Von adminZoZuBo ‒ 19. Januar 2017
Kiki Austen ist in Zumikon die Fachfrau für Streetdance. Geplant war die Karriere nicht, aber die Holländerin holt aus der Zeit einfach mehr Stunden heraus.
Ihre Tage müssen einfach mehr als 24 Stunden haben. Anders könnte Kiki Austen ihr Power-Programm gar nicht bewältigen. Vielleicht schafft es die Holländerin aber auch, der Zeit mehr Leben zu geben, einfach ein bisschen mehr in die Stunden zu stopfen. Wenn sie den Raum betritt, ist gleich jede Menge Energie zu spüren. Vielleicht auch ein bisschen Rastlosigkeit. In Zumikon ist die 42-Jährige – die auch für 32 durchginge – als Tanzlehrerin bekannt und überaus beliebt. Sie bietet jeden Mittwochnachmittag Streetdance an. Dahinter verbergen sich Elemente aus dem Hip Hop, aber auch so genannte Cross-over-Schritte. Hip Hop selbst, so erklärt die Tanzlehrerin mit vielen Gesten, sei eine ganz eigene Kultur. Dazu gehören auch Graffiti und Rap. Gerne hätte sie noch mehr Jungs in ihren Kursen. «In den USA sind Streetdance und Hip Hop fest in Männerhand. Aber bis nach Europa ist das noch nicht gedrungen», wundert sie sich. Und so tanzt sie am Montag in Zürich und Rümlang, am Dienstag in Zürich und Uster, am Mittwoch in Zumikon und Rümlang, am Donnerstag in Wollerau und am Freitag in Grüningen. Das sind nur die festen Kurse. Dazu kommen Workshops und Events und die Kurse in unterschiedlichen Schulen. Über das Sportamt kommt sie in verschiedene Klassen, um die Liebe zum Tanz auch den Kindern zu vermitteln, die nicht von alleine auf die Idee kommen, es damit mal zu versuchen. Sie ist froh, dass sie hier als Coach arbeiten kann, denn bei den Pflichtveranstaltungen sind eben auch die Buben mit von der Partie und meist würden die schnell Feuer fangen.
Dass Kiki Austen Tanzpädagogin geworden ist, sieht wie ein Zufall aus. Für sie selber ist es eine Art Bestimmung. «Man kann viele Umwege nehmen, aber am Ende landet man doch genau da, wo man hingehört», lacht sie. Und sie hat viele Umwege genommen. «Typisch für mich ist eigentlich, dass ich viel anfange und nur wenig zu Ende bringe», sieht sie sich sehr kritisch. Geboren ist sie in Amsterdam, als sie zwölf Jahre alt war, zog die Familie nach Arnheim an die deutsche Grenze. Sie hat das Gymnasium begonnen und schnell wieder abgebrochen. «Das Lernen in der Schule fiel mir eigentlich leicht, aber es hat mich immer so gelangweilt», erinnert sie sich. Sie machte das dort notwendige Berufsdiplom und wechselte zur Tanzakademie und eigentlich war sie glücklich. Doch das Gefühl hielt nicht lange an. Als bei ihr eine leicht schiefe Hüfte diagnostiziert wurde, war sie frustriert. «Man sagte mir, dass ich damit höchstens Tanzlehrerin werden könne, aber nicht selber Tänzerin. Das hat mich umgehauen. Ich wollte doch performen», so Kiki Austen. Sie schmiss die Akademie, jobbte zunächst im Gastgewerbe und machte sich im Marketingbereich selbständig. Sie organisierte grosse und kleine Events und Shows. Als ihre damalige Beziehung nach Zürich zog, ging sie spontan mit. Und verstand kein Wort. «In der Schule war Deutsch mein schlechtestes Fach. Meine Mutter hatte mir als Indonesierin immer gesagt, wie wichtig es wäre, dass ich gut Holländisch spreche», schüttelt Kiki Austen rückblickend den Kopf. Holländisch half ihr damals im Grossraum Zürich natürlich gar nicht weiter. Schliesslich fand sie nach unzähligen Bewerbungen im Marketing-Bereich eine Anstellung als Personal-Assistentin. Sie war zufrieden, aber noch nicht glücklich. Und da kam ihr der Tanz wieder in den Sinn. Tanzen ist für die quirlige Frau nicht nur Bewegung. Es ist ein Lebensgefühl, emotionaler Ausdruck. Sie absolvierte eine Ausbildung und war plötzlich genau die Tanzlehrerin, die sie nie hatte sein wollen. Und sie ist voller Überzeugung. «Ich war mir nie sicher, ob ich selber Kinder haben wollte. Jetzt habe ich ganz viele und ich bin so gerne mit ihnen zusammen», unterstreicht sie. Kinder seien ehrlich – auch wenn das mal verletzend sein könne. «Ich glaube, ich bin selber noch ein grosses Kind», überlegt sie mit ihrem wunderschönen holländischen Schwyzerdütsch.
Wichtig ist ihr, die Kinder ernst zu nehmen. Mit ihnen auf Augenhöhe zu arbeiten. «Gerade die Teens sind schwer zu lesen. Die wirken manchmal teilnahmslos und fragen erst am Ende der Stunde interessiert nach Song oder Moves.» Wie war das mit «Anfangen und immer wieder aufhören»? «Ich bin sehr gerne Tanzlehrerin, tanzen heisst auch, sich selber zu spüren. Aber langfristig möchte ich vielleicht doch wieder mehr Events machen.» So organisiert sie zum Beispiel europaweit die «Dancehall Days», die eben in Zürich Station machten. Doch wirklich Gedanken über die Zukunft macht sie sich nicht. Sie lebt im Jetzt und lässt sich einfach weitertreiben. Sie vertraut einfach darauf, dass sie an den richtigen Ort geschwemmt wird. «Und wer weiss: Vielleicht bin ich auch mit 72 Jahren noch immer Tanzlehrerin. Wenn ich mich gut damit fühle – warum nicht?» (bms)
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