Von adminZoZuBo ‒ 24. November 2016
Wenn gewünscht, fährt Erwin Urfer auch mal eben zur Weinprobe von Zollikon nach Italien. Doch vorbei ist die Zeit, als er noch vor dem Coiffeur oder dem «Storchen» warten musste.
Klar ist: Im Leben von Erwin Urfer muss es immer rollen.Und auch deswegen ist der 70-Jährige selbst noch in seinem Ruhestand als Taxifahrer in Zollikon und Zumikon und in der Umgebung unterwegs. Er kann wundervolle Geschichten erzählen von seinen vielen Erlebnissen als Chauffeur. Von den älteren Damen der Goldküste, die sich wöchentlich zum Frühstück in den «Storchen» fahren liessen oder zum Coiffeur gefahren wurden. Erwin Urfer wartete, bis der Kaffee getrunken oder die Frisur gerichtet war. Er berichtet von dem Senior, der wirklich schon sehr alt ist und sich trotzdem täglich ins Geschäft fahren lässt. Ist der Taxifahrer mal in den Ferien, bleibt der alte Mann einfach zuhause und lässt Geschäft Geschäft sein. Einen anderen Fahrer lehnt er kategorisch ab. Erwin Urfer erinnert sich an Fahrten nach Gstaad und sogar bis nach Lugano. «Doch diese Generation stirbt langsam aus», sagt er bedauernd. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm auch die beiden älteren Professoren, die in jungen Jahren von Zürich nach Paris gefahren sind. Im Alter wollten sie diese Strecke mit allen damaligen Haltepunkten nochmals abfahren. «Wir waren mehrere Tage unterwegs. Es war einfach herrlich», weiss Erwin Urfer noch und schaut ein bisschen melancholisch aus. Ab und zu wurde er auch von Weinfirmen gebucht. Dann ging es nach Italien und die Gäste wurden von Weingut zu Weingut gefahren. «Auch ich habe dabei viel über Weine und Lagerung dabei gelernt», erinnert er sich. Das alles sind die grossen Aufträge. Doch der 70-Jährige ist sich auch für kurze Fahrten nicht zu schade. Regelmässig fährt er von Seniorenresidenzen zu Arztpraxen. «Ich verstehe mich als Dienstleister. Da braucht es eben oft auch Feingefühl», betont er.
Ein Traum war schnell geplatzt
Begonnen hat seine berufliche Karriere mit dem Traum vom Lokführer, den wohl viele Buben träumen. Aufgewachsen war er bei der Grossmutter, Vater und Mutter waren beide taubstumm und konnten sich nicht ausreichend um das Kind kümmern. Mit 16 kam er nach Zürich, wollte also zur Bahn. Doch schnell stellte sicher heraus, dass der Junge farbenblind ist. Der Traum vom Lokführer war somit geplatzt. Fast etwas trotzig begann er eine Ausbildung als Coiffeur. Doch der Bereich faszinierte ihn nicht lange. Er wollte auf die Strasse und begann also^ im Aussendienst. Zunächst verkaufte er Anzeigenplatz, dann wurde er von einem japanischen Elektronikkonzern engagiert. «Ich hatte als Key-Account-Manager grosse Kunden.» Als er schliesslich in den Innendienst versetzt werden sollte, ging er. «Das Büro, das ist einfach nichts für mich», weiss er genau. Und so landete er bei einem Haarkosmetik-Hersteller als Vertreter im Aussendienst. Nach der Pensionierung dauerte es nicht lange, bis er von einer Nachbarin angesprochen wurde. Wohl auch, weil sie von seiner Begeisterung für Motoren wusste, denn nebenbei fährt Erwin Urfer auch noch Motorrad. Und so wurde Erwin Urfer Taxi-Fahrer.Jeweils am Vorabend bekommt er seinen Terminkalender für den folgenden Tag. Dann weiss er schon genau, wohin es am nächsten Tag geht und wann er ein bisschen Freizeit hat. Ein Taxischild hat er nicht immer auf dem Autodach. Es ist eben nicht so, dass in Zollikon oder Zumikon die Leute einfach am Strassenrand oder an Kreuzungen stehen und den Arm hochrecken, wenn sie ein Taxi brauchen. Es gibt auch keinen festen Platz, an denen die Taxen auf Kundschaft warten. «Zumikon hat alleine drei Haltestellen der Forchbahn. Wo genau sollten wir uns da hinstellen?» unterstreicht Gündüz Yigit.
Erwin Urfers Fahrten sind meist gut und langfristig geplant. Da sind die Fahrten zum Flughafen oder auch zum Einkaufen. Oder auch mal zum Golfplatz. «Deswegen ist es auch wichtig, dass ich einen Kombi habe. Diese Golfbags sind einfach riesig», so der leidenschaftliche Autofahrer. Worauf seine Gäste allesamt zählen können, ist seine Verschwiegenheit. Er nennt keine Namen, erzählt nichts Privates. Dabei bekommt er im Laufe der Jahre natürlich einiges mit über seine Stammkunden. «Und diese Stammkunden retten unser Geschäft», betont Gündüz Yigit. Der Unternehmer mit türkischen Wurzeln ärgert sich über die Internet-Taxidienste. «Wir werden andauernd kontrolliert, müssen Lenkzeiten einhalten. Die privaten Fahrer aber können sich abends, müde von der Arbeit, noch hinters Steuer setzen und etwas dazu verdienen», ärgert er sich. Ausserdem seien die Autos oft klein und wer haftet im Fall eines Unfalls? Während er erzählt, sitzt er vor zwei grossen Monitoren, im Ohr hat er den Telefonknopf. Die meisten Buchungen kämen aber mittlerweile per Mail. Auch für die Limousine samt Fahrer. Sie ist für die klassischen Anlässe wie Hochzeiten im Einsatz. Die Vans dagegen werden für Gruppenreisen gebucht. Oder auch für Kindergeburtstage. «Es gibt hier halt doch einige, die sich das leisten wollen und können», so Gündüz Yigit. (bms)
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