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«Zwei von drei Fällen werden erledigt»

Von ‒ 15. April 2021

Als Friedensrichter kümmert sich Peter Isler seit 12 Jahren um die privatrechtlichen Streitigkeiten der Zollikerinnen und Zolliker. Vergangenen März wurde er in seine dritte und letzte Amtszeit gewählt.

Peter Isler wurde zum dritten Mal als Friedensrichter gewählt.
Peter Isler wurde zum dritten Mal als Friedensrichter gewählt. (Bild: zvg)

Peter Isler, Sie wurden zum dritten Mal als Zolliker Friedensrichter gewählt. Wie vor sechs Jahren in stiller Wahl. Sind Sie der einzige, der sich für dieses Amt interessiert?

Das könnte man meinen, denke ich aber nicht. Bei den soeben erfolgten Wahlen im Kanton Zürich bewarben sich in vielen Gemeinden diverse Personen für den Posten als Friedensrichter. Die Chance, sich gegen einen bisherigen Kandidaten durchzusetzen, ist hingegen relativ gering; vorausgesetzt, dieser erlaubt sich in seiner Amtszeit keine groben Fehler. Für mich ist dies aber meine letzte Amtszeit, soviel ist sicher.

Mit 64 könnten Sie bereits dieses Jahr in Pension gehen. Was motiviert Sie, nochmals sechs Jahre anzuhängen?

Das stimmt, auf diesen Lebensabschnitt freue ich mich natürlich. Für mich ist der Zeitpunkt, die ­Arbeit ruhen zu lassen, aber noch nicht gekommen. Die Tätigkeit als Friedensrichter bereitet mir nach wie vor grosse Freude. Und erst vor einigen Monaten habe ich unter «Isler Del Grande» eine neue ­Anwaltskanzlei im Zürcher Seefeld eröffnet mit den Spezialgebieten Erb-, Prozess- und Scheidungsrecht. In sechs Jahren, wenn auch meine Frau pensioniert ist, ist dann der ideale Zeitpunkt, um aufzuhören.

Wie viele Fälle bearbeiten Sie als Friedensrichter pro Jahr?

Im Schnitt rund 70, daraus ergibt sich ein Aufwand von etwa 30 Stellenprozenten. Da ich für den gesamten Prozess alleine verantwortlich bin, ist vieles davon auch administrative Arbeit.

Gab es seit der Pandemie mehr privatrechtliche Klagegesuche?

Dieses Jahr sind es tatsächlich bereits überdurchschnittlich viele Fälle. Ob und wie stark Corona und dessen Auswirkungen aber darauf Einfluss nehmen, kann ich noch nicht sagen.

Mit welchen zivilrechtlichen Un­einigkeiten wenden sich die Zolliker Einwohner und Einwohnerinnen typischerweise an Sie?

Finanzielle Forderungen machen mit Abstand den grössten Teil aus. Häufig sind auch Erbschaftsstreitigkeiten oder Fälle, die das Arbeitsrecht betreffen.

Und Streitigkeiten zwischen Nachbarn?

Solche kommen gar nicht so oft vor, wie man sich vielleicht denken könnte. Zumindest gelangen nicht viele davon bis zu mir; und wenn, dann sind es die typischen Streitigkeiten wie eine zu hochgewachsene Hecke oder ein Baum, der zu weit in den gegenüberliegenden Garten ragt. Solche Fälle kläre ich oft gleich vor Ort, dann wird auch mal ein Strauch ausgemessen – und so oft eine Einigung erzielt.

Was erfüllt Sie in Ihrer Tätigkeit als Friedensrichter?

Das Gefühl, Menschen in Angelegenheiten helfen zu können, die ihnen wichtig sind. Oft sehe ich mich bei einer Verhandlung auch in beratender Position und kann mit meiner Erfahrung eine gute ­Abschätzung zu Kosten und Dauer eines allfälligen Gerichtsprozesses einbringen. Mein Ziel als Friedensrichter ist es schlussendlich immer, den Parteien den Gang ans Gericht zu ersparen.

Wie oft gelingt Ihnen das?

In zwei von drei Fällen kann eine aussergerichtliche Einigung erzielt werden. Das entspricht ziemlich genau dem schweizweiten Wert.

Ein ziemlich guter Wert.

Das finde ich auch, und so macht die Arbeit natürlich umso mehr Spass. Zudem gefällt mir, dass im Vergleich zu üblichen juristischen Prozessen schneller ein sichtbares Resultat erzielt wird. Am Ende ­jeder Verhandlung liegt ein Entscheid vor, sei es eine Einigung oder eine Klagebewilligung fürs Gericht. Ein Fall wird dabei nor­malerweise in einem Zeitraum von maximal zwei Monaten abgeschlossen.

Bis zu welchem finanziellen Streitwert dürfen Sie selbst entscheiden?

Bis zu einem Betrag von 2 000 Franken. Hier sind mir deshalb schnell einmal die Hände gebunden. Bis zu einem Streitwert von 5 000 Franken kann ich einen Urteilsvorschlag machen, den die Parteien dann innert 20 Tagen widerrufen können. Aktuell wird in Bern allerdings darüber diskutiert, diesen Betrag auf 10 000 Franken zu erhöhen. Das wäre meiner Meinung nach sinnvoll.

Wo findet eine Anhörung üblicherweise statt? Und wie lange dauert eine solche im Schnitt?

Hier im Zolliker Gemeindehaus, aktuell steht uns der Bodmersaal zur Verfügung. Ich budgetiere jeweils maximal zwei Stunden, bis dahin sollte zwischen den Parteien eine Einigung zustande kommen.

Gab es kuriose Fälle, von denen Sie etwas preisgeben können?

Ich kann mich an eine Anhörung erinnern, an der sich jemand ­während der ganzen Dauer des ­Gesprächs partout weigerte, die andere Person anzuschauen. Oder es wird ab und zu verlangt, dass während der Verhandlung ausschliesslich Schweizerdeutsch gesprochen wird. Hier ist dann jeweils etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Am Schluss finden wir aber meistens eine Lösung.

Sie sind selber in Zollikon aufgewachsen, haben hier über 40 Jahre im Verein Fussball gespielt. Wie handhaben Sie es, wenn Sie eine Person privat kennen?

Wenn ich mit jemandem per Du bin, weil ich die Person zum Beispiel aus der gemeinsamen Schulzeit kenne, teile ich das immer mit. Meistens ist das dann kein Problem und befangen bin ich deshalb auch nicht. Wenn ich einer Partei aber persönlich zu nahestehe, trete ich in den Ausstand, dann übernimmt eine Kollegin oder ein Kollege aus dem Bezirk den Fall.

Ihre Erfahrung aus dem Berufs­alltag geben Sie als Ausbildner bei der Kantonspolizei Zürich sowie als Dozent an der Fachhochschule Luzern weiter.

Ja, es ist mir wichtig, mein Wissen an die Fachkräfte von morgen weitergeben zu können. Aktuell finden die Seminare an der Hochschule jedoch über das Internet statt. Das sind lange Tage vor dem Bildschirm, die den Wissenstransfer nicht leicht machen. Ich hoffe, dass wir uns an den Schulen bald wieder physisch begegnen können.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?

Seit ich vor einigen Jahren die Fussballschuhe als Aktiver an den Nagel gehängt habe, habe ich das Biken für mich entdeckt. Eine Velotour über den Pfannenstil macht zum Beispiel grossen Spass! Und am Abend koche ich gerne ein Rezept nach, das mich reizt.

Sie wirken zufrieden mit ihrem ­Leben.

Absolut. Ich habe eine intakte Familie, zwei coole Töchter, bin gesund. Auch der regelmässige soziale Austausch mit meinem Freundeskreis gibt mir viel. Nur schon deshalb würde ich Zollikon nur ungern verlassen. Ich bin hier verwurzelt und geniesse das als grossen Mehrwert in meinem Leben.

Mit Peter Isler sprach Valentin Kaelin

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