Von adminZoZuBo ‒ 13. September 2018
Herbstzeit ist Jagdzeit. Wie sich der lange Sommer auf die Jagd auswirkt, mit welchen Arbeiten sich unsere Jäger zurzeit beschäftigen und weshalb er sich vehement gegen die Initiative «Wildhüter statt Jäger» stellt, erklärt Jäger Alain Merkli im Interview.
Grundsätzlich können Natur und Tiere mit dieser Trockenheit umgehen, es ist aber schon so, dass die Tiere, wie auch der Mensch, bei Hitze und Trockenheit stärker gefordert sind. Vor allem kranke und ältere Tiere waren stärker unter Druck. In unserem Revier haben wir einen grundsätzlich sehr gesunden Wildbestand, doch wurde auch bei uns ein älteres Reh erlegt, welches ohne parasitären Befall einen starken Haarausfall hatte und mager war.
Jagdlich war der trockene und heisse Sommer sehr spürbar. Die Austritte vom Wald an den Waldrand und in die Flur der Rehe im Morgengrauen und in der Dämmerung waren auffallend spärlich, sodass die Sichtbarkeit der Rehe merklich schwächer war.
Da ein Reh praktisch nie Wasser trinkt, oder, um in der Jägersprache zu bleiben, «schöpft», muss es die Feuchtigkeit über die Nahrung aufnehmen. Diese wird im Wald natürlich viel länger gespeichert, als in der sonnengetränkten Flurlandschaft. Zudem ruhen auch die Tiere gerne im Schatten und setzen sich weniger in Bewegung.
Auf die Arbeit der Hunde hatte der Sommer wenig Einfluss – solange diese genug zu trinken bekommen, funktioniert deren Spürsinn, einfach mit Einbussen in der Ausdauer. Unsere Hunde kommen besonders für die Nachsuche bei Verkehrsunfällen zum Einsatz.
Das optimale Jagdwetter ist ein Stück weit subjektiv. Ich zum Beispiel liebe einen bewölkten Himmel mit leichtem Nieselregen, während wenige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke die Flur zum Leuchten bringen, ich nenne dies dann Jagen in einem Gemälde. Grundsätzlich sagt man aber, dass der Wind nicht zu stark sein darf und nicht ständig drehen sollte und dass es nicht zu trocken, zu heiss oder zu nass sein sollte.
Während im Frühling und Sommer vor allem Revierarbeiten wie Freihalteflächen pflegen, Jagdinfrastruktur auf Vordermann bringen, Jungtiere hegen und administrative Arbeiten im Vordergrund stehen, intensiviert sich im Herbst die jagdliche Tätigkeit, die selektive Bejagung unserer jagdbaren Tiere auf Pirsch, Ansitz und Bewegungsjagd.
In den Wintermonaten wird ganz bewusst auf zu viel Störung im Wald verzichtet, damit die Tiere haushälterisch mit ihren Energiereserven umgehen können. Dann führen wir Kontrollgänge im Revier durch, beschicken die Salzlecken mit Salz und erfassen stark begangene Wildwechsel. Leider erhöht sich im Winter auch die Zeit des Ausrückens infolge von Verkehrsunfällen.
Jedes Wildtier, welches «fällt», wird von uns geborgen, erfasst und statistisch erhoben. Im Schnitt sind dies rund 40 Füchse, 20 Rehe, wobei hier nebst dem Verkehr auch wildernde Hunde einen Einfluss haben, und circa 10 bis 20 andere Wildarten wie Marder, Dachs, etc. Hochgerechnet rücken wir in der Woche ein- bis zweimal unentgeltlich und zu jeder Tageszeit aus. Über die Hälfte ist dies nachts. In unserer Jagdgesellschaft macht sich Louis Wirtz diesbezüglich besonders verdient und übernimmt die meisten Fälle.
Achtung! Ein kantonsweites Wildtiermanagement besteht heute schon und wird gewissenhaft von den rund 1 400 Milizjägern und vom Kanton betrieben und weiterentwickelt. Allein unsere Jagdgesellschaft Zollikon wendet im Jahr mehr als 2 500 Stunden dafür auf.
Die Initiative beansprucht das Bild des bösen, schiesswütigen Jägers, der als Hobby gerne Tiere tötet, für sich und folgert daraus, dass die Jagd veramtlicht werden muss. Ich persönlich stelle mich vehement gegen diese Initiative. Nicht nur, weil das Bild des Jägers dermassen verzerrt wird, sondern weil wir uns als Zivilpersonen um unsere Umwelt und Wildtiere in aller Konsequenz zu kümmern haben. Die Jägerschaft bildet ein grosses Gefäss an Wissen und Sensorium über unsere Wildtiere, welches bei einer Annahme der Initiative in der Zivilbevölkerung mit der Zeit aussterben würde. Zudem käme die Initiative die Öffentlichkeit mit 30 Millionen Franken jährlich teuer zu stehen, während die Jägerschaft heute den Gemeinden und dem Kanton einen Pachtzins und, etwas salopp gesagt, auch den Wildschaden entgilt.
Der Unterschied zwischen Wildhüter und Jäger ist, dass der Wildhüter ein Jäger ist, der vom Staat angestellt ist. Im Kanton Zürich amten derzeit vier städtische Wildhüter, welche die Jagd im Stadtgebiet ausüben. Diese haben mit einer minimalen Ausbildungsdauer von knapp drei Jahren dieselbe Ausbildung, dieselben Rechte und Pflichten wie die restlichen Jäger im Kanton Zürich. Der Begriff Wildhüter ist demnach ein ungeschützter Titel für einen besoldeten Jäger.
Ich selber bin ein Jäger, der die Wildhut ausübt, in Demut und Achtung vor der Schöpfung und der Schönheit, die uns umgibt.
Während heute ein Wildtiermanagement besteht, würden sich mit der Annahme der Initiative die Wildbestände unkontrolliert entwickeln. In erster Linie würde dies sicherlich einen drastischen Anstieg der Wildtierpopulation bedeuten – so auch der Füchse. Die Folge davon wäre, dass es zu mehr Verkehrsunfällen und hohen Kosten in Bezug auf Wildschaden und Wildschadenverhütung kommen würde. In zweiter Phase folgt die Reaktion der Natur. Da ein Lebensraum von Tieren nur ein gewisses Mass an Individuen und Arten verträgt, würden die Bestände infolge Krankheit und Nahrungsangebot stark schwanken, und ich bezweifle, dass wir dieses tolle Niveau an gesunden Wildtieren im Kanton Zürich halten könnten.
Der Rehbestand in Zollikon ist in den letzten zehn Jahren ziemlich stabil und auf einem hohen und gesunden Niveau. Hierzu führen wir jährliche Zählungen, resp. Taxationen durch, welche wir dann dem Kanton melden. Markant war der Anstieg des Wildes nach dem Sturm Lothar.
Mit seiner zerstörerischen Kraft hat «Lothar» viele Kahlflächen geschaffen. Dies hatte zur Folge, dass auch viel Licht in den Wald drang und der daraus entstandene Jungwuchs zur attraktiven Nahrung und Deckung für die Rehe wurde.
Selbstverständlich könnte ich damit leben, es ist nur die Frage, ob es sinnvoll ist. Grundsätzlich bin ich gegen Verbote, der Mensch sollte mündig genug sein. Hinzu kommt, dass die Baujagd bei uns im Revier nicht praktiziert wird, und ich hatte lediglich früher als Kind und Jugendlicher damit Kontakt. Die Stresssituation der Füchse und Dachse ist nicht zu unterschätzen und daher übe ich hier persönlich Zurückhaltung. Bei der Treibjagd oder richtigerweise Gemeinschaftsjagd – die Treibjagd ist schon lange verboten –, sehe ich die Sache etwas anders, da eine richtig angewendete Gemeinschaftsjagd nicht unbedingt zu übermässigem Stress des Wildtieres führen muss und eine effiziente, teils einzig zielführende Bejagungsmethode sein kann. Gerade bei uns im Zolliker Revier wäre es ohne die Gemeinschaftsjagd schwierig, die Vorgaben des Kantons zu erfüllen. (Interview: mmw)
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