Von adminZoZuBo ‒ 14. September 2017
Vor acht Jahren wurde die heute in Zollikon wohnhafte Violinistin Astrid Leutwyler von ihrer Heimatgemeinde Küsnacht mit dem Kulturpreis ausgezeichnet. Nächstes Wochenende findet dort das erste Klassikfestival statt. Es ist ein Dank der Preisträgerin an ihre Heimatgemeinde.
Sie mag sich nicht mehr genau daran erinnern. Was nicht erstaunt, denn die Geige war damals längst ihre treue Begleiterin, viel mehr als nur ein gelegentlich hervorgenommenes Instrument, mit dem wahllos drauflos gespielt wird. Sie gehörte zu ihr und wurde mitgenommen, wo immer es auch hinging. Damals, das war Ende der 90er-Jahre. Astrid Leutwyler und ich besuchten zusammen die Sekundarschule in Küsnacht. Und ich war fasziniert von ihr und mag mich gut zurückerinnern. Fasziniert war ich von ihrer eisernen Disziplin, ihrer grossen Leidenschaft, ihrem unbändigen Fleiss. Selbst im Klassenlager legte Astrid keine Pause ein, und so durften wir ihren Geigenklängen lauschen, noch bevor wir ins erste Morgenbrot gebissen haben. Wer jetzt das Bild einer zierlichen, ruhigen Frau vor sich hat, die zurückgezogen und hinter ihrer Geige versteckt scheu auf ihrem Instrument spielt, der irrt. Astrid war forsch, wusste, was sie wollte – und was nicht. Mit ihr konnte ich Pferde stehlen, für jeden Streich war sie zu haben, zusammen probierten wir aus, was es auszuprobieren galt. Damals, als Jugendliche.
Und: Astrid liebte den Fussball. Aufgewachsen gleich neben der Sportanlage Heslibach in Küsnacht, war sie oft auf diesem anzutreffen. «Meine Freunde aus der Nachbarschaft klingelten jeweils bei meiner Mutter, um zu fragen, wann ich fertig geübt hätte und wieder kicken käme», erinnert sie sich bei unserem Treffen in Zollikon mit einem Lachen zurück. 17 Jahre sind seit unserer gemeinsamen Sekundarschulzeit vergangen, mittlerweile ist Astrid Leutwyler international gefeierte Violinistin. Sie trat auf den grossen Bühnen Europas auf und spielt heute im Tonhalle-Orchester Zürich, im Zürcher Kammerorchester und im Rundfunkorchester des BR München. Kein Wunder.
Ihrer Heimatgemeinde Küsnacht verdankt Astrid Leutwyler viel. Zusammen mit ihrer Schwester Sonja erhielt sie 2009 den Küsnachter Kulturpreis, die beiden wurden für ihr musikalisches Schaffen ausgezeichnet. 25 Jahre alt war Astrid damals, Sonja, die Mezzosopranistin, drei Jahre älter. «Als junge Geigerin ehrte mich der Preis sehr», erzählt die heute 33-Jährige. Die frühe Auszeichnung habe sie als Anerkennung für ihre bisherige künstlerische Entwicklung empfunden und als Bestärkung ihres eingeschlagenen Weges als Musikerin. Angefangen Geige zu spielen hatte Astrid mit sechs Jahren. Schuld daran sei ihre Schwester gewesen, die damals schon «wunderschön» gespielt habe und der sie nacheiferte. «Nur das Ballett», meint sie amüsiert, «das war nichts für mich.» Lieber schnürte sie sich die Fussballschuhe um, als ein Tutu zu tragen. Oder sie spielte im Kinder- und Jugendtheater Metzenthin, was ihren schauspielerischen und dramatischen Draht zur Musik noch verstärkte und diesen förderte. Der Küsnachter Kulturpreis wirkte, wie die beiden Schwestern einst sagten, wie das Zahnrad einer Uhr. «Nach der Auszeichnung habe ich viele Konzertanfragen erhalten», sagt Astrid Leutwyler, die zu diesem Zeitpunkt als Stimmführerin im Gustav-Mahler-Jugendorchester engagiert war. Die mediale Aufmerksamkeit habe ihr ermöglicht, an weiteren wichtigen Anlässen aufzutreten. Nun geben die beiden Kulturpreisträgerinnen der Gemeinde Küsnacht etwas zurück: Vom 22. bis 24. September veranstalten sie das erste Klassikfestival. Mit Literatur und Malerei wollen sie unterschiedliche Anknüpfungspunkte zur klassischen Musik schaffen, um diese für jedermann, insbesondere auch für Kinder und Jugendliche, zugänglich zu machen.
Wie verbunden Astrid Leutwyler mit ihrer Heimat ist, zeigt auch die Entscheidung, die sie vor zwei Jahren getroffen hat. Nach mehreren Jahren im Ausland folgte die Rückkehr an den Zürichsee. Zuvor war sie während fünf Jahren erste Geigerin im Orchestra Mozart Bologna unter der Leitung von Claudio Abbado, für die Spielzeit 2014/2015 wurde sie als stellvertretende Stimmführerin nach Düsseldorf berufen und spielte bei den Düsseldorfer Symphonikern und der Deutschen Oper am Rhein. «Hier habe ich meine Wurzeln», betont die Violinistin, und hier möchte sie, obwohl sie noch immer häufig unterwegs sein wird, zusammen mit ihrer in Erlenbach wohnhaften Schwester weitere Projekte aufbauen und realisieren. Das Klassikfestival in Küsnacht sei quasi der Startschuss, weitere Events sollen folgen. «Gut und gerne darf unser Kulturanlass dann in mehreren Gemeinden stattfinden», sagt Astrid Leutwyler. Die Gemeinde Zollikon konnte sie bereits als Plakatsponsor ins Boot holen und sie hofft, die beiden Nachbargemeinden bei einer weiteren Austragung noch mehr einbeziehen zu können. Anfang Jahr soll zudem die erste CD der beiden Schwestern herauskommen. Ein aussergewöhnliches Talent war Astrid Leutwyler bereits von klein auf. Sie selber sagt, Talent mache nur zehn Prozent des eigenen Erfolges aus, der Rest sei Fleiss und Disziplin. Und fleissig war sie, die junge Astrid, und ist es heute noch. Sie hat ihren Weg gemacht und wird ihn weitergehen, davon bin ich überzeugt. Heute findet sie sogar wieder Zeit zum Fussballspielen. Einmal wöchentlich kickt sie nahe ihrem Wohnort an der Zolliker Grenze zu Zürich in einer Plauschmannschaft mit. Bestimmt hätte sie es auch auf dem Rasen weit gebracht. (mmw)
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