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51/2018 Persönlich Vikas Sooryavanshi

Von adminZoZuBo ‒ 21. Dezember 2018

Wenn Weihnachten zur Integration beiträgt

Für die Söhne Arhaan und Aryan gehört ein schön geschmückter Baum zum Weihnachtsfest. (Bild: zvg)

Mit Weihnachten steht ein grosses christliches Fest vor der Tür. Doch gerade in unserer Region leben auch viele Menschen anderer Religionen. Wie begehen sie diese Festtage? Der Inder Vikas Sooryavanshi, der seit mehreren Jahren in Zumikon wohnt, erzählt.

«Weihnachten ist für mich nicht neu. Als Kind war ich in einer Klosterschule und kam schon mit sechs Jahren mit dem christlichen Glauben in Berührung. In einer überwiegend katholisch geprägten Umgebung war ich als Hindu eher Teil einer Minderheit. Aber in Wirklichkeit und im Alltag spielte die Religion keine grosse Rolle, ich hatte Freunde der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen. Wir hatten auch katholische Nachbarn und so lernte ich schnell, dass zu Weihnachten Süssigkeiten gehören – besonders erinnere ich mich an den Kuchen, den unsere Nachbarin zu dem Fest immer buk. Weihnachten war sicherlich kein kommerzielles Fest – besonders nicht in Indien.

Als ich nach Europa kam, war die Weihnachtszeit vor allem Ferienzeit, in der Familien zusammenkamen, Geschenke austauschten und lange Spaziergänge unternahmen. Zu sehen, wie viele unserer Freunde zu dem Fest ihre Eltern besuchten, machte uns ein bisschen wehmütig. Es kam Heimweh auf. Meine Frau und ich nutzten die Zeit, um zu wandern und reisen. So besuchte ich das erste Mal Paris während der Weihnachtsferien. Das war vor den Kindern!

Geschenke erst am 25. Dezember

Die Kinder brachten ganz neue Zeremonien in unser Leben: Weihnachten ist eine davon. In den ersten Jahren war ihnen das Christentum natürlich nicht bewusst. Als unser ältester Sohn aber in den Kindergarten kam, war plötzlich die Rede von Weihnachten und dem Samichlaus. Er wollte wirklich verstehen, was da gefeiert wird. Besonders interessierte er sich für den Schmutzli. Wir haben recherchiert und fanden heraus, dass der am 6. Dezember in den Strassen von Zürich unterwegs ist. Wir machten uns also auf den Weg. Und ich muss sagen, unser Sohn war wirklich beeindruckt. Das war auch das erste Jahr, in dem wir einen Weihnachtsbaum kauften. Die ganze Familie hat Stunden damit verbracht, ihn zu schmücken und zu dekorieren. Es war ein riesiger Spass. Die Kinder waren richtig aufgeregt und gaben sich wirklich Mühe. Natürlich gehörten von Anfang an auch Geschenke zu dem Fest. Also versteckten wir diese anfangs am Heiligabend unter dem Baum. Am nächsten Morgen wachten die Kinder voller Vorfreude früh auf. Uns war damals gar nicht bewusst, dass in der Schweiz am 24. Dezember die Geschenke verteilt werden.

Im nächsten Jahr feierten wir noch grösser, auch weil wir eine andere indische Familie zu Gast hatten. Sie hatten auch einen kleinen Sohn und die drei Buben waren sehr aufgeregt. Als die Kinder endlich im Bett waren, holten wir die Geschenke hervor und packten sie ein. Vielleicht muss ich an der Stelle erwähnen, dass wir nicht sehr gut organisiert sind. Wir leben oft einfach spontan. Nachdem am ersten Weihnachtsfeiertag alle Geschenke ausgepackt waren, kochten wir ausgiebig und machten den traditionellen Spaziergang.

Wir mögen die Weihnachtszeit mit der festlichen Stimmung und besuchen gerne die Weihnachtsmärkte. Jedes Jahr verbringen wir viele Abende auf solchen Märkten. Auch wenn der Kommerz mittlerweile im Vordergrund steht, ist es doch immer noch ein ganz besonderes Fest, auf das viele hin fiebern. Wir schätzen es sehr, dass man Zeit hat, um ganz entspannt Freunde zu treffen. Auch wenn der religiöse Aspekt in den Hintergrund rückt, geniessen wir die Stimmung – und die Kinder natürlich die Geschenke. Dass wir als Hindus das Weihnachtfest feiern, ist für mich auch ein Schritt, um mich in unserem neuen Zuhause weit weg von der Heimat zu integrieren.

Dieses Jahr haben unsere Söhne wieder Wunschzettel geschrieben und das bedeutet schon ein bisschen Stress – auf der anderen Seite freue ich mich auf das gute Essen und Glühwein. Meine Frau macht ein hervorragendes Hühnchen. Wenn ich daran denke, kann ich es eigentlich kaum abwarten.

Jetzt wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine frohe Weihnacht und ein gutes neues Jahr!

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