26/2017 Alles für den ersten Eindruck

Von adminZoZuBo ‒ 29. Juni 2017

Alles für den ersten Eindruck

Eigentlich könnte man gut eine Persönlich-Serie unter dem Titel «Die Mumfords» publizieren. Eine Tochter macht gerade den Schlagzeug-Bachelor, eine andere ist als Stand-up-Komödiantin mit «9 Volt Nelly» unterwegs, die dritte Tochter ist Make-up-Artistin, der Vater Jazz-Musiker. Aber heute geht es um Mutter Mumford.

Verena Mumford ist in dem noch neuen Bereich «Home Staging» unterwegs. Will man ein Haus oder eine Wohnung verkaufen, kann man schnell ein paar Fotos knipsen, die auf ein Immobilienverkaufsportal stellen und auf Interessenten warten. Dann registriert man vielleicht, dass die alte Couch zwar sehr bequem ist, sich aber auf dem Foto gar nicht gut macht. Und wieso hat man vorher eigentlich nicht mal aufgeräumt? Ist die Wohnung schon unmöbliert, wird es noch schwieriger. Dem Auge fehlt jede Orientierung und Dimension, jegliche Grössenvorstellung. Welche Möbel sind zu gross, welche zu klein? Eigentlich schöne Zimmer bekommen so schnell den Charme einer Auto-Garage. Es gibt aber Weg Nummer zwei. Dann greift man nicht zum Fotoapparat, sondern zum Telefon und ruft Verena Mumford an. Als Home Stagerin weiss sie genau, wie man eine Immobilie gut in Szene setzt. «Ich kann den Kunden nicht versprechen, dass sie einen höheren Preis erzielen. Aber ich kann ihnen versprechen, dass sie das Objekt schneller los werden», führt sie aus. Ein Haus, das lange leersteht, weil es keinen Käufer findet, kostet. Home Staging auch. «Aber gute Bilder ziehen mehr Interessenten an. Und Makler rechnen, dass unter zehn Besichtigern ein Kaufinteressent ist», erklärt die Zumikerin. Das Motto der Home Stager dabei: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.

Vorher-Nachher-Bilder

Ganz am Anfang ihrer beruflichen Karriere stand bei der gebürtigen Zumikerin die Ausbildung zur Bibliothekarin. Sie ging dafür eigens nach Genf, hat in dem Beruf aber nie gearbeitet. Sie sattelte um auf Reiseleiterin und «schleppte haufenweise Amerikaner durch Europa». Nächste Station: London – die Heimat ihres Ehemannes. Es folgte die Familienzeit, die Tätigkeit als freie Übersetzerin und dann entdeckte die heute 60-Jährige – die Töchter waren schon grösser – ihre Leidenschaft für Innenarchitektur. «Ich habe schon als Kind permanent mein Zimmer umgestellt. Meine Mutter hat mich einfach machen lassen. Ich habe es geliebt zu zügeln. Weil ich dann immer wieder eine neue Wohnung einrichten konnte. Aber das reichte nicht mehr. Ich wollte das beruflich ausüben.» Sie schloss ein Innenarchitektur-Studium ab und stellte fest, dass der Markt mehr als voll war. Kurzerhand schlug sie eine andere Richtung ein und begann als selbstständige Immobilienmaklerin. Diese Berufsbezeichnung ist nicht geschützt, jeder darf sich so nennen. «Makler haben wirklich keinen guten Ruf. Das ist beim Home Stagen nicht anders. Viele denken an gelangweilte Hausfrauen, die ein paar Kissen und Blumen verteilen», lacht Verena Mumford.

In Amerika selbstverständlich

Die Vorher-Nachher-Bilder, die sie zeigt, lassen die Arbeit erkennen. Im Mittelpunkt stehen dabei: die Zielgruppe und das Objekt selber. «Ich muss mir genau vorstellen, wer später in dem Haus wohnen wird. Dann kann ich ansprechende Arrangements für diese Zielgruppe erstellen.» Da werden auch Möbel geschleppt. Was man auf den Fotos nicht sieht: Die sind nicht selten aus Karton. Mit ein paar Handgriffen entstehen so Sofas, Betten, Sessel. Eine Stoff-Husse kommt darüber und schon ist die Täuschung perfekt. «Bei einer Wohnung in Schwamendingen haben sich die Interessenten immer auf die Sessel gesetzt. Dafür sind die natürlich nicht gemacht», erinnert sich Verena Mumford belustigt. Den Weg, per Photo­shop die Bilder aufzuhübschen, geht sie bewusst nicht. Bei der Besichtigung sollen die Interessenten genau das vorfinden, was sie auch im Netz angesprochen hat.

In den USA und auch in Deutschland sind Home Stager selbstverständlich. Die Schweizer seien da noch sehr skeptisch. Was sie aber hoffen lässt: Die Zeiten, in denen jedes Haus zu astronomischen Summen weggehe, seien vorbei. Wohnungen und Einfamilienhäuser bleiben länger auf dem Markt, die Käufer würden kritischer. Nach der ersten Besichtigung erstellt Verena Mumford einen detaillierten Plan, dabei arbeitet sie auch mit Farben. Im Sommer setzt sie auf Silber und Türkis, das mache die Räume schön kühl. Im Winter setzt sie auf wärmende Töne. Es gehe darum, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, ein ausgewogenes Lebensumfeld. «Wenn ich ein Haus für eine Familie style, wähle ich zum Beispiel kein weisses Sofa. Da verdreht ja jede Mutter die Augen.»

Verena Mumford ist Präsidentin des Verbands der Schweizer Home ­Stager. Gegründet wurde dieser im vergangenen Jahr und weist bislang 13 Mitglieder auf. «Es ist sehr schade, dass es unter vielen unserer Branche keinen Austausch gibt. Dabei könnten wir uns durch unsere Erfahrungen gegenseitig stärken.»

Verena Mumford liebt es, immer wieder bei Null anzufangen. Sich immer wieder ein neues Setting auszudenken. «Das ist das ‹staging to sell›. Es gibt auch noch das ‹staging to live›.» Dann wird sie gebeten, bei der echten Inneneinrichtung zu helfen. Die passenden Möbel auszusuchen, für das richtige Licht zu sorgen und Farbakzente zu setzen. Den Farbakzent bei Verena Mumford setzen gerade die kurzen Haare, die vorübergehend türkis schimmern. «Ich habe eine Challenge von meinen Töchtern angenommen», lacht sie. Aber mit dem blauen Schmuck, und der türkisfarbenen Bluse fallen die Haare gar nicht auf. Die perfekte Werbung für ihren Beruf. (bms)

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