34/2018 Das Coming-out als Künstler

Von adminZoZuBo ‒ 23. August 2018

Das Coming-out als Künstler

Jürg Eberhard ist nicht nur Zumikons Gemeindepräsident: An seiner ersten öffentlichen Ausstellung in Zürich zeigte er zeitlose Bronze-Skulpturen.

Mehr Understatement geht nicht. Wer auf der Homepage des Künstlers namens «Djortsch» landet, erfährt so gut wie nichts über die Person. Ein angedeutetes Foto, ein Geburtsdatum, den richtigen Namen. Dafür gibt es viele Bilder der eigenwilligen Bronzeskulpturen. Der Name hinter Djortsch: Jürg Eberhard. Das ist nicht zufällig der Name  des Zumiker Gemeindepräsidenten. Denn es ist der Gemeindepräsident, der vergangene Woche erstmals öffentlich seine Werke ausstellte, und zwar in der Galerie am Lindenhof. Saunaähnliche Temperaturen herrschten da am Samstagnachmittag an der Vernissage. Viele Besucherinnen und Besucher drängten sich in dem Raum, staunten vor den Stahl-Bronze-Arbeiten und kamen ins Gespräch. «Es waren auch Menschen da, die ich nicht kannte. Die sich einfach von der Kunst angesprochen fühlten», freut sich der 53-jährige Teilzeitkünstler. Schon zum Auftakt der Vernissage machte er eine schöne Erfahrung: Eine Touristin aus Boston kam des Weges, blieb vor dem Galerie-Fenster stehen und verliebte sich offenbar in einen Postkarten-Bronzeguss. «Sie ging zum nächsten Bancomat und kaufte das Werk, das ja sogar in der Handtasche Platz hatte», erinnerte sich Jürg Eberhard. Das machte ihm natürlich Mut.

Viele rote Punkte

«Ich hatte schon ein bisschen Angst vor diesem Coming-out als Künstler. Ich hatte ja keine Ahnung, wie meine Arbeiten bei anderen ankommen.» Diese Angst wird sich vollends aufgelöst haben. Zahlreiche rote Punkten an den Skulpturen zeigten, dass viele Besuchende nicht nur Begeisterung für die Exponate zeigten, sondern diese auch erwarben. Somit zeigt Jürg Eberhard, den man in Zumikon als kompetent-gelassenen Präsidenten kennt, eine neue Seite. Zumindest für viele Zumiker wird sie neu sein. »Für mich gehört die Kunst, das Arbeiten mit Stahl schon immer zu mir», führt Jürg Eberhard aus. Seinem Vater gehörte die Vorgängerfirma von «Stahl und Form». Von klein auf war er in der Werkstatt unterwegs gewesen, hatte mit den Maschinen und den Geräten hantiert. «Als das Geschäft verkauft wurde, fehlte mir das Werkzeug richtig.» Hauptberuflich schlug er einen ganz anderen Weg ein. Er war in der Unternehmensentwicklung und Strategieberatung tätig, hat sich mittlerweile selbstständig gemacht und ist in zwei Verwaltungsräten vertreten. Doch nebenbei sei die Kunst immer präsent gewesen. Kommt ihm eine Idee zu einer neuen Skulptur, zu einer neuen Figur, wird die gleich notiert und später mit Hilfe eines Kunstgiessers umgesetzt. «Und natürlich kommt fast immer etwas anderes als geplant heraus», lacht der Gemeindepräsident.

Vage Erinnerungen

Was ihn besonders fasziniert an der Verquickung der beiden Materialien Stahl und Bronze sei die Gegensätzlichkeit. Der Kontrast leitet ihn zu Arbeiten mit Titeln wie «ein­engen», «auflösen» oder auch «aussetzen». Doch er kann auch ganz anders: So kommt das Bild «redblueyellowgreen» auf Acryl ganz anders daher. Ebenso wie eine schwarz-rote Provokation aus Holz und Blech. «Die beiden Werke habe ich einfach nur mit in die Ausstellung genommen, weil sie ein bisschen Farbe in den Raum bringen», erläutert Jürg Eberhard ganz profan. Das waren künstlerische Ausflüge. Sein Herz gehört aber den Bronze-Arbeiten, die immer ganz vage an etwas erinnern: an einen Hobel, an ein aufgeklapptes Buch oder an einen Zaun. Aber sie erinnern eben nur – sind doch ihre ganz eigenen zeitlosen Figuren. «Und diese Unzerstörbarkeit zieht mich besonders an», gibt Jürg Eberhard zu. (bms)

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