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30_31/2019 Persönlich Olga und Mike Nauser

Von adminZoZuBo ‒ 26. Juli 2019

Der Weg ist das Ziel

Da waren sie noch in heimischen Gefilden, mittlerweile sind sie bereits auf der «Mongol Rally» unterwegs: Olga und Mike Nauser. (Bild: chi)

Ein Paar aus Zollikon erfüllt sich seinen Traum: Die «Mongol Rally» führt Olga und Mike Nauser weit nach Osten – auf 22 000 Kilometer Strasse durch insgesamt 17 Staaten.

Die Vorfreude ist Olga und Mike Nauser anzusehen. Bei schönstem Wetter sitzen die beiden auf der Terrasse ihrer grosszügigen Wohnung an der Witellikerstrasse. Es sind drei Tage, bevor für das Ehepaar das vielleicht grösste Abenteuer ihres Lebens beginnt: Mit der gelben «Pandüle» – ihr Kosename für den extra für die Reise erworbenen, einst im Einsatz der Post gestandenen Fiat Panda – fahren sie via Deutschland nach Prag. Dort startete am 22. Juli die «Mongol Rally», die gut einen ­Monat später in der russischen Stadt Ulan Ude nördlich der mongolischen Grenze endet. In Längenmassen ausgedrückt, liegen inklusive der Rückfahrt rund 22 000 Kilometer Strasse vor Olga und Mike Nauser. In Zeiteinheiten: 279 Stunden im Auto.

Die Rallye wird seit 2004 durchgeführt und erfreut sich seither jährlich wachsender Beliebtheit. In diesem Jahr stehen 289 Teams am Start, beteiligt sind insgesamt 758 Personen. Wichtigste Teilnahmebedingung: Das Fahrzeug soll möglichst klein (maximal 1,2 Liter Hubraum) und möglichst schrottreif sein. Denn bei dieser Rallye geht es nicht darum, als Erster durchs Ziel zu fahren. Vielmehr steht der Spass im Vordergrund. Je baufälliger das Auto, desto eher ist man unterwegs auf Hilfe angewiesen. Und desto eher kommt man mit Einheimischen oder anderen Rallye­Teilnehmern in Kontakt. Daneben dient die Veranstaltung auch einem guten Zweck: Jedes Team muss mindestens 1000 britische Pfund an eine wohltätige Organisation spenden. Das Zolliker Paar hat sich für ein Projekt zur Rettung des Regenwalds entschieden. 

Olga, die als OP-Schwester arbeitet, und Mike, Service Account Manager bei einem grossen Software-­Hersteller, haben sich 2007 kennengelernt. Seither sind sie ein Paar, seit 2011 auch ein Ehepaar. In Zollikon wohnen sie seit vier Jahren, zusammen mit ihren zwei Katern. Und seit neustem auch mit ihrer «Pandüle», die schon elf Jahre und 140 000 Kilometer auf dem Buckel hat. An der Abschiedsparty wurde sie von Freunden mit allen möglichen Glückwünschen verziert. Gemäss dem Blog der beiden Abenteuerfreudigen freut sich auch das kleine gelbe Auto auf die Reise. Und weil der 50-jährige Mike und die 40-jährige Olga dieses Jahr zusammen 90 Jahre alt sind, heisst ihr Rallye-Team «9ty-Team».

Heimkehr nach Kasachstan

Das Ziel in Ulan Ude ist zwischen dem 14. August und dem 16. September geöffnet. Auf welchem Weg man dorthin gelangt, ist jedem Team selbst überlassen. Die Route der beiden Zolliker führt von Prag zunächst über den Balkan in die Türkei. Ob sie von dort den Iran passieren, hängt etwas von der Entwicklung der politischen Lage ab. Als Alternative wäre der Weg über Georgien, Aserbaidschan und von dort via Schiff übers Kaspische Meer nach Turkmenistan möglich. Der Staat, den sie auf keinen Fall umfahren wollen, ist Kasachstan. Denn hier hat Olga Nauser ihre ersten elf Lebensjahre verbracht. 1990, als Kasachstan noch zur UdSSR gehörte, ist sie mit ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert. Bis dahin hatte sie nur Russisch gesprochen – ab Turkmenistan ein Vorteil auf der Reise.

Seit ihrem Umzug hat die gebürtige Kasachstanerin ihr Heimatland nicht mehr besucht. Schon lange wäre sie gerne in das Dorf ihrer Kindheit zurückgekehrt, auch um es Mike zu zeigen, doch hatte damals das EDA von einer Reise in diese Region von Kasachstan abgeraten. 2011 hatte das Paar in einem BBC-Bericht erstmals von der «Mongol Rally» erfahren. «Schatz, das ist es!», hat Olga Nauser gesagt. «Das ist die Gelegenheit, um in einem geschützten Rahmen nach Kasachstan zu fahren.» Doch so geschützt wie zuerst vermutet, ist man an der Rallye nicht. Der Organisator übernimmt keine Verantwortung für Probleme unterwegs. Es gibt weder Checkpoints noch Servicewagen, jedes Team ist auf sich allein gestellt. Und doch hatte sich der Wunsch, an der Rallye teilzunehmen, in den Köpfen von Olga und Mike Nauser festgesetzt. Nachdem sie die Teilnahme immer wieder hinausgezögert hatten, fanden sie schliesslich doch die Entschlossenheit, um sich anzumelden. 

Gute Gespräche statt Musik

Vorgenommen haben sich die beiden eine durchschnittliche Autostrecke von 350 Kilometern pro Tag. Auf gut in Stand gehaltenen Autobahnen liegt mehr drin, auf Schotterstrassen weniger. Eigentlich kann man für so eine Reise gar keinen Plan machen. Die beiden haben es trotzdem versucht und eine Liste mit ihren jeweiligen Tageszielen erstellt. Nach diesem Plan, inklusive der Rückreise, wären sie insgesamt 63 Tage unterwegs. Wenn alles gut läuft, erreichen sie am 28. August das Ziel in Ulan Ude. «Wenn alles gut läuft», wiederholt Olga Nauser lachend. «Also wenn wir uns nicht verfahren, wenn wir nicht an irgendeiner Grenze festhängen, oder was sonst noch alles passieren kann.»

Man stelle sich vor: 279 Stunden im Auto unterwegs. Das kann sicher auch manchmal öde werden. Wie schlägt das Paar sich die Zeit tot? «Wir führen gute Gespräche», sagen beide unisono. Und wenn alle ­Stricke reissen, verfügt das Auto auch noch über einen CD-Player. Doch obwohl das Paar gerne Musik hört, bleibt dazu meistens gar keine Zeit. Das wissen sie von den Autofahrten ins Saarland zu Olgas Eltern, die von Zollikon immerhin dreieinhalb Stunden dauern. Immer haben sie etwas zu diskutieren und zu erörtern. Zum Beispiel werweissten sie neulich, warum gewisse Flüsse männliche Namen tragen und andere weibliche. Warum heisst es der Inn, aber die Donau? Wie sie dann herausgefunden haben, gehen die Namen auf die Kelten oder die Römer zurück. Manchen Flüssen wurden weibliche Kräfte zugeschrieben und anderen männliche. Diese Kräfte leben in den Namen bis heute fort.

Strassenkarten und Ravioli

Vor dem Start sind .Olga und Mike Nauser ein bisschen nervös. Doch sie haben so gut wie möglich vorgesorgt. Neben dem Routenplan nehmen sie auch einen GPS-Tracker mit. Dadurch kann man auf ihrem Blog immer verfolgen, wo sie sich gerade aufhalten. Ausserdem hat Mike Nauser darauf bestanden, von allen Ländern, die sie passieren wollen, Strassenkarten zu besorgen. Diese liegen nun säuberlich auf­gereiht auf dem Tisch. Auf den Gepäckträger, der auf dem Dach der «Pandüle» montiert ist, kommen vier Ersatzreifen und zwei volle Benzinkanister. Obwohl sie mehrheitlich in Hotels oder sonstigen Unterkünften schlafen möchten, haben sie auch ein Zelt dabei – man weiss nie, ob man nicht auf ein romantisches Plätzchen stösst, das zum Campieren einlädt. Als Notvorrat kommen einige Büchsen Ravioli mit – auch das war seine Idee. Sie hingegen hofft, dass alle Büchsen wieder heil in der Schweiz ankommen.

Nach Erreichen des Ziels wollen Olga und Mike Nauer via Russland wieder zurückfahren. Natürlich am liebsten in ihrer «Pandüle», sofern es denn auch diese so weit schaffen sollte. Doch das eigentliche Ziel des Paars liegt nicht in Ulan Ude, sondern auf dem Weg dorthin. 

Reiseblog von Olga und Mike: In ihrem Blog werden Olga und Mike Nauser regelmässig von ihren Reiseabenteuern berichten. Ihr aktueller Standort lässt sich über den GPS-Tracker verfolgen: mongolrally2019.ch/live-tracking/
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