Von adminZoZuBo ‒ 13. Mai 2016
Im letzten «Zumiker» haben wir Erwin Handschins Street-Art an der Wand der Baustelle für den Neubau Coop vorgestellt. Seit dem Wochenende ziert ein neues Kunstwerk von ihm die Bauwand: ein Bekenntnis zur Badi Juch. Was treibt den Künstler an?
Seit acht Jahren lebt er nun in Zumikon, in einer geräumigen Einzimmer-Wohnung in der Gand. Der 74-Jährige, sportlich-drahtig und grossgewachsen, ist von Zollikon hergezogen, wo er 33 Jahre gelebt hat. Er musste ausziehen, weil das Haus abgerissen wurde. Nach Zumikon ist er hauptsächlich gezogen, weil er ein Fan des Schwimmbads Juch ist. «Für mich ist das Juch das schönste Bad, das es gibt», sagt Erwin Handschin mit Begeisterung in der Stimme. Er schätzt, dass er schnell dort ist und seine Kilometer im Nass abspulen kann – bei jeder Witterung. Kein Wunder, hat der ehemalige Marketingmann und Hobbykünstler auch schon im Juch seine Kunstwerke installiert. «Ich will den Menschen mit meinen Werken Freude bereiten», erklärt Erwin Handschin seine Beweggründe. Das gelingt ihm offensichtlich so gut, dass ihm die Gemeinde Zollikon bei seinem Wegzug aus der Gemeinde einen Dankesbrief schrieb und ihm die Leute auf der Strasse zu seinen Werken jeweils gratulieren. Als ihn der Schreibende in seiner Wohnung besucht, warten die einzelnen Elemente des «Juch-Werks» auf dem Balkon auf den Abtransport. Die Bikini-Frau, das 007-Signet, der Hinweis auf die Badi-Eröffnung stehen ordentlich aufgereiht bereit.
Ja, der Bond. Erwin Handschin ist Bond-Fan. Davon zeugt ein grosses Plakat in seiner Wohnung. Kein Wunder also, hat er den Bond im neusten Werk integriert. Rund sechs Meter breit ist das Objekt, und einzelne Teile, wie die lachende Sonne, ragen über die Wand hinaus. Manchmal muss er einzelne Objekte wieder entfernen, weil die Plakatgesellschaft ein Plakat aufhängen will. Aber er ist der Bauherrschaft und der Gemeinde dankbar, dass sie ihm den Platz zur Verfügung stellen, dass er sich an prominenter Stelle «austoben» kann. Es sei der beste Platz, den er sich vorstellen könne, freut sich Handschin, der auch schon während der Fussball-EM oder im Vorfeld des 1. Augusts mit seinen Objekten für Aufsehen gesorgt hat. Das sei das achte Motiv, das er mache, erzählt «Wiederholungstäter» Erwin Handschin. Und es ist zweifellos beste Werbung für seine Lieblingsbadi.
Erwin Handschins Erinnerungsschatz ist unermesslich. Zur Euro 08 habe er in Zollikon ein Objekt auf einer Wiese installiert. Durch den Wind sei etwas beschädigt worden. Also habe er das Objekt aus der Verankerung genommen und auf die Wiese gelegt, um es zu reparieren. Da habe ein BMW angehalten, zwei Polizisten seien ausgestiegen und hätten gefragt, was er mache, um dann abschliessend zu bemerken: «Aber gälled Sie, Sie stelled das dänn scho wider uuf.»
Erwin Handschin ist das, was man ein Original nennen kann. Ein abenteuerlustiges noch dazu. In jungen Jahren, 1964, ging er mit seiner Vespa auf grosse Reise durch Europa. 13 Länder besuchte er, 11 000 Kilometer fuhr er in fünf Monaten. Auf einem Schild unter dem Lenker angebracht die Destinationen: Zürich-Hamburg-Kopenhagen-Oslo-Nordkap-Helsinki-Stockholm-Berlin-Prag-Wien-Belgrad-Sofia-Istanbul-Athen-Genua-Zürich. Als die deutschen Zöllner an der Grenze in Basel das Schild sahen, sagten sie: «Das schaffst du nie, Junge.» Aber er schaffte es, trotz zwei Unfällen, fünf Pannen – und einem mehrmonatigen Aufenthalt in Stockholm, wo er als Tellerwäscher die Reisekasse aufbesserte. Er schaffte mehr als 1000 Kilometer norwegische Naturstrasse bis ans Nordkap – und er bewältigte die Unwägbarkeiten des Balkans. Wohlgemerkt mit einer 125er-Vespa. Nach einem Unfall in Griechenland schaffte er auch den Transport ins Spital, auf der Ladepritsche eines Dreiradlastwägelchens inmitten von Kartoffelsäcken. In ein Spital übrigens, in dem in den Krankenbetten ausgiebig geraucht worden sei. Allein schon die Geschichte dieser Reise würde ein Buch füllen. Sie zeigt die vielen Facetten des Erwin Handschin.
Es bleibt die Frage, wo er nach dem Neubau des Coop seine Kunstwerke installieren will. Und es bleibt zu hoffen, dass er noch möglichst lange weitermacht. Die Menschen würden sich zweifellos freuen. (wn)
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