Von adminZoZuBo ‒ 11. März 2016
Günter Jakob, 76, ist das älteste Aktivmitglied im Sportclub Zollikon. 1967 kam er von Juventus zum Sportclub – und blieb. Noch immer trainiert er jeden Mittwoch mit den Veteranen auf dem Riet. Der Mannschaftssport hat ihn geprägt.
Meist steht er als Erster auf dem Platz. Kümmert sich um die Tore, pumpt die Bälle auf. Doch das macht ihm nichts aus. Es ist ihm wichtig, als gutes Vorbild voranzugehen. Mit 29 Jahren ist Günter Jakob 1967 dem Sportclub Zollikon beigetreten. Als Aktiver will er im nächsten Jahr das 50-Jahr-Jubiläum feiern. Dass er trotz seines Alters noch immer jede Woche auf dem Platz stehen kann, erfüllt ihn mit Dankbarkeit und Stolz, denn ausser diversen Fussballer-Verletzungen war er nicht nur sein Leben lang gesund und voller Tatkraft, es ist ihm auch gelungen, viel aus diesem Geschenk zu machen. Am 1. August 1938 in Berlin-Schöneberg geboren, verbrachte er seine Kindheit in ärmlichen Verhältnissen in der kriegsversehrten Hauptstadt. Sein Vater, ein Schweizer, war der Arbeit wegen nach Berlin gegangen und aus Liebe geblieben – was er mit Wehrdienst und fünf Jahren russischer Kriegsgefangenschaft in Sibirien bezahlen musste. Doch für den kleinen Günter war Berlin ein Paradies: «Das Ruinenfeld war für uns ein grosser Abenteuerspielplatz und Strassenfussball meine besondere Leidenschaft», sagt er. Der talentierte Linksfüsser fiel schnell auf. So war er nicht nur als Mitspieler auf der Strasse heiss begehrt, sondern spielte bald auch bei den Kickers 1900 Schöneberg, dann bei Hertha-Zehlendorf und durfte mit 15 gar mit der Mannschaft «Auswahl Berliner Schulen» gegen andere Städte antreten. Trotzdem dachte er nie daran, den Fussball zum Beruf zu machen.
Als Jugendlicher wurde er erst Gärtner, wie es sein Vater vor dem Krieg gewesen war. Nach der Lehre aber war ihm klar: Er wollte mehr als pflegen und hegen, er wollte gestalten und dies, wenn möglich, als sein eigener Herr und Meister. Drei Jahre Praktikum war die Voraussetzung für den Studiengang als Landschaftsarchitekt an der Technischen Universität Berlin. Ein kleines Inserat eines Gartenunternehmens in der ehemaligen Heimat seines Vaters wies ihm den Weg. «Mit zwanzig Mark in der Tasche reiste ich nach Hauptwil in den Kanton Thurgau», erzählt er, «mehr konnten mir meine Eltern nicht mitgeben.» Die Schweiz gefiel ihm, schwierig war anfangs einzig die Sprache. «Ich hatte gedacht, auch in der Schweiz spreche man deutsch, doch ich verstand erst kein Wort!» Er absolvierte die nötigen Praktika in Bischofszell, Bern und Zürich und fuhr dann zum Studium zurück nach Berlin, wo er an der Technischen Universität 1962 mit Bravour als Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt abschloss. In die Schweiz aber hatte er sich regelrecht verguckt, sodass er während der Semesterferien von Berlin mit dem Rad dahin zurückfuhr. 1700 Kilometer legte er dabei insgesamt zurück. Besonders Zürich empfand er als paradiesischen Ort. Hier wollte er gerne leben!
Nach dem Studium heiratete er und zog mit seiner Frau Marianne, einer Münchnerin, nach Wallisellen, arbeitete als Landschaftsarchitekt in einem Gartenbauunternehmen und spielte in der Freizeit Fussball bei Juventus Zürich in der ersten und zweiten Liga. Bald schon folgte er seinem Freund Gianni Cavadini zum SC Zollikon. «Bei einem Spiel mit Juventus hatte ich ein Bein gebrochen und lag in der Klinik Hirslanden», erzählt Günter Jakob, «als Gianni mit dem damaligen Zolliker Spiko Edi Thommen zu Besuch kam und befand, ich solle zum SCZ wechseln, sobald ich wieder auf den Beinen stehen könne.» 1967 war das. Seither trainiert und spielt Günter Jakob ununterbrochen im Zolliker Sportclub – mittlerweile als ältester aktiver Fussballspieler des Vereins. «Dem Mannschaftssport habe ich viel zu verdanken», sagt er. «Er lehrte mich, was ich zum Leben brauchte: mich einzufügen und durchzusetzen, zu verlieren und zu gewinnen, mir eigene Fehler zu verzeihen und meinen Ärger über Fehler anderer abzulegen, mich nach Streitigkeiten wieder zu versöhnen und nach dem Spiel gemeinsam Feste zu feiern.» Beim SCZ fühlte sich Günter Jakob schnell wie zu Hause und verdankte dies dem Club auch in vielerlei Hinsicht mit grossem Engagement: Er stellte seine Firmenautos für die Papiersammlungen zur Verfügung, inserierte im Vereinsorgan «Dribbling» und investierte in Bandenwerbung auf dem Riet, sponserte Bälle, Leibchen und Trainingslager der Junioren, finanzierte und organisierte Mannschaftsreisen samt Freundschaftsspielen nach Berlin, Lissabon, Budapest, Rom und Helsinki. Über 100 000 Franken kostete ihn dies über die Jahre – es war ihm jeden Franken wert, denn unterdessen konnte er sich einiges leisten. Mit 32 Jahren hatte er 1970 sein eigenes Gartenbaugeschäft eröffnet – und das lief ihm von Beginn weg gut von der Hand. Bald schon beschäftigte er bis zu vierzig Mitarbeiter, um all die Aufträge zu erfüllen: Er gestaltete Sport- und Tennisplätze, Schulhausanlagen, Friedhöfe, die Uni Irchel, das Affen- und Zebragehege im Zürcher Zoo und verschiedene Siedlungsumgebungen.
Ja, er verdiente gut, unterstützte nicht bloss den Sportclub Zollikon, sondern baute sich und seiner Familie auch ein eigenes Haus, kaufte sich einen Porsche und ein Feriendomizil in Florida, in das heute auch seine Kinder und Enkelkinder gerne reisen – er, der kleine Junge aus dem kriegsversehrten Hinterhof. «Was für ein Leben! Wie hab ich das bloss verdient, denke ich zuweilen», sagt er, «und bei alledem bin ich noch immer fit und spiele so gerne Fussball wie eh und je!» Wobei, und das ist ihm wichtig, die fussballerischen Erfolge schon immer sehr viel zu seiner Zufriedenheit beigetragen haben. Vor allem die Erfolge der von ihm mitbegründeten Samstagsmannschaft sind ihm unvergesslich. Die Idee war grandios und nachhaltig: Da es dieser Mannschaft gelang, aus Rücksicht auf Beruf und Familie alle Spiele auf den Samstag zu verlegen, blieben ihr auch viele Familienväter und Berufskarrieristen über Jahre treu, und der Erfolg gab ihm recht: Zweimal wurde Günter Jakob mit diesem Team Meister und stieg mit ihm von der vierten in die dritte Liga auf.
Erfolg verbindet: Beinahe geschlossen wechselten die Spieler zu den Senioren und weiter zu den Veteranen. Als Veteranen traten sie einst zu einem Spiel gegen das grosse GC an, bei dem unter anderem Ottmar Hitzfeld und André «Bigi» Meier aufliefen. Dem Sportclub Zollikon gelang ein sensationeller 6:3-Sieg – was für eine Erinnerung! Genauso wie das Spiel gegen das Team Innerschweiz, in dem unter der Regie von Timo Konietzka lauter Altinternationale spielten. Dieses Spiel hatte Günter Jakob sich und seiner Mannschaft anlässlich seines 60. Geburtstags zum Abschied geschenkt. Denn eigentlich hatte er damals mit dem Fussball aufhören wollen. Er hatte seine Firma verkauft, da er mit seiner Frau noch etwas von der Welt sehen wollte. Das tat und tut er nun auch, doch wann immer er zwischendurch zu Hause ist, zieht es ihn wieder aufs Riet. Zum grossen Bedauern von Günter Jakob spielen die Veteranen des Sportclubs Zollikon heute nur noch unter sich. Für Meisterschaften ist ihr Kader zu dünn geworden. Doch trainiert wird noch regelmässig. 52-mal im Jahr bei jedem Wetter und bei jeder Temperatur auf dem Rasen an der frischen Luft. Genauso mag es Günter Jakob. Und so ist er – ausser er sei gerade im Ausland – stets mit von der Partie. Geht wie eh und je mit gutem Beispiel voran: macht sich trotz Minusgraden und Regen rechtzeitig auf den Weg, um als Erster da zu sein, noch kurz die Bälle zu kontrollieren und sich um das Aufstellen der Tore zu kümmern. (db)
ANMELDEN
Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.