Von adminZoZuBo ‒ 21. September 2017
Der 89-jährige WPZ-Bewohner Guido Bianchi serviert morgen mit seinen Kollegen ein 4-Gänge-Menü im Blumenrain. Dafür hat er auch ausgiebig Weine getestet.
Natürlich haben die Bewohner des Blumenrain immer eine Auswahl, was sie zum Zmittag essen möchten. Eher vegetarisch? Oder lieber herzhaft mit Fleisch? Am morgigen Samstag steht aber auch ein 4-Gänge-Menü auf der Menukarte. Zubereitet wird das nicht vom Küchenchef – sondern von Guido Bianchi, seines Zeichens Bewohner des Wohn- und Pflegezentrums. Wer nun meint, Guido Bianchi sei pensionierter Gourmet-Koch, der irrt. Der heute 89-Jährige führte hauptberuflich eine Möbelagentur. Aber nebenberuflich rief er vor rund 40 Jahren die «Seebuebe-Chuchi» ins Leben. Gemeinsam mit anderen begeisterten Hobby-Köchen von der Küste traf er sich einmal im Monat, um zu schnippeln, zu würzen, zu kochen, zu geniessen – und abzuwaschen. «Reihum war immer einer der Chefkoch», erinnert sich der Zolliker. Dieser brachte die Rezepte, kaufte ein und teilte die Männer ein. «Und immer, wirklich immer, gab es sehr gute Weine dazu», schmunzelt Guido Bianchi weiter. Natürlich habe es im Anschluss auch immer ein Feedback gegeben. Was war gut? Was könnte man noch besser machen? Pate der Seebuebe-Chuchi wurde schliesslich Kurt Sintzel, ehemaliger Gemeinderat und bis zu seinem Tod auch Bewohner des Wohn- und Pflegezentrums. Doch auch er konnte nicht dafür sorgen, dass die «Seebuben» in Zollikon kochen konnten. «Uns wurde die Schulküche angeboten. Doch da hätten wir um 22 Uhr raus sein müssen. Da servieren wir gerade mal den Hauptgang», erläutert der Senior. Also wich man zunächst nach Zürich aus, wo es ein Lokal für ambitionierte Hobby-Köche gab, später wurde in der Herrliberger Vogtei gebrutzelt. «Das war perfekt für uns.»
Schnell sprach sich herum, was die «Seebuben» so zaubern konnten, und so kochten sie für Firmen, auf Hochzeiten und auch an der Zolliker Chilbi. «Werbung mussten wir nie machen.» Oberstes Ziel war immer Spass an gutem Essen. Wenn dann doch mal ein paar Banknoten wanderten, wurden die in sogenannte «Chuchi-Reisen» gesteckt, von denen noch lange zu reden war. Mittlerweile sind neben Guido Bianchi nur noch vier von der Hobby-Kochtruppe übrig geblieben. Und als er ganz vorsichtig mit seiner Idee vorstellig wurde, doch mal für die Bewohner des Blumenrain zu kochen, waren alle spontan mit von der Partie. Das Quintett stellt nun ein besonderes Menü auf die Beine, respektive auf die Speisekarte. Zum Auftakt gibt es gemischten Salat an Hausdressing mit Fischkompositionen, es folgt eine cremige Kürbisssuppe. Hauptgang wird schliesslich ein Kalbsrahmgulasch mit selbst gemachten Hampi-Spätzli und einem Gemüseturm sein. Den süssen Abschluss bildet eine Aprikosen-Crèpe mit Schlagrahm. «Das Fleisch ist wirklich ganz zart. Das ist für Senioren, deren Zähne nicht mehr so wollen, wichtig», weiss der Koch.
Gerade ältere Menschen sollten ja dran denken, ausreichend zu trinken. Somit werden zu der Speisenfolge ein Truttiker Federweisser und ein Trülliker Blauburgunder gereicht. Zum Dessert funkelt dann ein Gewürztraminer in den Gläsern. «Wir haben wirklich ausgiebig degustiert, um auch die perfekten Weine servieren zu können», erinnert sich Guido Bianchi. Und so können die Bewohner am Samstag ihre eigenen Weinflaschen, die jeweils vorne im Rollator mit in den Speisesaal gebracht werden, auf den Zimmern lassen.
Er selber habe das Kochen vom Vater und der Grossmutter erlernt. «Mein Vater war Italiener und ein Geniesser», erklärt er, der sportlich mit Jeans und Sweatshirt und auch mit Goldschmuck daherkommt. Und er war kein Macho, für den Kochen Frauensache war. «Meine Eltern hatten einen italienischen Tante-Emma-Laden in Wietikon. Da kam es schon mal vor, dass Kundinnen faule Tomaten brachten, die sie im Supermarkt gekauft hatten. Mein Vater tauschte die dann gegen aromatische Tomaten von uns aus, schälte die faule Stelle weg, schnitt den Rest klein und kochte uns mit ein paar anderen Zutaten ein feines Mittagessen.» Das ist auch die Devise des Sohnes: Die Zutaten müssen nicht teuer oder exquisit sein. Sie müssen vor allem frisch sein. «Manchmal hole ich mir saftige Tomaten. Da kommt ein bisschen Balsamico drüber, ein Schuss Olivenöl und schon habe ich eine feine Mahlzeit.»
Wenn die Seebuebe-Köche morgen ab 12 Uhr zum Essen rufen, sind nicht nur Bewohner des Hauses willkommen. Auch Gäste von ausserhalb können sich für 20 Franken bewirten lassen. Nein, Guido Bianchi will sich nicht um die Stelle des Küchenchefs bewerben, er will einfach zeigen, dass man nicht in schläfriger Passivität versinken muss, nur weil man in einem Wohn- und Pflegeheim wohnt. Er wirbt für Engagement, für ein konstruktives Miteinander und für Selbstbestimmtheit. Und so fährt er regelmässig zum Zürcher Hauptbahnhof, wo er sich in einer Brasserie mit einem Freund aus Basel trifft. «Die haben dort einfach himmlische Koteletts», schwärmt er und reibt sich sein kleines Bäuchlein. In dem Alter darf man das wieder. (bms)
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