45/2018 Demenz soll nicht in Vergessenheit geraten

Von adminZoZuBo ‒ 9. November 2018

Demenz soll nicht in die ­Vergessenheit geraten

Angebote für Demenzkranke werden oft nach der Pusteblume benannt: Wie deren Samen scheinen die Erinnerungen davonzufliegen. (Bild: pixabay.com – Marko Grothe)

 

Für Demenzkranke und deren Angehörige sollen mehr Angebote geschaffen werden: Die reformierte Kirchgemeinde Zollikon plant ein Gipfeltreffen für Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten. Auch andere Angebote sind im Aufbau.

Die Pusteblume steht häufig sinnbildlich für die Demenzerkrankung. Die davonfliegenden Samen als Symbol des demenzkranken Menschen, dessen Persönlichkeit sich verändert, vielleicht gar langsam auflöst. «Mein Mann war Informatiker – heute verwechselt er Zahlen und Buchstaben», heisst es auf dem Flyer der reformierten Kirchgemeinde Zollikon, der auf einen demnächst stattfindenden Vortrag über Demenzerkrankung aufmerksam macht. Letzten Donnerstag widmete sich auch die Spitex Zollikon dem Thema und lud zum Referat mit dem Demenzspezialisten Christoph Held. Der gut besuchte Anlass zeigte, wie aktuell das Thema ist, wie sehr es interessiert und auch betroffen macht. «Für uns als Spitex ist die Demenzerkrankung natürlich ein grosses Thema», sagt Gabriela Scheidegger, Leiterin ad interim der Spitex Zollikon. Die veränderten gesellschaftlichen Strukturen, die Hochaltrigkeit der Gesellschaft und der Umstand, dass immer mehr Menschen so lange wie möglich zu­hause bleiben und gepflegt werden wollen, stelle Pflegekräfte wie ­Angehörige gleichermassen vor Herausforderungen. Herausforderungen, die vermehrt angegangen werden sollen, und zwar auf ganz verschiedenen Ebenen: «Je älter wir werden, desto mehr werden wir uns mit dem ­Thema Demenz beschäftigen müssen», sagt Gabriela Scheidegger, die auch Leiterin der Fachstelle Alter der ­Gemeinde Zollikon ist. In dieser Funktion habe sie im Austausch mit ­Altersbeauftragen aus den Nachbargemeinden Küsnacht und Zumikon gemerkt, dass es ausser halb von Demenzabteilungen in Pflegeheimen und Tageskliniken wenige Angebote für Demenzkranke und deren Angehörige in der Region gebe.

Ein Umstand, der auch die reformierte Kirchgemeinde Zollikon angeht und Silvia Nigg, Nachfolgerin des kürzlich in Pension gegangenen Sozialdiakons Alex Kohli, mit ­Gabriela Scheidegger zusammentreffen liess. Beide nämlich hatten sie dieselbe Idee eines Gipfeltreffens in Zusammenarbeit mit der Alzheimervereinigung Kanton Zürich (ALZ), die solche Treffen bereits in mehreren Gemeinden anbietet.

Die Begegnung im Zentrum

Der Anlass soll Betroffenen, die mit einer beginnenden Demenz diagnostiziert wurden, den Austausch mit Gleichgesinnten ermöglichen und mit Spielen den Geist aktivieren und trainieren. «Da wir als Kirche auch gleich den Raum für solche Angebote zur Verfügung stellen können, sind wir übereingekommen, dass wir das Projekt zusammen mit der ALZ weiterverfolgen», erklärt Silvia Nigg. Geplant sei ein wöchentliches Gipfeltreffen in den Räumlichkeiten des reformierten Kirchgemeindehauses im Zollikerberg, wo früher der Kindergarten Hohfuren eingemietet war. Das Konzept sieht vor, dass Demenzkranke mit freiwilligen Helfern auf einen kurzen Spaziergang gehen, in einem naheliegenden Restaurant zusammen zu Mittag essen und dann anschliessend im neu geschaffenen Raum für Demenzkranke einen Nachmittag lang mit Gleichgesinnten und unter fachkundiger Leitung diskutieren, sich austauschen, philosophieren oder auch künstlerisch tätig sein können. «Die Diagnose Demenzerkrankung ist für die Betroffenen und die Angehörigen ein schwerer Schlag, oft jedoch auch eine entlastende Bestätigung einer sich bereits seit längerer Zeit abzeichnenden Leidensgeschichte», sagt die Sozialdiakonin Silvia Nigg. Zu gutem Altern gehöre die Begegnung – und genau eine solche solle Demenzkranken ermöglicht werden und gleichzeitig Angehörigen eine kleine Entlastung bringen. Das neue Angebot wird zusammen mit der Alzheimervereinigung Zürich an einem Informationsanlass am 19. November vorgestellt werden, wenn auch die in Zollikerberg aufgewachsene Irène Bopp-Kistler als leitende Ärztin der Memory-Klinik am Stadtspital Waid in Zürich über Demenzerkrankung einen Vortrag halten wird. «Um das Angebot durchführen zu können, sind wir auf Freiwillige angewiesen», erklärt Silvia Nigg. Gesucht würden Personen, die Interesse an Menschen haben, offen und kommunikativ sind und Zeit haben.

Mittagsrunde im Bethesda

Vor Ort wird dann auch Gabriela Scheidegger sein, denn die Gipfeltreffen sollen nicht die einzigen Angebote in der Region bleiben. Zusammen mit den Altersbeauftragten plant sie eine monatliche Mittagsrunde, die voraussichtlich im Alterszentrum Bethesda in Küsnacht stattfinden wird. Demenzkranke sollen dort zusammen mit ihren Angehörigen unterschiedliche Fachinputs erhalten, in einem entspannten Rahmen zusammenkommen können und Energie tanken. «Demenz soll kein Tabuthema mehr sein», hält Gabriela Scheidegger fest, «Angst und Schrecken sollen ihr genommen werden.»

So wie bei einer Pusteblume die davonfliegenden Samen Tatsache sind, im Zentrum aber noch immer eine Pflanze steht. Ein Löwenzahn, einst farbenprächtig und strahlend und noch immer tief verwurzelt. (mmw)

 

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