlich um 2 % gestiegen sei –alle Schwankungen und nach oben und unten mit einberechnet. Dieser Wert werde jedoch vermutlich deutlich ansteigen, da die rasch wachsenden Volkswirtschaften Chinas und Indiens zusammen jetzt schon so viel Erdöl verbrauchten wie der gesamte Rest der Welt zusammen.

Kostenwahrheit nicht gewährleistet

Anton Gunzinger ist überzeugt, dass die Berechnungen des Bundes im Zusammenhang mit den Kosten der Mobilität in der Schweiz nicht stimmen: Es werde viel mehr Geld aufgewendet als publiziert, nach seinen Berechnungen seien die Ausgaben doppelt oder sogar dreimal so hoch. Warum der Bund das tue? Es sei ein unangenehmes Thema, denn man müsste die Mobilität höher besteuern, und mit solchen Vorschlägen erhalte man als Politiker keine Wählerstimmen. Fakt sei aber, dass die Steuerzahler die Autofahrer massiv subventionierten. Die Schweiz bewege sich jedoch mit der heutigen CO2-Abgabe bereits in die richtige Richtung, so der Autor. Auf die Frage, was er für eine grundlegende Botschaft habe, meinte er, dass es wichtig sei, im Rahmen der laufenden Energiedebatte über diese existentiellen Themen nachzudenken. Zudem fordert er eine faire Marktwirtschaft in Zusammenhang mit der Mobilität.

Faszination und Herausforderung

«Ist das Buch Ihr Vermächtnis?», wurde Gunzinger zum Schluss gefragt? Wenn das Buch einen Beitrag zum besseren Verständnis der Energiesysteme leiste und plausibel darlege, dass die Energiewende der Schweizer Wirtschaft nicht zu unterschätzende Wachstumschancen biete,  habe sich die Arbeit gelohnt. Die Freude über das interessante und gelungene Werk war ihm, dem Schöpfer, ins Gesicht geschrieben. (cef)

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