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34/2018 Ein hitziger Sommer ohne Feuer

Von adminZoZuBo ‒ 24. August 2018

Ein hitziger Sommer ohne Feuer

Vertrocknete Grasflächen überall: Die Schweiz erlebt einen Jahrhundert-Regenmangel. Auch wenn sich die Schleusen des Himmels dieses Wochenende öffnen sollen, das Feuerverbot in den Gemeinden bleibt vorerst bestehen. Was waren die Sonnen- und Schattenseiten des dies­jährigen Sommers?

Dieses Wochenende dürfte aussergewöhnlich werden. Aussergewöhnlich ­bewölkt. Aussergewöhnlich nass. Zumindest für diesen Sommer. Seit April gab es in der Schweiz kein verregnetes Wochenende mehr, seit jenem vom 23./24. Juni kein hitzefreies und am vergangenen stieg das Thermometer zum achten Mal in Folge auf die hochsommerliche Marke von 30 Grad. Die Schweiz ­erlebte die niederschlagsärmste ­April-Juli-Periode seit fast 100 Jahren, wie das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie kürzlich mitteilte. Auch im August hielt der Regenmangel an, die Ostschweiz leidet gar unter der extremsten April-­August-Regenarmut seit Messbeginn 1864. Für dieses Wochenende nun ist seit langem wieder einmal Regen angesagt. Am generellen Feuerverbot, welches die Gemeinde Zumikon zusammen mit den anderen Gemeinden des ­Bezirks Meilen mit Ausnahme von Zollikon am 26. Juli aufgrund der grossen Brandgefahr wegen der anhaltenden trockenen und warmen Wetterbedingungen beschlossen hatte, wird weiterhin festgehalten. Dies teilten die Gemeinden anfangs Woche mit. «Das generelle Feuerverbot wurde bei uns mit grosser Disziplin eingehalten», sagt Zumikons Gemeindeschreiber Thomas Kauflin, den Einwohnerinnen und Einwohnern gebühre grosser Dank. «Unser Gemeindepräsident war an der 1.-August-Feier und sichtete auf dem Zumiker Gemeindegebiet keine einzige Rakete, was ihn sehr gefreut hatte.» Natürlich aber sei das Verständnis besonders zu Beginn gross gewesen, in der Zwischenzeit, nach ein paar wenigen und oftmals nur sehr lokalen Gewittern mit Niederschlägen, werde das Feuerverbot sicherlich mehr in Frage gestellt. Umso wichtiger sei es, nochmals darauf hinzuweisen. «An der Situation hat sich nämlich nichts geändert», hält Thomas Kauflin fest. Nach wie vor herrsche sowohl im Wald als auch auf Getreidefeldern, in Wiesen und Böschungen innerhalb und ausserhalb des Siedlungsgebietes eine grosse Trockenheit, auch wenn die Hitze etwas nachgelassen habe. Bereits kleine Funkenwürfe könnten Brände entfachten.

Die Brunnen laufen

Auch in Zollikon gilt weiterhin ein Feuerverbot, als einzige Gemeinde im Bezirk hat es aber das Grillieren in festen Vorrichtungen, die beaufsichtigt werden, erlaubt. «Wir haben uns mit verschiedenen Fachleuten und der Feuerwehr Zollikon ausgetauscht und sind dabei zum Schluss gekommen, dass es kein generelles Verbot braucht», sagt Gemeindeschreiberin Regula Bach, «sondern differenzierte Einschränkungen, die auch durchgesetzt werden können.» Die Bevölkerung sei sich offenbar bewusst, dass bei der jetzigen Trockenheit auch bei Grillfeuern grösste Vorsicht geboten ist. Bisher ist es gemäss der Feuerwehr zu keinem einzigen Zwischenfall gekommen. Die Situation werde laufend überprüft, da die Wetterlage jedoch praktisch unverändert ist, konnte aber auch das kantonale Feuerverbot in Wäldern und in Waldesnähe nicht aufgehoben werden. Die Gemeinde halte solange als notwendig an den Einschränkungen fest. Zurückhaltend würden zurzeit die Grünanlagen der Gemeinde gewässert. Die öffentlichen Brunnen stillzulegen, darauf werde aber bewusst verzichtet: «Wir möchten Spaziergängern und auch Haustieren den Zugang zu frischem Wasser ermöglichen», erklärt Regula Bach.

Keine Einbussen bei der Ernte

Dass es nach wie vor sehr trocken ist, bestätigen auch die beiden Zolliker Landwirte. «Für den Ackerbau war die Hitze zwar nicht besonders dramatisch», sagt Thomas Friedli und zeigt sich mit der Ernte ganz zufrieden. Auch Fabian Weber sagt, es sei wegen der Trockenheit zu keinen grossen Ertragseinbussen gekommen. Einzig beim Körnermais. «Dieser hat zu kleine Kolben gebildet und wird nun demnächst als Ganzpflanzensilage gehäckselt.» Ein weiteres Problem sei, dass die nach dem Getreide angesäte Gründüngung nicht keime. «Sie sollte bis zur Ansaat im nächsten Frühling den Boden bedecken, damit weniger Unkraut wächst und Nährstoffe im Boden gespeichert werden können», erklärt der Landwirt. Die Blumen-, Erdbeer- und Kürbis­felder hätten zwar mehr bewässert werden müssen als in den vergangenen Jahren, doch dürften sie sich als hiesige Landwirte glücklich schätzen, findet Fabian Weber. «Unsere eher schwereren Böden mit mehr Tonanteil können mehr Wasser speichern als sandige Böden. Natürlich sei von der Hitze schweizweit die ganze Landwirtschaft ­etwas betroffen, in einigen Teilen jedoch existenziell. «Kühe werden schon jetzt wegen Futtermangel geschlachtet und die Zuckerrüben- und Kartoffelernte wird sehr mager ausfallen», weiss er. Gemüsebetriebe hätten Ertragseinbussen und gleichzeitig steige die Wasserrechnung ins unermessliche, ganz zu schweigen vom Arbeitsaufwand für die Bewässerung von Feld zu Feld.

Mehr Sonne, mehr Chemie

Mehr Wasser brauchte es auch in den Freibädern, wie Rico Graf, Betriebsleiter der Badi Juch, ausführt. «Natürlich war die aussergewöhnlich lange Schönwetterperiode für uns eine Freude», die Schattenseiten des schönen Wetters seien aber höhere Kosten. Denn je mehr Sonnenstrahlen und Besucher, desto mehr Chemie und Frischwasser brauche es und auch die Liegewiesen seien regelmässig bewässert worden. Obwohl er den Tag nicht vor dem Abend loben wolle, spricht der Zumiker Betriebsleiter von sehr guten Besucherzahlen, «wir werden wohl rund 10 Prozent mehr ­Besucher zählen können als im ­vergangenen Jahr.» Rund 50 000 Eintritte verzeichnete das Zumiker Freibad bis anhin diesen Sommer. Auch das Zolliker Seebad und das Freibad Fohrbach verzeichnen mehr Eintritte als letztes Jahr: Im Fohrbach sind es bis anhin rund 1000 Gäste mehr, die Seebadi verzeichnet mit 4000 zusätzlichen Gästen in der gleichen Zeitperiode gar einen deutlich grösseren Ansturm, wie von Betriebsleiter Jürgen Richter zu erfahren ist. «Grund hierfür ist sicherlich, dass der See bereits früh in der Saison schon sehr warm war.» Wie es scheint, gibt es aber auch einige, denen es nicht genügend heiss sein kann, zu seinem Erstaunen sei nämlich auch die Sauna gut besucht gewesen den Sommer hindurch. Glücklich ist der Leiter der Bade- und Sportanlagen, dass es zu keinen grösseren Unfällen gekommen ist, was bei diesem langen und heissen Sommer keine Selbstverständlichkeit sei.

Seeüberquerung soll stattfinden

Die Hitze zu schaffen macht aber insbesondere älteren Menschen. Wie Zollikons Gemeinschreiberin auf Anfrage sagt, mussten im Wohn-und Pflegezentrum Blumenrain aber keine Massnahmen zur Temperaturreduktion ergriffen werden. «Die Situation für die Bewohnenden und das Personal hat sich im Blumenrain dank der zeitgemässen Bauweise gegenüber den früheren Alterszentren im Beugi und am See markant verbessert», sagt sie. Die Zimmertemperatur in den Bewohnerzimmern liege nun unabhängig von der Jahreszeit konstant bei 24 Grad. Das Gebäude werde jeweils am Morgen gut durchgelüftet, zusätzliche Massnahmen seien heute bei hohen Aussentemperaturen nicht mehr nötig. Wie lange der Hitzesommer noch anhält und ob er nach dem angekündigten Regenwochenende mit für einmal tieferen Temperaturen nicht gleich wieder zurückkehrt, wird sich zeigen. Dass es aus­gerechnet jetzt das erste Mal wieder regnen soll, davon lässt sich Zollikons Schwimmklubpräsident ­Marco ­Pilloud aber nicht aus der Ruhe bringen. Morgen findet die 49. Zolliker Seeüberquerung statt. Am Mittwoch gab er das OK für die definitive Durchführung. «Auch wenn es heute und morgen tatsächlich kälter werden sollte, fällt die Wassertemperatur des Zürichsees so schnell nicht unter 20 Grad.» Dies ist eine der Voraussetzungen, die es braucht, damit die Seeüberquerung stattfinden kann. Aktuell liegt die Wassertemperatur bei 25 Grad gegenüber 26,5 Grad Höchsttemperatur dieses Sommers – solche Temperaturen wurden noch nie gemessen, der Zürichsee ist wärmer denn je. Absagen müsste Marco Pilloud die Veranstaltung lediglich, wenn morgen Samstag in der Früh auf dem See die Starkwindwarnung oder Sturmwindwarnung blinken würde. «Erfahrungsgemäss gewittert es am Zürichsee aber erst am Abend», bleibt er zuversichtlich, so dass morgen zahlreiche Schwimmer störungsfrei den See überqueren können. Einen See, der für einmal vielleicht sogar wärmer sein wird als die Lufttemperatur. Auch das macht dieser aussergewöhnliche Sommer möglich. (mmw)

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