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19/2018 Persoenlich Caterina Mosetter

Von adminZoZuBo ‒ 9. Mai 2018

«Das Gespräch hilft, manchmal auch laute Musik»

Die Spitex Zollikon feiert am 16. Mai ihr 25-jähriges Jubiläum. Grund genug, mit der diplomierten Pflegefachfrau HF Caterina Mosetter über ihren Alltag beim «mobilen Spital» zu sprechen.

Frau Mosetter, wie sind Sie auf den Pflegeberuf gekommen?

Schon meine Mama lebte den Beruf der Krankenschwester, wie man früher sagte. Die heutige Bezeichnung lautet Pflegefachfrau -oder mann. Sie war und ist ein Vorbild für mich, wenn es darum geht, mit einem offenen Herzen Menschen zu begegnen. So wusste ich schon im Chindsgi, dass ich mal Kinderkrankenschwester werden wollte. Allerdings habe ich bis dahin einige Umwege gemacht. Während einigen Jahren habe ich bei verschiedenen Banken gearbeitet, war dann u.a. Spielgruppenleiterin, Sprachlehrerin in Lateinamerika und als Rettungstaucherin in den grossen Weltmeeren unterwegs. Am meisten habe ich aber immer die Zusammenarbeit mit Menschen gesucht – auf der ganzen Erdkugel. Irgendwann hat sich der Weg gezeigt, und ich habe mich für die Ausbildung zur Pflegefachfrau HF entschieden. Im Herbst beginne ich ein weiteres berufsbegleitendes Studium mit dem Ziel, den Bachelor of Science in Nursing zu erlangen.

Wann mögen Sie Ihren Beruf besonders?

Wenn ich frühmorgens mein Einsatzprogramm anschaue und sehe, wen ich alles besuchen und pflegerisch unterstützen oder begleiten kann, ist das in der Regel ein sehr motivierender Start in den Tag. Am meisten freue ich mich jedoch, wenn wir als Spitexteam gemeinsam mit den Klienten ein Ziel erreichen. Im optimalen Fall die vollständige Genesung. Es ist ein tragendes Gefühl, wenn Klienten engagiert mitarbeiten und wir zusammen ein Stück Lebensweg gehen dürfen. Das sind schöne Momente, an die ich gerne denke.

Die Spitex ist für alle da und bietet ein breites Spektrum an Angeboten an. Wir sind ein Spital, das nach Hause kommt. Das gefällt mir. Ich betreue Menschen jeden Alters. Diese Vielfältigkeit macht den Pflegeberuf so abwechslungsreich und interessant.

Wann stellt Ihr Beruf eine Herausforderung dar?

Es kann die Situation eintreten, wo eine Heilung nicht mehr möglich ist. Wo die Medizin und die Pflege an Grenzen stossen. In solchen Momenten würde ich gerne Wunder wirken können. Ich sehe im pflegerischen Auftrag auch ein grosses Potential an Präventionsarbeit. Das Ziel sollte sein, dass sich Krankheiten oder Symptome nicht chronifizieren und professionell behandelbar bleiben.

Sie betreten als Fremde auch den privaten Bereich eines Klienten. Ist das für Sie oder die Klientin schwierig?

Das kann vorkommen – sowohl bei mir als auch bei den Klienten oder auf beiden Seiten. Das Überschreiten der Haustürschwelle bedeutet für mich der Eintritt mitten in den persönlichen Lebensraum eines Menschen. Sich dessen immer wieder bewusst zu sein, ist grundlegend für den Respekt in der wechselseitigen Begegnung. Es gibt tatsächlich pflegerische Interventionen, die in einem ersten Moment Unbehagen oder Schamgefühle auslösen können. Ich sehe darin eine gesunde Reaktion auf eine ungewohnte Situation. Im pflegerischen Miteinander ist es wichtig zu verstehen und zu akzeptieren, dass auch solche Gefühle Platz haben dürfen, auch wenn sie gerne tabuisiert werden. Gespräche und Zeit können hier eine wertvolle Entlastung ermöglichen. Eine vertrauensvolle Kommunikation bildet die Basis für neue Entwicklung und Begegnung.

Gibt es auch Situationen, in denen man sich nicht findet?

Ja, auch das kann und darf vorkommen. Wir alle haben individuelle Bedürfnisse und Weltanschauungen. Dank unserem grossen Team sind wir in der Lage, auch persönliche Empfindungen, Zuneigungen oder mögliche Abneigungen zu reflektieren und in der pflegerischen Begleitung entsprechend zuzuordnen.

Tauschen Sie sich mit Kolleginnen und Kollegen aus?

Der Austausch untereinander ist essentiell. Nicht nur emotional, sondern auch organisatorisch. So setzt sich unser Pflegeteam einmal pro Woche an den grossen Tisch, um uns aus verschiedenen Blickwinkeln in die aktuelle Lage der von uns betreuten Klientinnen und Klienten hineinversetzen zu können. Wir analysieren die jetzige Situation und entwickeln gemeinsam neue Wege, um eine bestmögliche Gesundheit möglich zu machen. In akuten Noteinsätzen ist dieses Hintergrundwissen zudem von immenser Bedeutung, um optimal handeln zu können.

Wie verarbeiten Sie Ihre Erfahrungen?

Die Arbeit ist manchmal auch mit schweren Stunden verbunden. Ich versuche, die entsprechenden Gefühle und Resonanzen im Zuhause der jeweiligen Klientinnen und Klienten mitzuempfinden und ein Stück weit mitzutragen. Das kann bedeuten, dass ich gemeinsam mit ihnen traurig sein kann. Je authentischer die Anteilnahme ist, umso besser kann ich die entsprechenden Emotionen verstehen und reflektieren. So kann ich diese Erlebnisse auf dem Weg zum nächsten Menschen sortieren, um so neutral als möglich die nächste Türschwelle zu überschreiten. Am Ende meiner Arbeit treffe ich meine Kolleginnen und Kollegen im Spitexzentrum. Ein verständnisvoller Austausch im Team erlebe ich immer wieder als hilfreich. Ausserdem habe ich einen langen Heimweg, da ich am Bodensee wohne. Während der Autofahrt verarbeite ich auch viel – manchmal mit lauter Musik und Mitsingen.

Wie möchten Sie selber mal im Alter gepflegt werden?

Spontan würde ich sagen, dass ich gerne von meinen engen Angehörigen gepflegt werden möchte, weil sie mich und meine Eigenheiten am besten kennen. Doch das ist nicht immer die ideale Lösung. Wenn Angehörige pflegerische Interventionen übernehmen, verändern sich automatisch die Rollen. Diese Tatsache stellt langfristig alle Beteiligten vor grosse Herausforderungen. Mein grosser Wunsch ist es, so lange wie möglich autonom und bei guter Gesundheit zu bleiben. Doch wenn ich eines Tages auf professionelle Hilfe angewiesen sein sollte, würde ich eine solche in Anspruch zu nehmen.

Zu Ihrem Alltag gehört auch das Sterben.

Ja, das stimmt. Mein pflegerischer Auftrag beinhaltet auch die Palliative Care. Mit dem Einsetzen des Sterbeprozesses geht der Lebensweg eines Menschen langsam zu Ende. Die spürbare Endlichkeit des Lebens berührt in vielen Menschen etwas ganz Tiefes. Die letzten Schritte des Lebens werden dabei ganz unterschiedlich gestaltet: Es gibt z.B. Familien, in denen bis zum Schluss Nähe gelebt und erlebt wird. Wo man sich gegenseitig nochmals bewusst spüren und wahrnehmen möchte. Da wird am Krankenbett erzählt, philosophiert und gemeinsam geweint. Der Lieblingstee wird nach wie vor gekocht, auch wenn er nicht mehr getrunken werden kann. In anderen Familien wird es manchmal ganz still. Einige Menschen gehen ihre letzten Schritte auch alleine. Der Sterbeprozess mit all seinen Facetten ist so individuell wie das Leben selbst. (bms)

Mittwoch, 16. Mai: 25 Jahre Spitex-Verein Zollikon. 16.30 Uhr Mitgliederversammlung, 17.30 Uhr Festakt für alle Gäste. Residenz Neumünster Park, Brunnenhof, Neuweg 12, Zollikerberg.
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