Gopfridstutz! Schwiizerdütsch chasch nöd?

Von Antje Brechlin ‒ 12. Juni 2020

3464 Ausländer leben in Zollikon. Das sind ein wenig mehr als 26 Prozent der Bevölkerung unserer Gemeinde. Längst spricht nicht mehr jedes Kind Mundart. Wie geht man in Zollikon damit um?

Kinder spielen zusammen – und verständigen sich problemlos. (Bild: Pixabay)
Kinder spielen zusammen – und verständigen sich problemlos. (Bild: Pixabay)

Die Gemeinde hat im April dieses Jahres einen Ausländeranteil von 26,28 Prozent ermittelt. An der Spitze liegen die Deutschen mit über acht Prozent. Die Italiener folgen mit über zwei Prozent. An dritter Stelle liegen die Franzosen mit eineinhalb Prozent. Auch Österreicher, Briten, Portugiesen, Amerikaner, Spanier und Niederländer leben in Zollikon – viele mit einem Schweizer Partner oder Partnerin. Wie in der schweizerisch-irischen Familie Barry werden meist zwei Sprachen gesprochen: «Bei uns redet jeder in seiner Muttersprache. Mein Mann spricht Englisch mit mir und unserer dreijährigen Tochter, ich spreche Dialekt mit beiden», erzählt Franziska Barry. «Unsere Tochter antwortet mir auf Schweizerdeutsch und meinem Mann auf Englisch. Das ist ganz natürlich. Wir alle profitieren davon.»

In den Primarschulen spielt Mundart nur in den Pausen eine Rolle. Im Unterricht wird der Schulstoff auf Hochdeutsch vermittelt; das ist klar festgelegt. Im Kindergarten sieht es im Kanton Zürich anders aus. 53,9 Prozent stimmten im Mai 2011 dafür, «das mer im Chindsgi nu no dörf Mundart rede». Die Stimmbeteiligung betrug 34 Prozent. Wie viele der Stimmberechtigten zwei- oder sogar mehrsprachig aufgewachsen sind, ist unbekannt. Die Initianten hatten erreicht, dass die heimatmüden Schulglocken nur noch auf Schwiizerdüütsch bimmeln dürfen.

Die Realität in Zollikon sieht nicht so aus, als würden die Kinder in der Mundart-Zwangsjacke sprachlich verkümmern. Die Lehrpersonen sind gewohnt, mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen umzugehen: Mit Mundart sprechenden Kindern sprechen sie auch Mundart, die anderen führen sie an den schweizerdeutschen Dialekt heran.

Mundart ist auch kein Muss bei Einbürgerungen. Bei den ordentlichen Einbürgerungen wird ein Deutschtest auf Hochdeutsch verlangt. Bei erleichterten Einbür­gerungen reicht es, eine der vier Landessprachen zu sprechen. Im «Deutsch als Zweitsprache»-Unterricht (DaZ) wird laut Schulpflege-Präsidentin Corinne Hoss allen Kindern generell Hochdeutsch und nicht Dialekt gelehrt, selbst wenn die Eltern Schweizer sind, im Ausland gelebt haben und mit ihren Kindern nie in ihrer Muttersprache gesprochen haben.

Wie immer man zur Mundart steht, konservieren lässt sie sich nicht. Wie andere Sprachen verändert auch sie sich, mischt sich mit Balkan-Slang, deutschen, spanischen, englischen Ausdrücken, mit Einflüssen aus aller Welt. Kinder gehen ganz selbstverständlich damit um. Ob sie sich mögen oder auch nicht, hat nichts mit einer einheitlichen Sprache zu tun. Erwachsene könnten in Sachen Toleranz von ihren Sprösslingen einiges lernen.

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