Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 15. April 2021
Im Blumenrain fürchtet man sich vor Lärmbelästigungen durch steile Haltestelle und neuen Fahrplan.
Eigentlich herrschte überwiegende Zustimmung am Blumenrain, als eine bessere Erschliessung des Gebiets über den öffentlichen Verkehr mit einer neuen Buslinie angekündigt wurde. Diese positive Stimmung ist verflogen, je mehr Details über die Buslinie öffentlich wurden. So sind die Anwohner davon ausgegangen, dass ein «Quartierbus» nur sporadisch den Blumenrain entlang fahren werde. Ausserdem war ihnen nicht bekannt, dass eine Haltestelle an der steilen Kreuzung Blumenrain und Niederhofenrain vorgesehen ist. «Zudem war von einem Elektrobus die Rede, der aus finanziellen Gründen jedoch noch länger nicht komme», schliesst Richard Bleuler nach Rücksprache mit der Gemeinde. Gemeinsam mit einem Rechtsanwalt vertritt er als Stockwerkeigentümer die Anwohner von neun Mehrfamilienhäusern mit über 50 Wohnungen. Richard Bleuler kennt die Situation bestens, denn er wohnte 35 Jahre genau an der besagten Kreuzung und nutzt die bereits vorhandenen umliegenden öffentlichen Verkehrsmittel. Genau vor seiner jetzigen Wohnung soll der Bus demnächst halten. Zwischen Haltestelle und den Schlafzimmern liegen keine sechs Meter.
Ein Hauptproblem sehen die Anwohner in der Taktfrequenz. «Unsere nicht für Buslinien angelegte, meist sehr ruhige Quartierstrasse in einer 30-Zone würde zu einer am stärksten frequentierten Busverbindung des gesamten Bezirks Meilen», unterstreicht Richard Bleuler. Die Linien 77 und 99 würden im 15-Minuten-Takt in beiden Richtungen unterwegs sein. Nicht mal die Bergstrasse in Zollikon sei stärker belastet. So fährt die Stadtzürcher Buslinie 77 künftig wochentags ab 05.53 Uhr bis 00.24 Uhr über den Blumenrain; auch am Wochenende wird sie bis nach Mitternacht bedient. Parallel fürchten die Anwohner die Lärmbelästigung durch die Haltestelle am steilsten Strassenstück. Geplant war ursprünglich eine Haltestation an der flachen Kreuzung «Im Walder» und am «Blumenrain». Gerade die Dieselbusse würden bei den Anfahrten enormen Lärm erzeugen. Dazu komme: Eben angefahren muss der Bus an der Rotfluhstrasse wieder anhalten und erneut anfahren. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass die anliegenden Häuser älteren Baustandards sind und die Schlafzimmerfenster nachts meist geöffnet bleiben müssen.
Die späten Einwände sind für Martin Hirs, Ressortvorsteher Bau der Gemeinde, unverständlich. «Die Linienführung wurde sowohl an der Gemeindeversammlung wie auch in diversen Zeitungsartikeln im Zolliker Zumiker Boten frühzeitig angekündigt. Dass das Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain mit dem öffentlichen Verkehr besser erschlossen sein soll, war immer eine explizite Forderung der Bevölkerung», schreibt er im Mailaustausch mit Richard Bleuler, der dieser Zeitung vorliegt. Weiter dazu äussern kann er sich im Moment nicht, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Ein Treffen zwischen Anwohnern und der Bauabteilung der Gemeinde brachte noch keine Lösung. Klar wurde aber, dass eine Einsprache gegen das Strassenbauprojekt wohl weniger zielführend sei, als eine Einsprache zum Fahrplan der VBZ. «Wir suchen nicht die Konfrontation mit der Gemeinde», betont Richard Bleuler. «Wir wünschen uns eher Unterstützung gegen die unzumutbaren Emissionen.» So habe das Planungs- und Beratungsunternehmen Basler & Hofmann aus Esslingen berechnet, dass die Lärmbelastung um 5,5 Dezibel zunehmen wird.
Die Anwohner haben diverse alternative Linienführungen über aus ihrer Sicht logischere Strassen ausgearbeitet, die weniger Lärmemissionen verursachen und trotzdem das WPZ Blumenrain und das Spitalcluster an die Gemeinde anschliessen. Die Alternativen sind nun bei der Gemeinde zur Prüfung. Letztlich spezifizieren die Anwohner das Hauptanliegen nach einem Treffen vor Ort: «Wir erachten die Verlängerung der Stadtzürcher Buslinie 77 über den Blumenrain – notabene über Zolliker Boden – als zürichseitig optimierte Planung und eklatante Missachtung der Interessen von Zolliker Bürgern.» Die Anwohner sind der klaren Meinung, dass die Buslinie 77, die heute am «Im Walder» wendet, nicht über den Blumenrain weitergeführt werden darf. Damit wäre die primäre Beanstandung der massiven Lärmbelästigung zwischen 20.00 Uhr und 00.24 Uhr beseitigt. Darauf basierend seien Alternativen zur Linienführung der Linie 99 und der Platzierung der Bushaltestelle zu prüfen.
Grundsätzlich vermissen die Anwohner eine verbesserte Information und insbesondere deren Einbindung. «Da die geplanten Linien 77 und 99 erst im Dezember 2022 umgestellt, respektive eingeführt werden sollen, bleibt hoffentlich noch genug Zeit für eine sorgfältige Prüfung und einen Einbezug der Hauptbetroffenen.» Die Anwohner fürchten, dass ansonsten der neue Fahrplan die negativen Auswirkungen einzig auf Zollikon abwälze, während die Stadt Zürich praktisch nur Vorteile habe.
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