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Wolff gibt Dossier ab – Zollikon atmet auf

Von Tobias Chi ‒ 18. Februar 2021

Die geplante Spurenreduktion an der Bellerivestrasse ist vorerst vom Tisch. Politiker und Gewerbler aus Zollikon zeigen sich erleichtert.

Die Bellerivestrasse soll für den Autoverkehr weiterhin vierspurig bleiben. (Bild: chi)

Richard Wolff hatte im vergangenen September für Aufregung gesorgt: Der Zürcher Tiefbauvorsteher wollte an der Belle­rivestrasse versuchsweise zwei von vier Spuren schliessen, um diese für den Veloverkehr freizugeben. Politiker und Gewerbler aus den anliegenden Gemeinden – allen voran Zollikon – hatten heftig protestiert, weil sie eine massive Verkehrsbelastung abseits der Hauptverkehrsachse befürchteten. Letzte Woche hatte Richard Wolff dann verkündet, dass das Experiment, das ­eigentlich kommenden April hätte beginnen sollen, vorerst auf Eis liege. Zum weiteren Vor­gehen blieb er vage. Sicher ist, dass seine Stadtratskollegin Karin Rykart, die dem Sicherheitsdepartement vorsteht, das Dossier übernommen hat.

Konstruktiver Dialog

Das sind zunächst einmal gute Nachrichten für Zollikon. «Wir sind grundsätzlich sehr erleichtert», sagt Gemeindepräsident Sascha Ullmann. Auch er fühlte sich im September durch den Alleingang von Richard Wolff brüskiert. «Als die am stärksten betroffene Anrainergemeinde sind wir enttäuscht, dass uns die Stadt nicht mehr in die Planungsprozesse miteinbezogen hat», sagte er damals im Zolliker Zumiker Boten. Danach sei man aber in einen kon­struktiven Dialog mit der Stadt getreten: «Wir sind zuversichtlich, dass wir die Gespräche partnerschaftlich weiterführen können.» Sascha Ullmannn erlebte Stadt­rätin Karin ­Rykart, die er bereits kennengelernt hat, als offen und verständig gegenüber den Zolliker Anliegen. Abgesehen von der Sistierung des Spurabbaus müsse die Bellerivestrasse ohnehin bald saniert werden. «Natürlich bemühen wir uns um eine verträgliche ­Lösung für Zollikon während der Sanierungsphase.»

Umfassendes Verkehrskonzept

Auch Sascha Ullmanns Partei, die Grünliberalen (GLP), zeigen sich grundsätzlich erfreut über die ­Entwicklung. «Was es braucht, ist ein umfassendes Verkehrskonzept, um im Speziellen auch für Zollikon keinen Mehrverkehr zu generieren», sagt Philippe Guldin, Präsident der GLP Küsnacht-Zollikon. Seine ­Partei habe in der Vergangenheit bereits das Konzept der flexiblen einseitigen Doppelspurigkeit ins Spiel gebracht. «Wir sind froh, dass man nun wieder ergebnisoffen diskutieren kann und sich bei dieser Gelegenheit auch über Velo­schnellrouten Gedanken machen kann.» Ob eine entsprechende ­Route an der Belle­rivestrasse entlangführen könnte oder ob es dafür bessere Routen gäbe, bleibe zu diskutieren.

«Ich bin sehr froh, dass die Spurenschliessung vorerst vom Tisch ist», sagt Jürg Widmer. Der Präsident des Gewerbevereins Zollikon hält es für einen riesigen Vorteil, dass die vielen Zolliker Gewerbler, die in der Stadt Aufträge ausführen, die Bellerivestrasse nutzen können. Eine Alternative sieht er nicht, für Velos kämen andere Routen infrage. «In verkehrsplanerischer Hinsicht traue ich dem Kanton mehr zu als der Stadt. Es müssen vernünftige Lösungen erarbeitet werden, die nicht allein dazu dienen, den Verkehr vor den Grenzen Zürichs aufzuhalten.» Für Jürg Widmer ist es ebenfalls unabdingbar, dass Zollikon eng in die Pläne der Stadt miteinbezogen wird.

Im gutnachbarschaftlichen Sinn

Auch bei der FDP Zollikon freut man sich, dass die Stadt Zürich vom geplanten Spurabbau abrückt und unter Stadträtin Rykart einen Neuanfang wagt. Im gutnachbarschaftlichen Sinn solle jetzt nach tragfähigen Lösungen für die verschiedenen Verkehrsträger gesucht werden. «Auch die Bevölkerung von Zollikon wünscht sich sicherere Velowege und -verbindungen in und durch die Stadt Zürich», sagt FDP-Präsidentin Lisa Meyerhans. «Wir wünschen uns aber auch Respekt für unsere Situation.» Es gebe an der Goldküste nur wenige Achsen nach Zürich, und die führten alle durch Zollikon. Die Verkehrsbelastung und der Stau seien für unsere Gemeinde heute schon beträchtlich. Diese Strassen seien ­essentielle Transitachsen, um aus der Region Pfannenstiel auch andere Gebiete des Kantons und der Schweiz zu erreichen. «Es rächt sich jetzt, dass es für unsere Region bis heute keine vernünftigen Entlastungsstrassen zur Umfahrung der Stadt Zürich gibt.»

Die SVP Zollikon hatte im letzten Spätsommer deutliche Worte gegen das Vorhaben des Zürcher Stadtrats gefunden. Damals hatte die Ortspartei vom Vorsteher des Tiefbaudepartements einen anfechtbaren Entscheid gefordert, um allenfalls rechtlich dagegen vorzugehen. ­«Richard Wolff hatte sich einmal mehr über alle hinweggesetzt», sagt der Zolliker SVP-Präsident Thomas Gugler. Nicht nur habe er kantonales Recht und auch entsprechende Vorgaben missachtet, sondern auch Stadtratskollegen und Interessegruppen nicht vorgängig involviert. «Und das bei einem so wichtigen Projekt, das auch aus verkehrsplanerischer Sicht nicht nachvollziehbar ist.» Das Verkehrschaos in Teilen der Stadt und den Aussengemeinden wäre vorprogrammiert, und auch für den Veloverkehr wäre nichts gewonnen.

Sinnvollere Alternativen

Thomas Gugler weiss, wovon er spricht, denn er fährt regelmässig mit dem Velo von Zollikon nach Zürich-Altstetten zur Arbeit. Aus seiner Sicht gibt es gar keinen Grund, den Autoverkehr an der Belle­rivestrasse zusätzlich zu belasten. «Viel sinnvoller wäre es, die bereits bestehenden Velorouten entlang des Sees oder an der Mühle­bachstrasse auszubauen.»

Wie geht es weiter? Mathias Ninck, Leiter Kommunikation des Sicherheitsdepartements Zürich, bestätigt, dass schon ein erstes Gespräch zwischen Karin Rykart und der Gemeinde Zollikon stattgefunden hat. Über einen Zeitplan oder nächste Etappen könne er noch nichts sagen. «Das wird sich aus weiteren Gesprächen ergeben.»

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