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Der Herr der Bienen

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 11. Februar 2021

Hans Züger ist Zollikons ­bekanntester Imker und ­kümmert sich auch im Winter um seine 60 Stöcke.

Auch im Winter schaut Hans Züger regelmässig nach seinen fleissigen Bienen. (Bild: bms)
Auch im Winter schaut Hans Züger regelmässig nach seinen fleissigen Bienen. (Bild: bms)

Eigentlich ist das Stück Land eine Oase. Ein Bächlein plätschert, in einem Teich tummeln sich Fische, nebenan kräht ein Hahn, in einer Ecke steht noch das alte Baumhaus der Kinder, in der Hütte sorgt ein Kamin für wohlige Wärme. Leider leitet direkt hinter der Liegenschaft die Forchstrasse unzählige Autos in die Stadt und wieder zurück. Aber Hans Züger ist auch nicht hier, um sich auszuruhen. Er hat reichlich zu tun. Der 69-Jährige ist der Ansprechpartner, wenn es um ­Honig und Bienen geht. Auf dem Stück Land auf der Grenze von ­Zumikon zu Zollikerberg stehen seine 60 Bienenstöcke.

Gute Ernte im letzten Jahr

Er wird gerufen, wenn sich irgendwo ungebetene Bienen zusammengefunden haben; er hält Vorträge und Kurse für interessierte Hobbyimker und sorgt dafür, dass Zollikon seinen eigenen Honig hat. ­Eigentlich hätte er die Ernte vergangenes Jahr auf der Chilbi und dem Weihnachtsmarkt verkauft, doch 2020 war alles anders. Für Bienen allerdings ein aussergewöhnlich gutes Jahr. Reichlich ­Honig hatte Hans Züger ernten können. Wobei niemand weiss, ob die Bienen nicht gerade wegen des Lockdowns glücklicher waren.

Ein Volk von Honigbienen umfasst zur Hochsaison im Frühsommer bis zu 50 000 Exemplare. Was auf den ersten Blick wie ein heilloses Durcheinander wirkt, ist in Wahrheit ein durchorganisierter Superorganismus. Alle Mitglieder des Staates, ob Königin, Arbeiterinnen oder Drohnen, verfolgen das gleiche Ziel: das Überleben des Volkes.

Angefangen hat Hans Zügers Interesse schon im Alter von zehn Jahren. Damals kaufte er sich seinen ersten Stock. «Ich war einfach fasziniert von den Tieren», erklärt er rückblickend. Dabei hatte es nicht als grosse Liebe begonnen. Von ­einer Biene ins Auge gestochen, konnte er lange nicht gut sehen. Vielleicht weckte der Stich die ­Demut vor den intelligenten Insekten. Angst vor Stichen hat er nicht mehr. «Wichtig ist, dass man sich langsam bewegt, nicht hektisch mit den Armen fuchtelt.» In einem ­Bienenschwarm sollte man vor ­allem den Mund fest schliessen. Dass auch andere Körperöffnungen verlocken, musste ein Kursteilnehmer erfahren. Eine Biene hatte ihn ins Ohr gestochen. «Der baumlange Kerl ist wie ein Stein umgefallen», erinnert sich Hans Züger. Doch kurze Zeit später sei der Mann wieder gestanden.

Bienen heizen selber

Zurzeit ist nicht so viel zu tun. Die Bienen halten ihren Winterschlaf – die meisten zumindest. Damit es im Innern der Bienentraube auch kuschelig warm wird, schlagen die Bienen aussen wie wild mit ihren Flügeln und heizen so richtig ein. Wird es ihnen zu kalt, dringen sie selber ins Innere, andere übernehmen die Aufgabe. «Wenn man leise ist, kann man das Summen sogar hören», erklärt der Fachmann. Ein einziges Volk braucht bis zu 15 Kilo Futter, um gut durch den Winter zu kommen. Im April beginnt dann die Saison für die Honigernte. Dann wird der eher milde Honig in ­
Gläser abgefüllt. «Der Honig vom Juni oder Juli schmeckt viel intensiver.» 500 bis 600 Kilo Honig erntet der Zolliker pro Jahr mit seinen fleissigen Bienchen.

Immer mehr Menschen erkennen, wie wichtig Bienen für die Vielfalt der Natur, als Pollenüberträger für Obst und Gemüse sind. Rund ein Drittel unserer Nahrungsmittel wachsen nur, weil sie von Insekten bestäubt werden. Honigbienen ­tragen rund 80 Prozent zu dieser Bestäubung bei. Immer mehr Menschen möchten selber zum Imker werden. «Wer es seriös machen möchte, muss eine mindestens zweijährige Ausbildung absolvieren. Von den Kurzkursen mit ihren Urkunden halte ich nichts», betont der Imker. Immerhin arbeite man mit Tieren und trage Verantwortung für sie. Auch von seinem Bio-Zertifikat hat er sich verabschiedet. «Da kam ein Bauer, der mich und meine Bienenstöcke überprüfen wollte, vom Metier aber keine ­Ahnung hatte. Ich habe das Zertifikat zurückgegeben, mache alles wie vorher, nur dass ich im Herbst keinen Biozucker mehr für das Futter verwende.»

Auch in den Wintermonaten schaut Hans Züger regelmässig nach den Völkern. Er zieht eine so genannte Windel unter einem Stock hervor. Ein paar tote Bienen liegen da und scheinbar etwas Schmutz. Der ­Imker zückt die Lupe und stellt fest, dass nicht alles Dreck ist – er findet auch eine tote Varroamilbe. Die aus Asien stammende Milbe ist der Hauptfeind der Biene. Mit Ameisensäure reinigt Züger penibel immer wieder die Waben, um einem Befall vorzubeugen. Eine Bedrohung ­seien auch die Monokulturen und das frühe Mähen der Blumenwiesen. Er selber hat – nicht fürs Auge – eine bunte Wiese angelegt. Ob er nicht auch mal ab und zu seiner Frau einen Strauss mitbringt? «Besser nicht. Dann denkt sie, ich habe was angestellt», lacht Hans Züger verschmitzt.

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