Von adminZoZuBo ‒ 9. November 2017
Am Donnerstag kommt Christof Escher als Dirigent erneut mit einem Stummfilm in den Zolliker Gemeindesaal – diesmal mit «Wilhelm Tell». Für den Film wurde Altdorf in Deutschland nachgebaut. Der Dirigent über sein Engagement, zwei Welten zu verbinden.
Mit Christof Escher sprach Birgit Müller-Schlieper
Beide kommen und beide lassen sich damit auf etwas Neues ein.Einerseits kommen Besucher, die sonst niemals in einem klassischen Konzert anzutreffen sind, andererseits wiederum Filmfreunde und -kenner, die dank des Live-Orchesters vor der Leinwand mit Musik erstmals «hautnah» in Berührung kommen. Und die Liebhaber klassischer Musik kommen «trotz» des Films und sind dann von beidem begeistert.
Ich wähle nur Filme von Qualität und Interesse, solche, bei denen es sich lohnt, sie mit richtig guter Musik zu verbinden. Viele davon habe ich mit ihrer Originalmusik aufgeführt, andere mit bestehenden Neuvertonungen und diejenigen, die ich in den letzten Jahren hier in der Schweiz mit meine Ensemble aufführe, sind fast alle vom Zolliker Komponisten, Dirigenten und Regisseur Armin Brunner vertont.
Es ist für mich eine ganz besondere Freude und grosse Bereicherung, mit ihm zusammen arbeiten zu können. Er beherrscht die musikalische Collage-Technik, wie sie in der Stummfilmzeit üblich war, perfekt und wendet diese mit unglaublichem Gefühl für Film und Bild an: teils in Übereinstimmung mit dem Geschehen, teils im Kontrast damit und ab und zu auch mit feiner Ironie kommentierend. Immer ist das Ziel, dem Publikum mit heutigen Seh- und Hörerfahrungen ein lebendiges Erleben des Ganzen zu bieten. Ich bin übrigens durch Armin Brunner auf die Stummfilm-Konzerte gekommen. Als junger Dirigent sah ich den von ihm genial vertonten und dirigierten «Rosenkavalier-Film». Es war der Funke, der das Feuer für den liveorchesterbegleiteten Stummfilm in mir entzündete.
Es ist ein ausserordentlich starker Film von hervorragenden Künstlern aus dem Umfeld des grossen Theatermannes Max Reinhardt gemacht und erzählt frei nach Friedrich Schillers Schauspiel die bekannte Tell-Sage nach. Die Besetzung der Darsteller ist grossartig und auch Form, Schnitt und Tempo sind hervorragend. Ich wage zu behaupten, dass er einer der besten, wenn nicht der beste Tell-Film ist – gerade dadurch, weil er nicht zu realistisch wirkt und man sich mehr auf den Inhalt konzentrieren kann. Die Umstände seiner Entstehung, die damalige politische Lage und sein Stellenwert in der Geschichte der zahlreichen Tell-Verfilmungen sind ebenfalls interessant. In einer Zeit, als Schillers Wilhelm Tell auf gewissen deutschen Bühnen verboten war, sollte er ursprünglich in der Schweiz gedreht werden. Äussere Umstände wie die Finanzkrise der grossen Inflationszeit hatten aber zur Folge, dass in deutschen Studios gefilmt werden musste. Man hat Altdorf in Bayern aufgebaut und nur die Aussenaufnahmen wurden in der Innerschweiz gemacht. Das Bergpanorama der Schlussszene kann man übrigens – aus grösserer Distanz natürlich – fast aus demselben Blickwinkel von der Zolliker Allmend aus sehen!
Überhaupt nicht. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind grandios und bewegen sich weitab von jeglicher überzeichneten Theatralik.
Wichtig ist, dass die Musik den Film nicht einfach begleitet und klanglich nachzeichnet. Bilder und Musik agieren durchwegs auf Augenhöhe, beeinflussen und steigern sich gegenseitig. Durch die Wahl der Musik kann ein Film ganz verändert werden. Im glücklichsten Fall verschmelzen Ton und Bild zu einer Einheit.
Ja, natürlich. Aber wenn man sich mit den Musikern gut versteht, diese wissen, dass man mit Film zusammen ganz anders spielt als in Konzert oder Oper und wenn sie auch noch ebensolche Freude haben und bedingungslos mitmachen, dann kann trotz des starren Lauf-Tempos des Films ein echtes und lebendiges Musizieren und Miteinander mit dem Bild entstehen.
Das ist eben der wunderbare Gegensatz zur digitalisierten «Kultur». Wir schaffen eindrückliche Live-Erlebnisse mit diesen Stummfilm-Konzerten, ohne jede elektronische Verstärkung oder Verfremdung. Es bleibt noch Platz für eigene Bilder und Assoziationen. Und Armin Brunner versteht es meisterhaft, mit Hilfe seiner Vertonung solche Assoziationen aufkommen zu lassen. Und was das Fehlen der Sprache anbelangt, so übernimmt die Sprache der Musik einen wichtigen Anteil davon.
Ich wirkte und lebte 14 Jahre praktisch ganz im Ausland, war fest in Holland und Deutschland und bin daneben viel und weit gereist. Das war eine wunderbare und interessante Zeit. Als ich mich entschloss, die Tätigkeit als Chef- und Generalmusikdirektor zu beenden und mich von den unzähligen damit verbundenen Verantwortungen zu befreien, hatte ich das Bedürfnis, mein festes Zuhause wieder hier zu haben. Die Schweiz ist und bleibt ja ein^hervorragender Ausgangspunkt in alle Richtungen …
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