Von adminZoZuBo ‒ 11. Juli 2019
Aus 1200 Metern springt Pascal Köppel am Züri Fäscht aus dem Flugzeug. (Bild: Nicolas Baumann)
Der Zolliker Pascal Köppel hat das Zürifäscht aus einer ganz besonderen Perspektive erlebt: aus über 1200 Metern über dem Zürichsee. Der Fallschirmspringer über die Schwierigkeit des punktgenauen Landens, seine Ängste vor dem ersten Sprung und warum er dieses Jahr eine Rose per Luftpost überbrachte.
Mit Pascal Köppel sprach Melanie Marday-Wettstein
Als absolut tolles Fest mit einer perfekten Ambiance. Für uns Fallschirmspringer war das Wetter mit dem hohen Gewitterrisiko zwar eine grosse Herausforderung. Die Stimmung an sich mit all den friedlichen Leuten, der Ausgelassenheit und den vielen Attraktionen, von denen ich wohl nur etwa zehn Prozent überhaupt mitbekommen habe, empfand ich aber als rundum gelungen.
Entscheidend sind die Blitze und die Windgeschwindigkeit. Am Zürifäscht, wo wir aus über 1200 Metern über dem Zürichsee gesprungen sind, dufte die maximale Windgeschwindigkeit und damit -stärke bei maximal sieben Metern pro Sekunde liegen. Wäre sie darüber gelegen, hätten wir nicht springen dürfen. Auf 1200 Metern blies der Wind, der aus dem Westen kam, zwar tatsächlich etwas stärker, entscheidend ist aber die Stärke weiter unten, denn der Uetliberg vermag einen grossen Teil des Windes abzufangen. Dort war er klar unter diesen sieben Metern pro Sekunde.
Beim Absprung spielt er keine Rolle, für diesen ist die Geschwindigkeit des Flugzeuges entscheidend. Der Wind ist entscheidend für den Flug.
Sehr schwierig. Es gibt nicht viele Fallschirmspringer in der Schweiz, die eine solch präzise Landung hinlegen können. Bereits auf einem ebenen Flugplatz ohne Hindernisse ist eine Landung auf so kleiner Fläche schwierig. Innerhalb einer Stadt mit all ihren Gebäuden, Bäumen, Leitungen und im Fall von Zürich auch den Schiffen auf der Limmat braucht es sehr viel Erfahrung, um sich dieser Umgebung bewusst zu sein, sie aber auch ausschalten zu können. Der Fokus muss ganz auf dem Ziel liegen. Es ist eine Kombination aus einer extremen Fokussierung auf die Zielmatte mit gleichzeitigem Überblick über die Peripherie.
Am Samstagabend, als wir landeten, war im Pier 7 ein Paar zu Gast. Mit diesem kamen wir ins Gespräch und irgendwann kam die Frage auf, weshalb die beiden noch nicht verheiratet sind. Kurzerhand entschieden sie sich dazu, am Sonntag am selben Ort eine kleine Heiratsantragszeremonie durchzuführen. Es handelte sich also um eine sehr spontane Aktion und wir Fallschirmspringer haben als kleine Überraschung Rosen aus der Luft mitgebracht.
Einer unserer Springer landete nicht auf der Zielmatte, sondern auf einer Gummiente in der Limmat. Die Seepolizei, mit der wir eng zusammenarbeiteten während des Fests, hatte sich «beklagt», dass sie bei uns gar nicht viel zu tun hätten, weshalb wir uns für die letzten Sprünge am Sonntag noch etwas Besonderes haben einfallen lassen. (lacht)
Unvergessen bleiben sicherlich die Sprünge über Städte wie jene am Zürifäscht. Die Möglichkeit, über einer Stadt abzuspringen, sind sehr eingeschränkt, hierfür braucht es immer spezielle Anlässe. Einmal durften wir in Basel beim Tattoo-Festival mitwirken und sprangen mitten in der Nacht in die Show rein. Das war ein aussergewöhnliches Erlebnis, stellen Sprünge in der Nacht doch eine noch grössere Herausforderung dar, weil die Einschätzung der Distanzen in der Dunkelheit nochmals eine ganz andere ist.
Absolut. Er fand innerhalb eines Vorkurses fürs Militär statt und war der Horror, ich hatte eine Höllenangst. Mühe machte mir nur schon das kleine Flugzeug, mir wurde regelrecht schlecht. Als die Türen aufgingen, war der Lärm enorm, der Wind stark und ich hatte Mühe, überhaupt aus dem Flugzeug zu kommen. Noch heute höre ich meinen Instruktor, wie er mich anschreit, ich solle nun endlich springen. Damals war es noch nicht üblich, den ersten Sprung als Tandemflug zu absolvieren. An einer Leine gesichert musste man ganz alleine springen.
So ist es. Heute spüre ich zwar noch immer eine gewisse Anspannung, denn die braucht es für die maximale Konzentration. Nervös bin ich aber nicht mehr, mein Puls erhöht sich kaum noch vor dem Absprung. Noch viel mehr Schiss hatte ich aber übrigens vor dem zweiten Sprung, denn da wusste ich ja, was auf mich zukommen wird (lacht).
An Meisterschaften gibt es verschiedene Disziplinen. Eine davon ist das punktgenaue Landen auf einer Fläche in der Grösse eines Zweifränklers innerhalb einer 30 Zentimeter grossen Scheibe. Diesen gelben kleinen Punkt gilt es zuerst zu berühren, was meistens mit der Ferse gelingt. Diesen treffen wir regelmässig. Ich finde es selber immer wieder beeindruckend, wie präzise wir mit unseren Fallschirmen landen können. Die andere Disziplin besteht aus Figuren im freien Fall, die zu viert in einer gewissen Zeit möglichst schnell vorgeführt werden.
Herausforderungen nehme ich tatsächlich stets gerne an. Ein kontrollierbares Risiko ist mir dabei aber wichtig. Neben dem Fallschirmspringen tauche ich auch gerne oder steige aufs Mountainbike, aber beides im völlig normalen Rahmen, also nicht im Bereich des Extremsportes. Ein Fan von Abenteuern war ich aber schon immer. Bereits als kleiner Bub ging ich gerne Bergsteigen, später liebte ich es, die Aare hinunter zu schwimmen, und für die Künstler in der Luft hegte ich schon früh eine besondere Bewunderung.
Genau jenes, das mit dem Fliegen assoziiert wird: ein absolutes Gefühl von Freiheit. Das Gefühl, aus einem Flugzeug in den Himmel hineinzuspringen, die Erde weit unter einem, ist ein befreiendes. Die Bewegungsfreiheit ist gross, ich fühle mich frei und unbeschwert.
Zu einer wirklich gefährlichen Situation ist es zum Glück noch nie gekommen, aber den Notschirm musste ich auch schon öffnen. Dies kommt selten vor, etwa einmal auf 1500 Sprünge. Und praktisch immer steckt ein menschlicher Fehler dahinter und handelt es sich nicht um einen Materialfehler. Meistens liegt die Ursache im fehlerhaft gepackten Hauptschirm.
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