Von adminZoZuBo ‒ 11. September 2015
Seit zehn Jahren beteiligt sich die Schule Zollikon am Projekt der Pro Senectute «Generationen im Klassenzimmer». Knapp dreissig Seniorinnen und Senioren haben seither Zolliker Schulklassen begleitet. Margrit Jans ist als Einzige seit zehn Jahren ununterbrochen dabei.
Margrit Jans war sofort interessiert, als sie vor zehn Jahren erfuhr, dass die Schule Zollikon bereit war, sich auf das Experiment Senioren im Klassenzimmer einzulassen und deshalb einen Infoabend für die ältere Generation veranstaltete. Lange war es her, dass sie selbst in die Schule gegangen war, doch damals in Rheinau, wo sie aufgewachsen war, hatte es ihr gut gefallen. Und da nun die eigenen Kinder ausgezogen und die familieneigene Gartenbaufirma altershalber aufgelöst war, würde ihr ein wenig frischer Wind gut tun. «Und so war es auch», sagt sie, «von Beginn weg empfand ich meine Tätigkeit im Klassenzimmer als grosse Bereicherung.» An der Infoveranstaltung ging sie sogleich beherzt auf Helen Blumer zu, die ehemalige Primarlehrerin ihres jüngsten Sohnes, und fragte, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen könne. Ja sicher, habe diese gesagt, das sei wunderbar, denn sie wisse ja schon, wie es bei ihr laufe. «Dem war allerdings nicht so», musste Margrit Jans bald feststellen. «In meiner Zeit als Mutter von Schulkindern kamen Eltern höchstens am Examen in die Schule. Sie liessen Lehrpersonen und Kinder in Ruhe ihre Arbeit machen, ohne sich einzumischen.» Und auch ihre Zeit als Schülerin lasse sich mit der heutigen Schulwelt nicht vergleichen. «Ich ging in einem kleinen Dorf in eine Mehrklassenschule», sagt sie, «jeder kannte jeden und der Lehrer war eine Respektsperson, dessen Anweisungen man nicht hinterfragte, sondern ohne Widerrede gehorchte.» Ihr habe es damals sehr gefallen, neben den eigenen Aufgaben den Kleineren zu helfen und dem Unterricht der Grösseren zu lauschen.
Doch auch wenn heute alles anders ist: Ein Vorwissen als Seniorin im Klassenzimmer ist nicht notwendig. Gefragt ist gute Laune, Geduld und die Bereitschaft, sich auf die Beziehung mit der Lehrerin oder dem Lehrer und den Kindern als begleitende Person im Hintergrund einzulassen. Und das brachte Margrit Jans mit. Vor dem Einsatz, so steht es auf der Homepage der Pro Senectute, klären Lehrpersonen, Senioren und Behörden gemeinsam Bedürfnisse und Tätigkeitsfelder ab. Zudem wird die Zusammenarbeit vierteljährlich überprüft und neu vereinbart oder beendet. Margrit Jans ist zur Zeit eine von 15 Seniorinnen und Senioren, die sich an einer der drei Zolliker Schulen im Projekt Generationen im Klassenzimmer betätigen. Die Beteiligung wechselt von Jahr zu Jahr. Nur Margrit Jans blieb von Beginn weg bis heute. Sie reihte Vierteljahr an Vierteljahr, blieb über die Pensionierung von Helen Blumer hinaus. Schnell fand sie eine neue Klasse, man kennt und schätzt sie im Schulhaus. Und so dauert ihre Zeit als Seniorin im Klassenzimmer bereits länger als ihre einstigen Schuljahre als Schülerin. Zum Schulbeginn nach den Sommerferien hat sie ihr elftes Jahr in der 1. Klasse von Jolanda Flükiger begonnen. «Ich finde den Kontakt über drei (bis fast vier) Generationen im Klassenzimmer wertvoll», sagt Jolanda Flükiger, «nicht nur für meine Klasse, auch für mich selbst. Viele gute Gespräche haben wir zusammen schon geführt, und zudem freut es mich immer wieder neu, wie aufmerksam Margrit Jans ist, wie gut es uns gelingt, wortlos Hand in Hand zusammen zu arbeiten.» Es ist ein Kompliment, das Margrit Jans freut. Denn genau dies ist ihr Ziel: aufmerksam zu sein, wortlos zu sehen, wer gerade froh um Hilfe wäre und dafür da zu sein. Langweilig ist ihr dabei nie geworden, im Gegenteil. Der wöchentliche Morgen im Schulzimmer, die herzlichen Beziehungen zur Lehrerin und den vielen Kindern erfüllen sie mit grosser Freude. «Es erhält mich jung», sagt sie. Und es bleibt nicht beim Schulunterricht allein: «Mich freut es, wenn mir ein Kind über den Dorfplatz ‚Grüezi Frau Jans‘ zuruft, oder ich über ein Kind auf der Strasse mit jungen Eltern ins Gespräch komme.» Gerade weil sie (noch) keine Enkel habe, geniesse sie das sehr.
Als Seniorin im Klassenzimmer hilft ihr ihre Offenheit und ihre ungebrochene Abenteuerlust, Neues zu erleben. Diese hat sie durch ihr ganzes Leben begleitet: Als sie kurz nach der Lehrabschlussprüfung in die Welt zog, erst für vier Jahre nach Genf, um Französisch zu lernen, später weiter nach London, wo sie halbtags eine Sprachschule besuchen und nebenher als Au pair arbeiten wollte. «In England hatte ich allerdings mit der Familie Pech», empört sie sich noch heute, «statt einer Begrüssung wurde ich gleich ans Bügelbrett begleitet und bekam den Befehl, die Sprachschule abzusagen, weil sie zu weit weg sei.» Das hatte sie sich natürlich nicht gefallen lassen! Sie sagt: «In schwierigen Situationen, damals wie heute, denke ich stets: Wenn meine Mutter es geschafft hat, uns Kinder nach dem frühen Tod meines Vaters durchzubringen, werde ich wohl das, was vor mir liegt, auch schaffen!» Kurzerhand hat sie im Schweizer Club Hilfe geholt, sich ein günstiges Zimmer organisiert und die Sprachschule eben so lange besucht, wie ihr Geld reichte. Es reichte für vier Monate, lange genug, um an einem Fest im Schweizer Club ihren zukünftigen Mann kennenzulernen. Auch er ein junger Abenteurer aus der Schweiz, der in London Englisch lernte, um später die Welt zu bereisen. Über ihn kam sie nach Zollikon. Seine Familie führte eine Gartenbaufirma, wo sie ihren Beruf weiterhin ausführen und gleichzeitig für die drei Kinder und die Familie da sein konnte. Nebenher wurde sie aktive Samariterin – ganze 40 Jahre ist sie da schon dabei! , Turnerin im Turnverein, Bridgespielerin. Wo aber auch immer sie mitmachte, engagierte sie sich gleich mit Herz und Seele und blieb beständig und treu über die Jahre hinweg. In den Ferien aber packt das Ehepaar jeweils die Abenteuerlust. Viel und weit sind sie gereist mit ihren drei Kindern, per Flugzeug und im Auto. Später entdeckten sie das Reisen per Fahrrad und fuhren mit Freunden kreuz und quer durch ganz Europa. Und so hat sie, wenn sie von Lehrpersonen und Kindern gefragt wird, einiges zu erzählen. Sie ist mehr als ein gern gesehener Gast im Klassenzimmer, sie ist eine kompetente Hilfe in allen Lebenslagen. Denn egal in welchem Fach: Ihr macht man nicht so schnell etwas vor, auch nicht in Englisch oder Französisch! Wie sagte doch eines der Kinder einst nachdenklich zu ihr: «Sie sind ja scho chli alt, aber mega nett und eifach choge gschiid»! (db)
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