Von adminZoZuBo ‒ 3. November 2016
Da hat der Kulturkreis Zollikon den Toten buchstäblich im Strassengraben begraben. Beim Anlass «Wine and Crime» stellte der Autor Andreas Wagner seinen neuen Krimi «Winzersterben» mit lausbubenhaftem Charme und einem rhetorischen Feuerwerk vor. Das Publikum genoss es.
Andreas Wagner, Winzer aus Rheinhessen, schreibt auch Romane. Am liebsten Krimis. Und die schreibt er jeweils, wenn die Saison im Weinberg vorbei ist, die Trauben geerntet sind, um dann im Fass zu edlen Tropfen zu reifen. Und wenn die Story von Winzern in Rheinhessen handelt, von dort, wo er herkommt und mit seinen zwei Brüdern gute Weine produziert, dann ist er in seinem Element. Essenheim, in der Nähe von Mainz heisst der Ort, wo er lebt und morden und sterben lässt. Und Essenheim sei ein Bergdorf, es liege 200 Meter über Meer. Das Publikum lacht. Ja, wenn er dies bei einer Lesung in Hamburg vorbringe, würden die Leute andächtig nicken, aber in der Schweiz komme der Witz an.
Andreas Wagner bringt dem Publikum im proppenvollen Weinkeller Mövenpick aber nicht nur seinen neuen Krimi, sondern auch die Geschichte des Weins näher und illustriert sie mit guten Tropfen aus dem familieneigenen Weingut. Und mit wahren Geschichten aus Weinberg und Winzerleben. So berichtet er, dass man in den Weinbergen Essenheims den Klimawandel beobachten könne. Heute könne man Cabernet- und Merlot-Trauben anbauen, die eigentlich ein Mittelmeerraum-Klima benötigten. Zu Zeiten seines heute Grossvaters sei dies undenkbar gewesen
In «Winzersterben» wird zuerst der alte Winzer August Schlamp tot in seinem Ohrensessel entdeckt, in dem er sich nach einem Schlaganfall verkrochen hatte. Dann schwenkt die Geschichte zu Kurt Otto Hattemer, dem wandelnden Tagblatt von Rheinhessen, der bei der Beerdigung von Schlamp als Sargträger fungiert. Letztendlich landet der Sarg im Strassengraben, weil Hattemer den roten Punkt des Blitzlichtes eines Fotografen für einen Mordanschlag auf einen anderen Sargträger hält und beim «Abwehren» des Angriffs den Sarg kippt. Ein weiterer Winzer stirbt bei der Ernte, weil er unter seinen Häcksler gerät. Und der nächste an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Er hatte Trockeneis im Auto das auftaute, respektive verdampfte.
Trockeneis, so Andreas Wagner werde im Weinbau verwendet, um die Trauben zu kühlen. Die weissen Trauben müssten bei kühlen Temperaturen geerntet werden, so um vier Uhr früh. Weil man aber keine Helfer finde, die um diese Zeit in den Weinberg steigen würden, lese man später und kühle die Trauben mit Trockeneis. Es habe in seiner Heimat tatsächlich einen Todesfall gegeben, wo ein Winzer wegen des verdampfenden Trockeneises an einer Vergiftung gestorben sei. Er habe das Auto noch abstellen können, für das Öffnen der Türe habe es nicht mehr gereicht, das Kohlenmonoxid sei schneller gewesen.
Die Geschichte von Andreas Wagner hat Anklang gefunden. Die rund 100 Besucher sind begeistert. Begeistert von Andreas Wagners Erzählkunst und seinem Witz, von seinen Weinen und dem Imbiss. «Mehr Besucher hätten wir nicht platzieren können», meinte Hermann Suren, der Organisator des Kulturkreises erfreut. Und auch Andreas Wagner war begeistert von den Zuhörern. Normalerweise seien bei Lesungen etwa 80% Frauen anwesend. Bei Lesungen mit Weinverkostung sei der Anteil etwa 50 zu 50, meint Andreas Wagner. Man kann es nachvollziehen. (wn)
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