Von adminZoZuBo ‒ 12. April 2017
Die Zolliker Künstlerin Anne Huber sucht schlicht das Schöne. Im Mai stellt sie nach einer längeren Pause wieder aus.
Fast scheint es, als würden die Bilder aus der Wohnung wuchern. Schon im Treppenhaus weisen sie den Weg zu Anne Huber. Drinnen ist nur zu erahnen, welche Farbe wohl die Tapete an den Wänden hat. So viel Kunst. So viel Harmonie. Nicht nur von der Zollikerin selber gemalt, auch von Künstler-Freunden aus der ganzen Welt. Der Gast taucht in ein Farbenmeer ein – geht aber nicht unter. Dazu gibt es viele Blumen, viele Vasen. Vornehmlich bunte Rosen empfangen den Besucher. Manche voll erblüht, manche noch als Knospe. «Kitschig, oder?», lacht die 72-Jährige. Es duftet nicht in den Räumen. Die Blumen sind künstlich. Da ist Anne Huber ganz pragmatisch. Einerseits mag sie das Schöne, andererseits nicht das Verblühen, das Vergehen. Lieber versucht sie mit ihrer Malerei die Farben einzufangen. Das Schöne zu finden – das ist es, was die Künstlerin antreibt. Nicht nur in ihren Ölbildern in den unterschiedlichsten Formaten. Ganz schlicht in ihrem Leben, im Alltag. «Ich fühle mich fast schuldig, wenn ich unglücklich bin. Es geht uns doch so gut hier», sagt sie mit bestimmter Stimme und wirft die langen Haare nach hinten. Zwei Söhne und vier Grosskinder bereichern ihr Leben. Am meisten liebt sie es, mit den Enkelkindern gemeinsam zu malen. Und wenn das Leben gerade nicht wirklich rund läuft: Anne Huber hadert nicht, ihre Augen lachen lebendig. «Wenn es mir mal nicht so gut geht, gehe ich eine Stunde in den Wald. Da finde ich meine Ruhe, geniesse die Landschaften.»
Die Architektur der Natur hat es ihr besonders angetan. Es müssen gar nicht umwerfende Aus- oder Ansichten sein. Manchmal reicht es, wenn die Sonne sich ihren Weg durch das Blättermeer bahnt. Manchmal ist es ein einsames Haus, das sich in eine Senke kuschelt. Manchmal fotografiert sie den Moment, um ihn zuhause rasch mit Kohle aufs Papier zu bringen. Immer ist sie dabei auf der Suche nach Harmonie, nach dem Wohlgefühl. «Wir sollten doch viel häufiger das Schöne festhalten. Im Unterbewusstsein lebt das in uns weiter, nährt uns.» Die Schweizerin hat sich gründlich ausbilden lassen, um das Schöne auf die Leinwand zu zaubern. Sie besuchte Kurse in Frankreich und Italien, im Tessin und Engadin. Zusätzlich lernte sie an der «Art School» in Scottsdale Arizona. Immer wieder war sie in Arizona. «Besonders das Licht dort fasziniert mich.» Ihr Favorit beim Material sind eindeutig Ölfarben. «Die Farben sind so geschmeidig und lassen sich leicht verarbeiten.» Sie hat es schon mal mit Aquarellfarben probiert. Doch die sind ihr zu ausdruckslos, zu hell. Zu sehen sind Bilder von Anne Huber im Mai und Juni in der Zürcher Keller-Galerie. Nach langer Zeit lädt sie damit mal wieder zu einer Einzelausstellung. Viele Jahre lang hatte sie gar keine Lust, ihre Landschafts-Bilder zu zeigen. «Dieser ganze Surrealismus hat mir die Neugier genommen. Ich musste mich erstmals zurückziehen», erklärt sie. Nun zeigt sie also wieder schöne Momentaufnahmen. Und ein bisschen schummelt sie dabei. «Ich kann einen Baum dorthin malen, wo gar keiner stand. Wenn es mir gefällt, kann ich eine andere Realität schaffen. Gedanken sind auch Kräfte», lacht sie.
Da ist sie wieder, die Lust am Leben. Die ist wohl auch ererbt. Sie hat ein Buch über ihre Mutter im Regal stehen. Geschrieben ist es von Erica Brühlmann-Jecklin und heisst «Rosenkind». Es erzählt eine traurige Geschichte. Die Grossmutter von Anne Huber verwitwete mit sieben Kinder. Kurzerhand wurde sie ins Armenhaus gebracht, die Kinder kamen ins Kinderheim nach Rathausen. Und dort musste Anne Hubers Mutter erleben, wie ihre Schwester so fest geschlagen wurde, dass sie daran verstarb. Die grosse Schwester wandte sich verstört an die Oberin. Darauf wurde sie für mehrere Tage in den Karzer gesperrt – einem winzigen Raum unterhalb der Treppe. Sie versprach zu schweigen. Ihrer Tochter aber hat sie davon erzählt. «Meine Mutter war eine starke Frau, voller Fröhlichkeit und Wärme», sagt Anne Huber. Vielleicht weil sie selber die eigene Mutter so vermisst hat, konnte sie ihre Tochter mit Freude aufziehen und begleiten. Anne Huber hat dabei wohl gelernt, nie zu hadern. Sie macht es wie die Sonnenuhr. Und so ärgert sie sich auch nicht mehr über den Ski-Unfall, bei dem sie von hinten überfahren wurde. Ihr Sprunggelenk war zertrümmert, Waden- und Schienbein waren gebrochen. Sie zuckt die Schultern. «Es ist, wie es ist», ist ein typischer Satz der Seniorin. Und dann schaut sie auf das aktuelle Bild, das noch unfertig auf der Staffelei steht. «Die Malerei gibt mir einfach eine positive Kraft zurück. Da kann ich mir die Welt genau so gestalten, wie ich sie gerne hätte», räumt sie ein.
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