42/2018 Filmkritik Dogman

Von adminZoZuBo ‒ 18. Oktober 2018

Berührend und verstörend: Dogman

Nichts für schwache Nerven ist der neue Spielfilm «Dogman» von Matteo Garrone. Das Wechselbad von brutaler Gewalt und zärtlichen Momenten geht unter die Haut.

In einem verlotterten süditalienischen Seebad führt Marcello (Marcello Fonte) einen Hundesalon. Er kümmert sich liebevoll und geduldig um die vielen verschiedenen Vierbeiner. Er mag Hunde. Und die Hunde mögen ihn. Marcello ist der «Dogman», der Hundemann.

Marcello ist geschieden. Und Vater einer kleinen Tochter, die er regelmässig sehen darf. Die beiden verstehen sich prächtig. Die Kleine stört sich auch nicht im geringsten daran, dass ihr Vater ein eher etwas unscheinbarer Mann ist, der zurückgezogen und bescheiden lebt. Auch das eigenartige Gesicht ihres Vaters kümmert sie nicht. Beide ­geniessen die raren Momente des Zusammenseins und bestellen bei dieser Gelegenheit oft auch gemeinsam die Hunde der Kunden. Marcello ist irgendwie geachtet im Viertel, sitzt zusammen mit Freunden im Restaurant am gleichen Tisch und spielt mit ihnen Fussball.

Marcello ist aber auch ein Drogendealer. Vermutlich, um sich über Wasser zu halten. Oder um wichtig zu sein. Einer seiner Kunden, den er gewissermassen angefüttert hat, ist sein Freund Simoncino (Edoardo Pesce). Dieser ist stark drogensüchtig und neigt zu jähen und massiven Gewaltausbrüchen, wenn er auf Entzug ist. Der Stoff, den er von Marcello erhält, reicht bei weitem nicht. Um Geld für mehr zu beschaffen, unternimmt er Einbruchstouren, zu denen er Marcello mitschleppt. Als eine Art Dank nimmt Simoncino diesen dann mit in den Ausgang, wo Marcello in Nachtclubs mit Damen tanzen kann, an die er alleine nie rankäme.

Aber die «Idylle» währt nicht lange. Simoncino stürzt immer mehr ab und nötigt seinen Freund zu einem grossen Coup, dem Marcello letztlich zustimmt, um den grossen Reibach zu machen und aus allem auszusteigen.

Die Wucht der Bilder

Es geht um vieles im Film «Dogman». Um die Freundschaft zwischen zwei ungleichen Männern. Um Verrat und Enttäuschung. Um die Emanzipation aus einer Abhängigkeit. Um die Wiederherstellung der Selbstachtung. Und um vieles mehr. Aber es ist letztlich die Wucht der Bilder, die berührt – und verstört. Und die einen lange nicht mehr loslassen. Bilder vielleicht auch, die man lieber nicht gesehen hätte. Wobei die Darstellung von Gewalt und Brutalität im Film in den letzten Jahrzehnten bekanntlich einen langen Weg zurückgelegt hat. Wir erinnern uns: Als «Dirty Harry» mit Clint Eastwood oder «Death Wish» (Deutscher Titel: «Ein Mann sieht rot») mit Charles Bronson 1971 bzw. 1974 in die Kinos kamen, gingen die Wogen der Entrüstung und der Empörung hoch ob der gezeigten Gewalt. Was man vom diesjährigen Remake von «Death Wish» nicht mehr behaupten kann. Die Grenzen des in Filmen Zeig­baren haben sich in den letzten fünfzig Jahren in jeder Beziehung markant ausgeweitet. Aber selbst ein dergestalt abgehärtetes Publikum empfindet Brutalität vielleicht auch heute noch umso mehr, je mehr eine Filmfigur einem ans Herz gewachsen ist. Und der «Dogman» wird so hervorragend gespielt*, dass man sich ihm kaum entziehen kann.

* Hauptdarsteller Marcello Fonte wurde dieses Jahr in Cannes im Wettbewerb mit dem «Prix d’interprétation masculine» ausgezeichnet.

Unser Filmkritiker Daniel Frey meint: **** von 5 Sternen!

«Dogman», Krimi, Drama, Thriller. Ab 18. Oktober in den Zürcher Kinos.
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