Von adminZoZuBo ‒ 16. August 2018
Delfin-Schwimmen ist ein relativ junger Schwimmstil, erst in den letzten 50 Jahren fand er Einzug in die olympischen Hallen. Mir waren diese Schwimmer bis anhin eher suspekt. Nach nur 45 Minuten weiss ich, was diese Schwimmer wirklich sind: wahre Kraftsportler.
Ich war skeptisch. Natürlich war sonnenklar, dass wir für unsere diesjährige Sport-Sommerserie auch eine Wassersportart testen wollen – bei diesem Jahrhundertsommer ja schon fast ein Must, denn wo lässt sich das heisse Wetter besser aushalten als im Wasser? Aber Delfinschwimmen? Per Zufall stiess ich auf den Newsletter von Schwimmtrainer Markus Ziegler, bei welchem ich im Herbst letzten Jahres ein paar Stunden im Kraul-Schwimmen absolviert habe.
Schwimmen gehörte schon immer zu meinen Lieblingssportarten, zwar bin ich auch gerne joggend im Wald oder tretend auf dem Velo unterwegs, noch lieber auf einem Pferdesattel, doch Schwimmen war für mich immer die Sportart, bei der sich mein Kopf am besten abschalten liess. Der berühmt-berüchtigte «Flow», von dem alle besonders beim Laufen reden, hatte sich bei mir des Öfteren nach kurzer Zeit beim Schwimmen eingestellt. Und was gibt es Schöneres, als einfach mal die Gedanken auszuschalten und den Körper schalten und walten zu lassen? Mehrmals schon hatte ich das Gefühl, ich könnte stundenlang im Wasser sein.
Bis anhin war ich meistens brustschwimmend oder kraulend auf dem Rücken unterwegs, Letzteres ist für die Orientierung aber nicht immer ganz einfach. Meine erste Seeüberquerung vor drei Jahren schaffte ich problemlos brustschwimmend und in einer, wie ich finde, schnellen Zeit, ich war also ganz zufrieden mit mir. Doch schaute ich auch immer etwas sehnsüchtig auf die Kraul-Schwimmer, denn diese Technik hatte ich nie gelernt. Also nahm ich ein paar Stunden, um besser zu werden. So wirklich gepackt hatte sie mich aber nicht. Zwar bin ich mittlerweile imstand, ein paar Längen mit den richtigen Armzügen und ohne Atemnot zu absolvieren, von einer kraulenden Überquerung des Sees bin ich aber weit entfernt. Keine besondere Aufmerksamkeit schenkte ich bis anhin den Delfinschwimmern. Einerseits, weil ich sie nicht oft sehe, und falls doch, dann tat ich sie doch eher als «Freaks» ab, als solche, denen Kraul nicht genug ist, die noch mehr wollen, noch schwieriger, noch anstrengender. Skeptisch wurde ich, als im eingangs erwähnten Newsletter die Rede davon war, dass Butterfly oder Delfinschwimmen besonders auch bei Frauen immer populärer werde, es zwar eine anstrengende und kräfteraubende Schwimmart sei, aber nicht schwer zu erlernen. Viel schneller noch als das Kraulen.
Wenig später sitzt mir also Markus Ziegler erneut gegenüber. Bevor ich mich ins Wasser wage, nennt er mir noch ein paar Vorzüge des Delfinschwimmens (ich bleibe bei dieser Bezeichnung, weil ich die Schwimmart mehr einem Delfin als einem Schmetterling zuordne, habe ich einen solchen doch noch nie im Wasser angetroffen). Die Technik der intelligenten, geschmeidigen Säugetiere soll gemäss meinem Schwimmcoach im Gegensatz zum Kraulen nahezu den gesamten Körper trainieren. Ob Rücken, Bauch, Beine, Schulter- oder Arm-Muskulatur, die gesamte Stabilität werde gefördert, was wiederum natürlich Vorteile für das Kraulen mitbringe. «Du wirst deine Kraft effektiv trainieren», verspricht der Coach, «und dabei ist das Ganze gar nicht schwierig». Ich bleibe skeptisch, setze aber Schwimmkappe und -brille auf. Los geht es, ich will wissen, ob Markus halten kann, was er verspricht.
«Wir beginnen mit der Welle», ruft mir mein Coach zu, denn ohne Welle gehe nichts. Eine Welle? Markus läuft am Beckenrand auf und ab, macht kreisförmige Bewegungen mit seiner Hüfte und befiehlt mir, es ihm im Wasser gleich zu tun. Es fühle sich vielleicht komisch an, schiebt er nach, die Bewegung könne eine Hemmschwelle darstellen, doch gelte es, diese zu überwinden. Ich bin froh, bin ich im Wasser und nicht am Beckenrand, und tue, wie mir befohlen wird. Markus hat recht, das Ganze fühlt sich komisch an. Und bessert sich auch die ersten paar Längen nicht, die ich mit gestreckten Armen nach vorne zu absolvieren habe. «Kopf ruhig halten, alles passiert nur aus den Hüften heraus», höre ich den Experten immer wieder sagen. Ein erstes Lob kommt, als wir das Ganze in der Rückenposition ausprobieren. Hab ich es doch gewusst, das Rückenschwimmen liegt mir! Die Freude allerdings währt nur kurz, in dieser Position darf ich nicht lange verweilen.
Ich soll mir vorstellen, das Becken quer zu schwimmen, erklärt mir Markus Ziegler die nächste Übungseinheit. Dabei solle ich mir vorstellen, die vier Trennlinien, welche die Bahnen markieren, unterschwimmen zu müssen. Damit dies gelingt, gilt es einmal in einer grossen Welle ab-, um danach wieder aufzutauchen, um das von der Welle betonte abtauchen zu erlernen. Da ist sie also wieder, die viel erwähnte Welle. Und tatsächlich. Nach ein paar Längen geschieht, was Markus mir schon beim Kraul-Schwimmen stets versprochen hatte, sich bei mir aber irgendwie – zugegebenermassen vielleicht auch, weil ich zu wenig diszipliniert trainiert hatte – nie richtig einstellen wollte: das Aha-Erlebnis! Der Moment, in dem der Knopf aufgeht, die Bewegung Sinn macht, die Abläufe stimmen. Zwar bin ich noch meilenweit davon entfernt, mich wie ein Delfin zu fühlen, dennoch habe ich das Gefühl, seinen Bewegungen näherzukommen – auch wenn es bei mir wohl noch aussieht wie ein Delfin aus Holz.
Aber ich spüre auch noch etwas anderes. Meine untere Rückenmuskulatur. Markus hatte mich zwar vorgewarnt, ich würde besonders meine Arme spüren, bei mir ist es aber vorerst der Rücken. Zu den Armen würde ich wohl kommen, wenn ich das Delfinschwimmen weiter praktiziere. «Machst du weiter so, hast du es in ein paar Stunden drauf», meint mein Schwimmtrainer. Das Delfin-Schwimmen liesse sich in ungefähr einem Drittel bis Viertel der Zeit erlernen, die man fürs Kraulen braucht. Vorstellen kann ich es mir und merke, dass meine Skepsis nach 45 Minuten verschwunden ist, meine Kräfte allerdings auch. Markus sollte also recht behalten. (mmw)
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