Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 27. März 2020
Die Schulen in Zollikon und Zumikon haben schnell Konzepte für den präsenzfreien Unterricht entwickelt und setzen diese jetzt um.
«Ich vermisse die Schule manchmal.» Mit Kinderhandschrift steht das im neuen, grossen Briefkasten auf dem Zumiker Pausenplatz. Und so wird es wohl vielen gehen – Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen. Nach fast zwei Wochen «Schule zuhause» haben sich die Fangstricke und Möglichkeiten gleichermassen präsentiert. In der Primarschule Zumikon wurde unter Hochdruck ein Konzept erarbeitet, das ein Basisangebot für den Kindergarten und die Primarstufe bereitstellt und zudem den Eltern Vorgehensweisen vorschlägt. «Dass das in der Realität manchmal anders aussieht, wissen wir auch», räumt Schulleiter Philipp Apafi ein. Schon Anfang vergangener Woche hatten alle Mütter und Väter einen Informationsbrief erhalten. Den Eltern wurde geraten, für eine geregelte Tagesstruktur und einen festen Arbeitsplatz zu sorgen. Jeden Vormittag sollen die Schulkinder in drei obligatorischen Lerneinheiten à 40 Minuten in den grundlegenden Fächern arbeiten. Am Nachmittag sollen dann freie Lektüre, musische Aktivitäten und Bewegung im Vordergrund stehen. In der Kindergartenstufe sollen die Eltern unter anderem für ausreichend medienfreie Spielzeit sorgen.
Einen Schwerpunkt legt die Schule Zumikon auf die Kommunikation. So erhalten die Schülerinnen und Schüler nicht nur durch Mails Arbeitsaufträge, jedes Kind hat auch wöchentlich einen festen – physischen – Termin von maximal 15 Minuten mit der Klassenlehrperson. An diesen Kontakttagen können erledigte Arbeiten abgegeben und neue in Empfang genommen werden. «Wir möchten diesen Kontakttag so lange wie irgend möglich aufrecht erhalten, damit Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler im Austausch bleiben», unterstreicht Philipp Apafi. Können die Kinder und Eltern nicht selber zur Schule kommen, wird der Schulleiter zum Boten. Kontakt könnten die Kinder auch über den überdimensionalen Briefkasten halten, den Schulsozialarbeiter André Becchio erstellt hat. Über ein gekipptes Fenster können so Briefe, Zeichnungen, Mitteilungen in die Schule gelangen. Was die Mädchen und Jungen kommunizieren wollen, bleibt völlig ihnen überlassen. Vielleicht ist es ein Gruss an den Koch oder ein selbstgemaltes Bild für die Klassenlehrerin. Jeder Brief wird auch persönlich beantwortet.
Auch die Lehrpersonen untereinander kommunizieren digital. Es gibt keinerlei physische Sitzungen mehr. «Wir halten Videokonferenzen ab und arbeiten für Chats und Datenaustausch mit Microsoft Teams, das bei uns schon seit einem Jahr eingeführt ist.» Noch vor den Frühlingsferien sollen die Eltern über das Konzept befragt werden, da durchaus die Möglichkeit besteht, dass die Zeit des Homeschooling über den 19. April hinaus andauert.
Auch an der Sekundarschule Buechholz in Zollikon wurde am Wochenende direkt nach Bekanntgabe der Schliessung schnell an einem Konzept gearbeitet. «Zahlreiche offene Fragen standen im Raum, die sich unterdessen zum grossen Teil geklärt haben», erinnert sich Schulleiterin Simone Hürlimann. Doch viele Lehrpersonen hätten sich schon im Vorfeld Gedanken zum präsenzfreien Unterricht gemacht, ebenso sei man überrascht, wie gut die Jugendlichen mitarbeiten würden. «Sie erledigen ihre Aufgaben gewissenhaft.» Erleichtert wird das auch dadurch, dass die Schüler und Schülerinnen das Online-Werkzeug «Teams» schon aus dem Alltag kennen und sich nicht neu einarbeiten mussten.
Über den digitalen Weg kann mit den Jugendlichen telefoniert oder per Videochat kommuniziert werden. Parallel haben die Jugendlichen den Auftrag, ein Tagebuch oder Lernjournal zu führen. «So wissen die Lehrpersonen auch, wo die Jugendlichen gerade stehen und wie sie sich fühlen», erläutert Simone Hürlimann. Grundsätzlich ist das Ziel, wirklich an einer Wissenserweiterung zu arbeiten – nicht die blosse Beschäftigung. Dafür sollen die Schülerinnen und Schüler jeden Tag für vier Stunden Aufträge mit festen Abgabefristen erhalten. Sie bekommen aber nicht nur Mathematik- und Sprachaufgaben. So geben die Sportlehrpersonen Ideen für Work-outs zu Hause, für die Hauswirtschaft gibt es den Auftrag, einen Zopf zu backen oder für
das Bildnerische Gestalten zeichnen sie weiter an Mustern. Bei allen schwierigen Aspekten des Unterrichts sieht Simone Hürlimann aber auch, dass die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit der IT sehr gut lernen. «Dies hätte im Präsenzunterricht so nicht erreicht werden können», ist sie sicher. Und trotzdem sagt sie auch: «Wir freuen uns darauf, wenn wir die Schülerinnen und Schüler wieder im Schulhaus begrüssen dürfen. Der soziale Kontakt und der Austausch ‹face to face› fehlen uns definitiv.»
Digital fit werden auch die Mittelstufenkinder der Primarschule nach der Zwangspause sein. Auch sie arbeiten vermehrt mit dem Tool Microsoft Teams, erhalten so Aufträge und Aufgaben, werden darüber korrigiert und benotet. «Die Mittelstufenschülerinnen und -schüler durften alle zur Vereinfachung der Arbeit ihr ‹Convertible› gegen Unterschrift, auch jener der Eltern, mit nach Hause nehmen. Die Unterstufenschülerinnen und -schüler sollen sich für allfällige elektronisch zu lösende Aufgaben an einen privaten Computer der Eltern setzen», erläutert Georges Behna, Leiter des Schulhauses Oescher.
In der Primarschule Zollikon haben sich die Lehrpersonen darauf geeinigt, dass die Kindergartenkinder täglich für 30 Minuten Dauer Aufträge bekommen. Die Erstklässler erhalten 60 Minuten, die Zweit- und Drittklässler zwei Stunden und die Mittelstufe drei Stunden. Den Aufträgen sind Fristen gesetzt, bis wann diese abgegeben werden sollen. «Wir arbeiten neben der Festigung des bereits erworbenen Wissens ebenso an einer Wissenserweiterung. Wir möchten, dass die Schülerinnen und Schüler in der präsenzfreien Zeit Fortschritte machen. Es ist uns aber auch klar, dass die lernschwächeren Schülerinnen und Schüler auch Nachteile aus dem Fernunterricht erfahren könnten. Dafür sind die schulischen Heilpädagogen und andere Fachlehrpersonen aus DaZ, Logopädie und Psychomotorik zuständig. Diese stehen im engen Kontakt mit den Klassenlehrpersonen und natürlich auch in Direktkontakt mit den Kindern», führt Georges Behna weiter aus.
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