42/2019 Filmkritik «Bäckerei Zürrer»

Von adminZoZuBo ‒ 17. Oktober 2019

«Du chasch jetz dä Beck Zürrer sii»

Die Zukunft des Films ist digital. Auch für die Schweizer Filmklassiker. Eben hat «filmo», eine Initiative des Vereins «CH.Film», die dritte Staffel mit zehn neuen Schweizer Filmklassikern lanciert, die per sofort in jede Schweizer Stube gestreamt werden können.

Was passiert mit dem Schweizer Filmerbe? Mit den Klassikern aus den 40er-­ und 50er-­Jahren? Mit den Glauser-­Verfilmungen um Wachtmeister Studer und den Gotthelf-­Verfilmungen um die Bauernsame im Emmental? Und all die anderen Klassiker, die früher irgendwann mal noch am Sonntagabend am Schweizer Fernsehen liefen? Wie lange kann die Qualität des ständig alternden Filmmaterials noch erhalten werden? Nicht ewig, meinen die Vertreter des Vereins «CH.Film», welche die Initiative «filmo» ins Leben gerufen haben und mit Hilfe von Migros-­Geldern die Digitalisierung der Schweizer Filmklassiker vorantreiben. Damit wird es möglich, das Filmmaterial auf absehbare Zeit zu sichern und auch wieder kommerziell zu nutzen, was bedeutet, es den Filminteressierten über heute immer mehr verbreitete Kanäle wie Streaming-­­Dienste zugänglich zu machen. Auf ­www.filmo.ch findet der Filmfan einen Katalog mit den bereits restaurierten und zugänglich gemachten Filmen – und auch gleich einen direkten Link zu den verfügbaren Streaming-­Anbietern. Grund genug, um umgehend einen Blick auf ­einen der neu restaurierten und erstmals vollständig digitalisierten Klassiker zu werfen.

«Bäckerei Zürrer» in noch nie da gewesener Qualität

In Kurt Frühs Langstrasse-­Kosmos rund um den Beck Zürrer kommt praktisch alles vor an Schweizer Alltagsproblemen und Schicksalsschlägen der 50er-­Jahre: Vater-­Sohn-­­Probleme in verschiedenen Schattierungen, Seitensprung und ungewollte Schwangerschaft, persönliche Konflikte zwischen Selbstverwirklichung (obwohl es dieses Wort damals noch nicht gab …) und den realen Anforderungen des ­Lebens, Partnersuche und Eheschliessung, Zusammenleben zwischen Schweizern und Ausländern, Geschäftsauf-­ bzw. übergabe, das Leben der Randständigen. Kurt Früh verknüpft auf mehr oder weniger elegante Weise die Schicksale von drei Familien und drei Generationen. Eines der verbindenden Elemente ist, dass die Protagonisten in jeder Krise einsam durch die Strassen Zürichs streifen und sich ziellos treiben lassen. Und wenn man dem Regisseur glauben will, braucht es manchmal ganz wenig, bis jemand abstürzt oder eben im letzten Moment doch noch den Rank findet. Und dass in der Bäckeranlage einst Konzerte eines biederen Musikvereins gegeben wurden, kann man sich fast nicht mehr vorstellen. Viele Schweizer Filmstars von damals wie Emil Hegetschweiler, Ettore Cella, Margrit Winter, Max Haufler, Armin Schweizer und andere mehr bereichern den Film. Wer am Sonntagabend Lust auf eine Zeitreise in HD-­Qualität in die Stadt Zürich der 50er-­Jahre hat, kommt mit «Bäckerei Zürrer» voll auf seine Kosten.

Bäckerei Zürrer Trailer

Unser Filmkritiker meint: 3,5 von 5 Sternen 
 

«Bäckerei Zürrer» (1957), Drama, 1 Stunde 45 Minuten, in HD-­Qualität 
bei: Teleclub, Cinefile, iTunes, upc
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