Von adminZoZuBo ‒ 26. Oktober 2018
In der katholische Kirche Zollikon-Zumikon kam es zum Knall: Die Religionspädagogin wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt.
Bereits im Sommer rumorte es kräftig hinter den Türen der katholischen Jugendarbeit. Nun haben der Kirchenpflegepräsident Urs Häfliger und Pfarrer Heinz Meier letzte Woche die Mitglieder der Kirche in einem Schreiben über die einstweilige Trennung von Religionspädagogin Christine Unterberger informiert. Darin heisst es, dass sich im zwischenmenschlichen Bereich im Seelsorgeteam Differenzen entwickelt hätten, die auch nach Gesprächen mit externen Fachleuten und der Einbeziehung einer Ombudsfrau nicht hätten aus dem Weg geräumt werden können. «Nach langwierigen und vergeblichen Bemühungen um eine einvernehmliche Lösung stellen Kirchenpflege und Pfarrer fest, dass derzeit die Grundlagen für eine weitere Zusammenarbeit fehlen», heisst es zum Entscheid, die seit fast 13 Jahren als Jugendbeauftragte und Religionspädagogin tätige Christine Unterberger per sofort freizustellen. Den Eltern von Kindern und Jugendlichen, die mit grossem Engagement ihre Sorge um das Fortbestehen der Kinder- und Jugendarbeit geäussert hätten, wurde zugesichert, dass es eine lückenlose Vertretung geben werde. Diese Woche nun wurde bekannt, dass die Stelle temporär besetzt wurde.
Jene «engagierten Eltern» waren es denn auch, die sich bereits im Juni an die Öffentlichkeit gewandt hatten, weil sie um den Fortbestand der guten Jugendarbeit bangten. In einem Leserbrief in dieser Zeitung schrieben sie, dass der Präsident der Kirchenpflege während der Kirchgemeindeversammlung zwar für ein gemeinsames Gespräch zugesagt habe, dessen Zusage aber nicht im öffentlichen Protokoll vermerkt worden sei, worauf einige Eltern bei der Beschwerdeinstanz der katholischen Kirche des Kantons Zürich ein Rechtsmittel eingereicht hätten. Es wurde schliesslich eine gemeinsame Sitzung vereinbart, bei der Urs Häfliger aber fehlte. «Da offenbar die Notwendigkeit eines Gesprächs zwischen Kirchenpflege und vielen besorgten Eltern nicht erkannt wird, befürchten wir, dass die Kirchenpflege viele wertvolle Stimmen aus der Gemeinde, so von betroffenen Eltern und Kindern, nicht wahrnimmt und diese nicht in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden», schrieben drei betroffene Eltern damals.
Eine Befürchtung, die anscheinend eingetroffen ist, wie zum Beispiel Annette Lohmüller Hoff stellvertretend für mehrere Eltern bestätigt. So sei es trotz der Ankündigung zu keinem gemeinsamen Gespräch mit Seelsorge und Kirchenpflege gekommen. Es habe nur zwei separate Treffen mit dem Kirchenpflegepräsidenten gegeben. «Beide Gespräche waren aber von ihm nicht dazu gedacht, gemeinsame Nenner, Schnittstellen oder Kompromisslösungen zu entwerfen, sondern vielmehr, nur den eigenen Standpunkt zur Jugendarbeiterin zu zementieren, die Wünsche und Bitten der Eltern ungehört zu ignorieren und sich ansonsten auf den Schutz des Persönlichkeitsrechts zu berufen.» Nach der Bekanntgabe des Personalentscheids am 12. Oktober hat Annette Lohmüller Hoff – wie noch weitere Zolliker Eltern – ihr Kind sofort vom Religionsunterricht abgemeldet. Besonders befremdlich findet die Zolliker Mutter den Zeitpunkt der Bekanntgabe. «Genau in diesem Moment waren Christine Unterberger und ihr Team noch in Assisi im Firmlager», führt sie aus. Verwundert zeigt sie sich auch darüber, wie schnell Ersatz gefunden werden konnte für die freigestellte Religionspädagogin: «Die letzten vier Monate waren eine ganz bewusst erwogene Hinhaltetaktik des Kirchenpflegepräsidenten und des Pfarrers. Ein Minimum an vorgetäuschtem Willen, mit uns ins Gespräch zu kommen, wobei ja rein gar nichts herauskam, und ansonsten kein Beitrag zur Problemlösung.» So habe diese einzig dem Zweck gedient, Zeit zu gewinnen, um bereits nach Ersatz zu suchen, ist Annette Lohmüller Hoff überzeugt.
Auch Camilla Ceppi Cozzio zählt zu der Gruppe besorgter Eltern. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem ehemaligen Kirchenpfleger Antonio Cozzio, habe auch sie immer wieder das Gespräch gesucht. «Es ist mir absolut unverständlich, dass eine hervorragende, kompetente Jugendarbeiterin nach fast 13 Jahren gehen muss», sagt sie. Zudem betont sie, wie loyal Christine Unterberger sich stets ihrem Arbeitgeber gegenüber verhalten habe. «Und dann bekommt sie die Nachricht auch noch, während sie die Verantwortung für 14 Jugendliche im Lager trägt.» Camilla Cozzio Ceppi fehlt vor allem die Transparenz im gesamten Prozess. Enttäuschung auch bei André Brändli, der sich ebenfalls im Sommer schon mit einem Leserbrief an die Öffentlichkeit gewandt hatte. «Wir wollten Brücken bauen, um die Jugendarbeit zu retten.» Als Patenonkel hatte er bei einer Firmung die Begeisterung der Jugendlichen für die Kirche erlebt. «Und das in einer Zeit, in der der Glaube nicht gerade populär ist.» Die Jugendarbeit unter Christine Unterberger und Marco Frutig sei einfach aussergewöhnlich gut gewesen. Der Zolliker hatte es seiner Tochter diese Woche frei gestellt, ob sie in den Religionsunterricht bei Pfarrer Heinz Meier gehen wolle. Sie – sowie die ganze 6. Klasse – verweigerte die Teilnahme.
Gemäss dem Kirchenpflegepräsidenten Urs Häfliger wurde für Christine Unterberger vorübergehend ein Stellvertreter eingesetzt. «Nach unserem Verständnis sind die Begriffe einstweilig und Freistellung selbsterklärend», sagt er. Weiter möchte er sich zur Sache nicht äussern. An eine Rückkehr der Religionspädagogin glauben viele Eltern aber nicht. Sie rechnen damit, dass Christine Unterberger Ende November die fristgerechte Kündigung erhalten wird. Aufgeben aber wollen sie nicht. So haben Sie eine Homepage für die Religionspädagogin eingerichtet mit dem Namen «nicht-mit-mir.ch». Diese diene der Solidarität mit Christine Unterberger und solle helfen zu verhindern, dass ihr gekündigt wird. «Auf diese Weise wollen wir unsere Wertschätzung und Dankbarkeit zum Ausdruck bringen», steht da einleitend geschrieben. Um das Ziel zu erreichen, werden Unterschriften für eine Petition an Bischof Vitus Huonder und Generalvikar Josef Annen gesammelt. Es werde kein Personenkult betrieben, sondern soll sichergestellt werden, dass endlich Transparenz in der Angelegenheit geschaffen werde. Im Schreiben von vergangener Woche betonten die Verantwortlichen, dass es ihnen bewusst sei, dass eine einstweilige Trennung von einer langjährigen Mitarbeiterin mit Emotionen verbunden sei, und erklärten, dass die Kirchgemeinde Zollikon-Zumikon offen und konstruktiv in die Zukunft gehen wolle. Pfarrer Heinz Meier wollte sich auf Anfrage nicht zu den aktuellen Entwicklungen äussern. Christine Unterberger war nicht zu erreichen, sie ist offenbar an eine Schweigepflicht gebunden. (bms/mmw)
ANMELDEN
Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.