Leerstand auf Rekordhoch

Von Simon Bühler ‒ 6. Mai 2021

Die Leerwohnungsziffer im Kanton Zürich liegt bei rund 0,9 Prozent. Während Zumikon mit 0.94 Prozent nur knapp über dem kantonalen Durchschnitt liegt, sticht Zollikon mit einem Wert von 1,4 Prozent hervor. Exemplarisch dafür ist die Wohnüberbauung Rebwies, in der seit Jahren viele der Wohnungen chronisch leerstehen. Ein Erklärungsversuch.

Luxuriös und verwaist: Blick in eine der chronisch leerstehenden  «Geisterwohnungen» der Überbauung Rebwies. (Bild: cef)
Luxuriös und verwaist: Blick in eine der chronisch leerstehenden «Geisterwohnungen» der Überbauung Rebwies. (Bild: cef)

Wer die fünf Mehrfamilienhäuser an der Rebwiesstrasse 52–64 kennt, weiss, dass seit der Fertigstellung 2012 viele der insgesamt 33 Mietwohnungen chronisch leerstehen. Schon beim Vorbeifahren in der Dunkelheit fällt auf, dass in mehreren Wohnungen nie Licht brennt. Ein Augenschein vor Ort bestätigt den Eindruck: Zahlreiche Klingeln tragen keine Namensschilder. Angesichts der Wohnungsnot in der Region ein Missstand, der zu denken gibt.

Dass es sich nicht bloss um einen subjektiven Eindruck handelt, zeigt die Statistik des Kantons Zürich: Laut Leerwohnungszählung 2020 liegt die Leerwohnungsziffer im Kanton bei rund 0,9 Prozent. 2013 lag dieser Wert noch bei 0,6 Prozent – seither stieg er deutlich. Namentlich in der Region Pfannenstiel steigen seit sieben Jahren die Leerwohnungsziffern stark. In ­Zumikon sind es 0.94 Prozent, in Zollikon 1,4 Prozent und in Küsnacht als Spitzenreiter gar 4,07 Prozent. Besonders grosse Wohnungen mit fünf und mehr Zimmern finden oft keinen Mieter oder Käufer.

Notorischer Leerstand

Gerade auch bei Neubauwohnungen zeigen sich regionale Unterschiede. Neben Zuzügen aus dem Ausland und den Nachbarkantonen ziehen vor allem Haushalte aus der näheren Umgebung in die Neubauten. Allerdings zeigt die Statistik auch, dass neue Wohnungen am meisten und am längsten in der ­Region Pfannenstiel leer standen. Im Schnitt der letzten drei Jahre lag hier die Leerwohnungsziffer für Neubauwohnungen bei 13 Prozent – im letzten Erhebungsjahr 2020 sogar über 20 Prozent. Durchschnittlich dauert es in der Region Pfannenstiel mehr als viereinhalb Monate, Bewohner für eine neue Wohnung zu finden. Mehr als ­doppelt so lange des kantonalen Durchschnitts, wo die Hälfte der Wohnungen nach weniger als zwei Monaten belegt ist.
Zurück zur Rebwies. In der Nachbarschaft der «Geisterwohnungen» kursieren verschiedene Spekulationen und Gerüchte über die Gründe für den notorischen Leerstand. Der Unmut über die ungenutzte Wohnfläche steigt. Im Fall der Rebwies wollen verschiedene Beobachter festgestellt haben, dass einzelne Wohnungen seit der Fertigstellung 2012 bis heute nicht genutzt ­wurden. Es wird gemunkelt, dass die Ausnutzungsziffer illegal überschritten wurde und deshalb nicht alle Wohnungen genutzt werden dürfen.

Gerüchte und Fakten

Die Wohnungen in den Liegenschaften gehören zu rund zwei Drittel der Zürich Lebensversicherung AG, zu einem Drittel privaten Eigentümern. Darauf angesprochen, erklärt David Schaffner, Mediensprecher von Zurich Schweiz: «Die Vermutung, die Ausnutzungsziffer sei illegal überschritten worden, ist falsch. Die Liegenschaften an der Rebwiesstrasse 56–64 sind alle baurechtskonform erstellt worden. Die lokalen Baubehörden können bestätigen, dass für alle Wohnungen eine Bezugsbewilligung vorliegt.» Was die Gemeinde Zollikon denn auch bestätigt: «Dieses Gerücht ist faktenwidrig.»

Doch wie sind die Leerstände zu begründen? Die Zurich sagt dazu: «Alle Wohnungen waren während Jahren vermietet. Da es zu technischen Problemen kam, stehen derzeit zehn Wohnungen leer. Diese Probleme werden durch Fachexperten analysiert, um sie beheben zu lassen.» Über die Hintergründe der «technischen Probleme» gibt die Zurich keine Auskunft.

Dass bei den Wohnungen erhebliche Probleme bestehen, wird auch von Beobachtern betätigt, die die Wohnungen als ehemalige Mieter bestens kennen und von horrenden Monatsmieten berichten. Gewisse Stimmen vermuten, dass der Leerstand neben technischen Bau­mängeln und problemanfälligen Materialien auch auf die hohen Mietzinse zurück­zuführen sei. Diese zielten auf eine solvente ­Mieterschaft wie hoch­dotierte Expats wobei gewisse Mietzinse der Markt aktuell kaum mehr hergebe und die Mietpreise dennoch künstlich hochgehalten würden, um in den Büchern der Eigentümerin einen Wertverfall zu vermeiden. Damit konfrontiert, schreibt die Zurich: «Da die Wohnungen zum Verkauf geplant sind, besteht kein Zusammenhang zwischen allfälligen Mieteinnahmen und der Bewertung der Liegenschaft in den Büchern.» Mehrere Wohnungen an der Rebwiesstrasse 56–64 habe ­Zurich bereits verkauft und werde die betroffenen Wohnungen nach Behebung der technischen Probleme wieder zum Verkauf ausschreiben. Die Nachfrage sei ungebrochen gross.

Haltung der Gemeinde

Und was sagen die Zolliker Behörden zum hohen Leerstand in der Gemeinde? «Es ist keine staatliche Aufgabe, in den privaten Wohnungsmarkt einzugreifen.» Der Gemeinderat hätte auch keine Mittel, Massnahmen gegen Leerstände zu treffen. Grundsätzlich reguliere sich der freie Wohnungsmarkt durch Angebot und Nachfrage.

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