Von adminZoZuBo ‒ 31. Juli 2015
Manuel Gamma war zehn Jahre lang Redaktor und Produzent bei «Glanz & Gloria», reiste um die Welt und veröffentlichte im Mai mit dem Illustratoren Peter Wyss und der Grafikerin Claudia Fellmer sein erstes Buch «Perplexe Texte Komplexe Kleckse», welches der Verlag als Buch des Jahres vorschlagen wird.
«Ich schreibe, seit ich 15 Jahre alt bin», beginnt der gebürtige Zürcher Manuel Gamma, «und die Gründe dafür waren dreierlei: Entweder war ich verliebt, es ging mir nicht gut oder ich wollte eine Frau beeindrucken!» Der 43-Jährige wäre gerne Belletrist geworden, doch unter 40 Jahren sei seine Selbstdisziplin schlicht zu klein gewesen. «Ungefähr eine Viertelstunde Zeit brauche ich für ein Gedicht», lacht er verschmitzt, steht auf und holt rasch die alten Schulhefte, in die er seine Gedichte früher geschrieben hat. Der Titel des aktuell veröffentlichten Buches steht sogar auf dem Umschlag einer dieser Hefte. Vor einigen Jahren absolvierte der kreative Kopf verschiedene Weiterbildungen, er wollte entdecken, was das Leben noch zu bieten hatte. Im Prozess dieser Veränderung habe er in zwei Nächten sämtliche Gedichte in seinen Computer reingehämmert und sie kurzerhand an drei Verlage geschickt. Einer von ihnen, der Kommode Verlag Zürich, bekundete Interesse an seiner Lyrik-Sammlung. So wurde ein Treffen mit der Verlegerin abgemacht. «In meiner Eitelkeit dachte ich, dass damit die Arbeit nun getan sei. Doch meine Verlegerin klärte mich schnell auf: Nun sei ich erst einmal schwanger geworden und müsse noch lange austragen.» Die Idee der Zusammenarbeit mit dem bekannten Künstler Peter Wyss kam auf, sie war für den Neoautoren nicht nur naheliegend, sondern schlicht logisch.
Der Zürcher Illustrator arbeitete für internationale Magazine und Werbeagenturen und in seinem Atelier im Seefeld waren auf 160 Quadratmeter einige Trouvaillen versteckt, die, so Manuel Gamma, eine äusserst spannende Ergänzung zu seinen Gedichten wären: «Abgesehen vom Generationsunterschied haben Peter und ich sehr viele Gemeinsamkeiten.» Die Kalligrafien von Peter Wyss seien die substantiellen Elemente, durch sie würden Wort und Bild gebunden. Die Verlegerin zeigte sich begeistert von diesem Konzept und so engagierten sie zu dritt die Grafikerin Claudia Fellmer. Eineinhalb Jahre intensive Arbeit folgten. Das Resultat ist ein wildes Buch, in dem sehr viel Herzblut steckt. Allen war bewusst, dass sie damit nicht reich werden würden – dafür reich an Erfahrung. Im finalisierenden Moment fanden alle drei Kunstschaffenden ihren Anteil fürchterlich. «Aber wir liessen los, um einmal zu schauen, wie es fliegt.» Auf die Frage hin, wie es denn fliege, lacht Manuel Gamma und meint, er wisse es nicht. Alle an der Lesung zum Verkauf stehenden Exemplare seien weg, eine kleine Menge in Deutschland ebenfalls ausverkauft, aber es sei ihnen durchaus bewusst, dass diese Art von Buch keine grosse Käuferschaft anspreche. Der Buchhandel sei vorsichtig. Es handle sich um ein schönes Geschenkbuch. Am Anfang stellte er sich die Frage, was es wohl mit ihm mache, wenn diese Gedichte, die viel Intimes von ihm preisgeben, veröffentlicht werden, dennoch hat er es, wie er betont, durchgezogen. Etwas durchziehen, etwas einfach machen, einen Entscheid treffen und diesen dann umsetzen, das ist das Motto in seinem Leben. «Ich stehe auf einem Berg, stosse einen Stein an und schaue, wie er rollt. Manchmal rollt er auch über mich hinweg, aber er rollt.»
Sein Studium in Philosophie, Publizistik und moderner Literaturwissenschaft hat er nach acht Jahren im Jahr 2001 abgebrochen, er hätte sich in den Hauptfächern Philosophie und Publizistik für die Lizentiatsprüfungen anmelden können, doch «ich war zu eitel, um anzuerkennen, dass ich durchgefallen wäre.» Nebenbei hat er immer viel gearbeitet, anfangs als Sozialagoge mit verhaltensauffälligen Jugendlichen, später dann im Rahmen eines Studienpraktikums beim früheren Privatsender TV3. «Ich habe mich sehr bemüht, das Praktikum und die Arbeit schlimm zu finden und musste mir dann eingestehen, dass beides sehr gut ist. So habe ich zwei Jahre unbeachtete News gemacht», lacht er erneut. Über zwei Zwischenstationen bei Tamedia und als Videotrainer bei «Szenario», einem sozialen Projekt für arbeitslose Jugendliche, kam er zum Schweizer Fernsehen und blieb dort zehn Jahre – bis er vor Kurzem ins Blaue hinaus, wie er selber sagt, gekündigt hat. «Ich bin in die Medien reingerutscht und habe es geliebt, ich war immer in der Redaktion, auch an meinen freien Tagen.» Nun arbeitet er selbstständig als Kameramann, wird wahrscheinlich noch eine 50%-Mutterschaftsvertretung beim «Club» des SRF annehmen, ein zweites Buchprojekt, ein Sachbuch über den Umgang mit Gewalt, ist ebenfalls noch offen. Letzteres steht im Zusammenhang mit seiner Trainertätigkeit in Krav Maga. Krav Maga ist eine ursprünglich israelische Selbstverteidigungstechnik, die er bereits seit Jahren betreibt.
Seit fünf Jahren wohnt er nun in Zollikon, in einer Wohnung im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses – mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Zürichsee und die Stadt. Schmunzelnd weist er darauf hin, dass er dafür auch Einiges zahle. «Zollikon ist ein verrückter Fleck, ich wohne sehr gerne hier.» So entspannt, wie Manuel Gamma auf seinem Balkon sitzt, das Gesicht der Sonne zugewandt, glaubt man sofort, dass er Zollikon so schnell nicht wieder verlassen wird. (ft)
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