Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 12. März 2021
«Bäumig»: Die Ausstellung über das Mensch-Wald-Verhältnis im Ortsmuseum Zollikon zeigt viele Facetten.
Eigentlich lag es fast auf der Hand, eine Ausstellung über den Wald zu machen – sind wir doch jetzt alle zu Fuss, mit Hund oder auf dem Velo im Wald unterwegs. Dazu kommt, dass Zollikon über die älteste Holzkorporation der Schweiz verfügt. Museumsleiterin Mirjam Bernegger ist es gelungen, im Ortstmuseum eine vielfältige und kurzweilige Ausstellung zu konzipieren.
Der Besuch beginnt mit allgemeinen und auch überraschenden Informationen. Ein Drittel der Schweizer Fläche ist mit Wald bedeckt – das gilt auch für Zollikon. Jedes Jahr kommt landesweit eine Fläche in der Grösse des Thunersees dazu. Die Waldwirtschaft ist auch ein grosser Arbeitgeber: Mehr als 100’000 Arbeitsstellen bietet sie. Auf jeden Einwohner kommen sage und schreibe 66 Waldbäume.
Weiter geht es mit lokalen Fakten: Auch in Zollikon – der waldreichsten Gemeinde im Kanton – wächst der Wald weiter. Die letzte grosse Rodung fand nach dem zweiten Weltkrieg statt, als die Schweiz dafür sorgen wollte, dass die Einwohner sich selber mit Kartoffeln und Getreide versorgen können, um nicht auf Einfuhren aus dem Ausland angewiesen zu sein.
Von der Geschichte geht es in die Gegenwart. Der Wald ist nämlich nicht nur das Zuhause vieler Tiere, er ist Arbeitsort, Sportarena, Ruheoase und Freizeitstätte. Das erfährt der Besucher im ersten Obergeschoss, wo an Hörstationen das Leben im Wald erlebbar wird. Da erzählt Forstwart Arthur Bodmer über seine Arbeit. Seit 1987 schon ist er Revierförster und sieht vor allem den Borkenkäfer und den Klimawandel als Gefahr für den heimischen Wald. Über ein ganz besonderes Phänomen weiss Dendrochronologe Felix Walder (mit passendem Namen) zu berichten. Er befasst sich wissenschaftlich mit der Geschichte und dem Alter von Bäumen. Lebhafter geht es bei Bettina Minder weiter. Sie leitet eine Waldspielgruppe und verfolgt begeistert, wie die Kinder selbstbewusster werden, wenn sie in der Natur unterwegs sind und von ihr lernen.
Ruhiger wird es dann wieder bei Inge Kerber. Sie lädt zum Waldbaden ein, und zwar nicht als esoterisches Erlebnis, sondern als Tankstelle für die Seele. Wo ein Wald ist, ist ein Jäger nicht weit. Das ist in Zollikon zum Beispiel Caroline Bieger-Merkli, die just die Prüfung bestanden hat und klar sagt: «Für mich ist der Wald ein Kraftort.» Für Hans Peter Neukom dagegen ist der Wald eher Speisekammer. Der Pilzkontrolleur ist seit über 25 Jahren im Amt. Immerhin gibt es bei uns rund 6500 Arten.
Wer in die Geschichte des Zolliker Waldes eintauchen möchte, ist im Untergeschoss an der richtigen Adresse. Hauchdünne Pergamenturkunden erzählen von alten Zeiten. So gründeten im April 1330 250 Personen die Holzkorporation. Einzigartig dabei war, dass eine Bauerngemeinde als Rechtspersönlichkeit auftrat. Noch heute besitzt die Korporation die grössten Anteile des heimischen Waldes.
Dass Mirjam Bernegger eine ansprechende und anregende Ausstellung gelungen ist, zeigt ein Eintrag im Gästebuch nach der Eröffnung: «Eine sehr schöne Ausstellung. Ich gehe jetzt in den Wald spazieren.» Mehr Motivation kann Kunst nicht leisten.
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