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12/2016 Zwischen Schrebergarten und Burkina Faso

Von adminZoZuBo ‒ 24. März 2016

Zwischen Schrebergarten und Burkina Faso

Marianne Theurer geht den Dingen gerne auf den Grund; ob im Boden des Schrebergartens oder wenn sie etwas nicht mehr loslässt, wie die Lage der Menschen in Burkina Faso. Und dann packt sie gleich richtig an.

Auch wenn man es versuchen möchte: Bei Marianne Theurer kommt man am Thema Burkina Faso nicht vorbei. Gerade noch schwärmt die Zollikerin von ihrem Schrebergarten, von den unzähligen Früchten, die sie vergangenes Jahr ernten konnte, und schon erzählt sie, wie sie gemeinsam mit ihrem Mann Hans in der Küche stand und viele, viele Gläser Konfitüre eingekochte. Sie recherchierte kurz die Preise im Delikatessenladen, machte ihre Konfitüre eine Spur günstiger, und schon wurde diese für das Hilfsprojekt in Burkina Faso verkauft. «Ein Drittel meiner Zeit setze ich bestimmt für das Projekt ein», schätzt die 71-Jährige. Sie hat auch sonst noch genug zu tun: den Schrebergarten in Schuss halten, für ihren Sohn und dessen Geschäft die Administration erledigen, Kontakt zu den Enkelkindern pflegen. «Als unsere Tochter schon als Mutter noch eine Zusatzausbildung machte, haben wir trotz unserer Berufstätigkeit die Kinder wöchentlich gehütet. Da entsteht einfach ein inniges Verhältnis», erinnert sie sich. Das eigene Berufsleben hat das Ehepaar Theurer vor fünfzig Jahren zusammengebracht. Sie arbeitete für eine Werbeagentur, er in einer Druckerei. Regelmässig musste Marianne Theurer die Kinoplakate zum Druck freigeben. «Ich weiss gar nicht, ob da nicht manchmal etwas durcheinander geraten ist», lacht sie herzlich. Das erste Date fand auf jeden Fall nicht im Kino statt, sondern auf der Schlittschuhbahn am Dolder. Das ist lange her, in diesem Jahr wird Goldene Hochzeit gefeiert. Und im kommenden Jahr die «Goldhochzeit» mit Zollikon. Fünfzig Jahre wohnen sie dann hier am Waldrand mit Blick auf den Bach.

Spontaner Aufbruch

Es war immer auch das Interesse an fernen Ländern, an fremden Menschen, die das Ehepaar verband. Sie waren gemeinsam in China, in Borneo, in Thailand, in Peru, um nur einige ferne Ziele zu nennen. «Wir krochen richtig durch den Dschungel», so Marianne Theurer. So, wie sie zu Hause gerne in der Erde wühlt, so befasst sie sich im wahrsten Sinn auch mit fremden Regionen. «Ich will mit den Menschen vor Ort sprechen, nicht nur den Reiseleiter hören», formuliert sie es. Zu ihrem Leben gehört auch ganz intensiv der Chramschopf, wo sie seit ewigen Zeiten mitwirkt. Dort traf sie 1992 mit einer Frau zusammen, die Ware bringen wollte. «Ich gucke mir die Sachen gerne vorher an, damit wir nicht auf Plunder sitzen bleiben», erklärt Marianne Theurer. Als sie die Frau in deren Wohnung besuchte, entschuldigte diese sich für das Chaos. Aber sie sei gerade erst aus Afrika zurückgekommen. «In diesem Moment war mein Interesse geweckt», weiss Marianne Theurer noch ganz genau. Die Frau erzählte von ihrer Arbeit für die Ärmsten der Armen in Burkina Faso. «Ich wollte das Land mit eigenen Augen sehen», so die Seniorin. Damals hätte sie keinen Gedanken daran verschwendet, selbst vor Ort zu helfen oder sich dort sozial zu engagieren. Ziemlich genau ein Jahr später meldete sich die Frau wieder, und spontan begleitete das Ehepaar Theurer sie nach Afrika.

Tränen in der Migros

«Es war ein Schock», erinnert sich Marianne Theurer an den ersten Besuch in Burkina Faso. Die grosse Armut, die vielen Menschen, die weder schreiben noch lesen konnten, die Aussichtslosigkeit – alles war zu viel. Richtig schlimm sei es nach der Rückkehr gewesen. Am Samstagmorgen landeten sie in Zürich, gingen noch schnell in die Migros, der Kühlschrank zu Hause war ja leer. Da, und erst da kamen Marianne Theurer die Tränen. Die übervollen Regale, das Zuviel an allem brachte sie zum Weinen. Aber Marianne Theurer ist keine Frau, die klagt oder leidet. Sie packt zusammen mit ihrem Mann an, organisiert, plant, sammelt Spenden, wirbt für ihren Verein «Hilfswerk für Heim- und Strassenkinder Burkina Faso» «Wer uns unterstützt, weiss genau, dass nur zwei bis drei Prozent für die Organisation eingesetzt werden, das restliche Geld wird vor Ort investiert.» Vor Ort, das ist mittlerweile ein Kinderheim für Strassenkinder und eine Schulküche in Ouagadougou. Gerade erst ist sie zurückgekommen von einer Reise nach Burkina Faso, die sie diesmal mit ihrer Vereinskollegin Monika Kessler aus Zumikon unternahm. «Ich konnte da junge Menschen mit eigenen Geschäften besuchen, die vor vielen Jahren in unserem Kinderheim lebten. Wir hatten sie damals von der Strasse geholt», erzählt sie. Und sie ist stolz auf den jungen Mann, der einen Laden für Alufenster hat. Auf den Schreiner, der eigene Möbel herstellt und anbietet. Auf den Metallbauer, bei dem sie fürs Kinderheim gleich zwei termitenresistente Vorratsschränke bestellen konnte. Sie alle sind der Beweis dafür, dass sich die Hilfe und die ganze Arbeit gelohnt haben. «Ich merke aber, dass ich nicht mehr alles allein schaffe. Dass ich Arbeit delegieren und abgegeben muss», räumt sie ein. Das falle ihr nicht leicht. Mit leuchtenden Augen blättert sie in den Fotobüchern, die ihre Aufenthalte dokumentieren. Neben der Armut fallen die vielen lachenden Gesichter auf. «Die Fröhlichkeit der Menschen ist immens», unterstreicht Marianne Theurer. Fast wünscht man sich, dass sie von ihrem nächsten Besuch in Burkina Faso (der bestimmt kommen wird) ein bisschen von dieser Heiterkeit und Fröhlichkeit mitbringt und morgens in der Forchbahn oder auf dem Schulweg verteilt. (bms)

 

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