Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 18. März 2021
Als Referent zur Digitalisierung in der Schule scheiterte Thomas Staub gleich auf mehreren Ebenen.
Nachdem nun feststeht, dass die Schule Juch ihre Schüler und Schülerinnen mit eigenen Tablets ausstatten will, gingen die Eltern den logischen nächsten Schritt. Sie luden zu einem Zoomvortrag über digitales Lernen ein. Dazu konnten sie Thomas Staub von der Pädagogischen Hochschule Zürich engagieren, Leiter des Projekts «SAMT» (Schulen arbeiten mit Tablets). Die Ausrüstung mit der Hardware ist die eine Sache, der richtige Umgang mit den digitalen Möglichkeiten und Versuchungen eine andere. Doch die Chance wurde vertan. Der Referent scheiterte an mehreren Faktoren. Zuerst an der Technik. Ein digitaler Vortrag verleitet dazu, Filmausschnitte oder Töne einzubauen. Der Ton des Vortrags war zunächst nicht eingeschaltet, bei einer Filmsequenz mit Richard David Precht stimmten Ton und Bild nicht überein. Eine solche Schere zerschneidet den Inhalt.
Der Vortrag war zudem wirr strukturiert. Es ging zunächst um die Auswirkungen der rasenden Digitalisierung auf den Tourismus, die Transportbranche, die Medizin und das Homeoffice. Fazit: «Ihr Kind sollte besser keine Ausbildung zum Chauffeur machen. Die werden demnächst nicht mehr gebraucht.» Thomas Staub ging weiter der Frage nach, wie kompetente Mitarbeiter für die Zukunft geschaffen werden. Er warf die Frage auf, was Bildung eigentlich sei, was die Rolle einer Lehrperson und was überhaupt gelernt werden müsse. Schliesslich seien beim anstehenden Klimawandel, bei weiteren Pandemien oder bei einem Kollaps des Finanzsystems andere «Future Skills» notwendig. «Es ist dabei ganz schwierig einzuschätzen, welche Kompetenzen mal wichtig werden», gab er den Eltern mit auf den Weg und brachte so wenig Licht in das Dunkel. Grundsätzlich stellte der Referent mehr Fragen, als dass er Antworten parat hatte. Er stellte den 45-Minuten-Rhythmus einer Unterrichtsstunde in Frage, den Stundenplan an sich ebenfalls. Fest steht für ihn aber: «Der Unterricht muss mit oder ohne digitale Hilfsmittel so gestaltet sein, dass das Lernen im Vordergrund steht.» Eine wenig überraschende Erkenntnis. Schliesslich widmete er sich konkret der digitalen Kompetenz. Er möchte, dass die Kinder verstehen, wie eine Suchmaschine genutzt und finanziert wird, wie sie funktioniert und wie ein Algorithmus arbeitet. Auch im Kindergarten sei digitales Lernen sinnvoll. Über einen QR-Code könnten sich die Kinder ein Youtube-Tutorial zum Basteln ansehen – es müsse nur zuvor das benötigte Material bereitgelegt werden, und schon könne sich die Erzieherin in dieser Zeit um andere Kinder kümmern.
Auch die abschliessenden Ratschläge konnten nicht punkten. Er riet zu einer vielseitigen Freizeitgestaltung, zu gemeinsamen Aktivitäten wie spazieren oder kochen, zu Grenzen und festen Medienzeiten. Er forderte die Eltern auf, sich für die Aktivitäten der Kinder zu interessieren und sich der eigenen Vorbildfunktion bewusst zu sein.
Diese Tipps haben auch Eltern, die sich nicht für die Digitalisierung interessieren, schon zu oft gehört.
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