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Psychedelische Soundlandschaften

Von Simon Bühler ‒ 13. Mai 2021

Mit der Vision, eigene Klangwelten zu schaffen und das Publikum auf eine Reise an unbekannte Orte mitzunehmen, hat Jazzgitarrist Yannick Keel 2018 für sein Bachelordiplom an der Hochschule Luzern die Formation Sodar gegründet. Jüngst hat der 32-jährige Bündner mit seinen drei Bandkollegen im Drucksaal der Fröhlich Info AG ihre sphärischen «Soundscapes» aufgezeichnet.

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Yannick, du hast vor drei Jahren im Rahmen deiner Bachelorarbeit die Band Sodar gegründet. Was bedeutet der Name «Sodar» und welche Idee liegt dem Projekt zugrunde?

Sodar ist ein Akronym und steht für «Sound Detecting And Ranging» – ein akustisches Fernmessverfahren, das in der Meteorologie zum Einsatz kommt. Sodar-Geräte senden Schallimpulse aus und messen, was von der Erdatmosphäre zurückreflektiert wird. Darin sehe ich Parallelen zu unserer Musik: Wir senden Schallimpulse aus und sind gespannt, was vom Publikum zurückkommt. Auch innerhalb der Band funktionieren wir vielfach so – jemand schickt einen Impuls los und schaut, wie die Mitmusiker darauf reagieren.

Welche Leute spielen heute mit ­Sodar?

Angefangen haben wir vor zirka drei Jahren als Quintett. Ich habe damals viel Psy-Dub gehört, etwa von Globular oder Ott, und wollte versuchen, diesen Stil live zu spielen, mit einem improvisatorischen Anteil. Wir waren eine coole Truppe, aber leider ist das Projekt im Sand verlaufen. Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich wieder begonnen, mit Marvin Studer zu jammen, der bereits vor drei Jahren bei ­Sodar Drums gespielt hat. Neu dazugekommen sind Raphael Gass am E-Bass und mein Bruder Jérôme Keel, der Percussion spielt in unserer Formation. Mit diesen drei talentierten Musikern zu spielen, ist für mich immer wieder ein atemberaubendes Erlebnis!

Wie hat sich die Formation ent­wickelt?

Mit den personellen Wechseln hat sich auch der Bandsound etwas geändert – weiter weg vom Psy-Dub, ein bisschen weniger elektronisch, dafür wieder näher bei Jazz und Rock, mit mehr Groove, Einflüssen aus zeitgenössischer Musik, einer Prise Trash und noch mehr improvisatorischen Freiheiten. Die Idee ist aber immer noch dieselbe: Wir versuchen, eigene Klangwelten – Soundscapes – zu erschaffen, in welchen wir uns improvisatorisch ausdrücken können, und möchten unsere Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine Reise an unbekannte Orte mitnehmen.

Ihr definiert eure Musik als «Improvised music / Psychedelic / Soundscapes» – worin liegt der Reiz der Improvisation und psychedelischer Klangwelten?

Der Reiz der Improvisation ist vermutlich der Reiz des Unbekannten – man weiss nie so genau, was alles passieren kann, wo wir mit unseren Songs landen, wo die musikalische Reise hinführt, dies macht die Arbeit mit Sodar so spannend. Ausserdem möchte ich mit Sodar eine Klangwelt erschaffen, in der sich jeder von uns frei und spontan ausdrücken kann. Das hat natürlich viel mit Vertrauen innerhalb der Band zu tun. Wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können.

Was bedeutet der Name eures neuen Sets «Laniakea», welches ihr bei dem Mittendrin-Projekt der Fröhlich Info AG gespielt habt?

Laniakea ist ein Gross-Supergalaxienhaufen mit über 500 Millionen Lichtjahren Ausdehnung und umfasst etwa 100 000 Galaxien, darunter auch die Milchstrasse. Wir befinden uns also in Laniakea. Versuch dir das mal bildlich vorzustellen: Wir befinden uns auf der Erde. Die Erde ist Teil unseres Sonnensystems. Unser Sonnensystem ist eines von hunderten Milliarden Sonnensystemen, das in der Milchstrasse im Kreis herumwirbelt. Und unsere Milchstrasse ist nur eine von abertausend Galaxien, die zusammen den Virgo-Supergalaxienhaufen bilden. Virgo wiederum bildet mit drei anderen Supergalaxienhaufen den Gross-Supergalaxienhaufen Laniakea. Und das alles hängt irgendwie durch Gravitation zusammen. Diese astronomischen Grössenordnungen sprengen die menschliche Vorstellungskraft – das finde ich total faszinierend.

Eure Musik erinnert an Pink Floyd – könnt ihr mit diesem Vergleich etwas anfangen?

(lacht) Das höre ich nicht zum ersten Mal. Ein bisschen verstehe ich auch wieso, einige Parallelen gibt es schon, der Sound der Gitarre, der langsame Aufbau der Songs. Aber um ehrlich zu sein: Ich habe mich nie gross mit Pink Floyd befasst, mehr als ein paar Songs kenne ich nicht.

Wegen Corona konntet ihr kaum Konzerte geben. Wie habt ihr diese Zeit erlebt und was sind eure nächsten Projekte?

Wir haben die Zeit genutzt, um viel miteinander zu proben und an ­unseren Songs zu feilen. Für mich persönlich war das eine intensive und spannende Zeit. Trotzdem ­hoffen wir natürlich, dass das bald ein Ende hat. Wir fühlen uns mehr als bereit und freuen uns schon ­riesig darauf, Konzerte zu spielen. Als nächstes ist ein Besuch in den ­SINJEN Studios geplant, wo wir mit Unterstützung des Zentralschweizer Künstlerkollektivs «SINJEN Art Collective» im Juli unser erstes ­Album aufnehmen werden.

Was bedeutet euch der Auftritt beim Mittendrin-Projekt der Fröhlich Info AG und wie habt ihr den Event erlebt?

Das war eine grossartige Erfahrung. Ich bedanke mich nochmals ausdrücklich bei der Fröhlich Info AG für die Chance, Teil dieses Projekts sein zu dürfen. Es hat wirklich Spass gemacht, zwischen diesen schweren Maschinen ein Konzert zu spielen, die Atmosphäre war einzigartig. Ich bin total gespannt auf das Ergebnis.

Mit Yannick Keel sprach Simon Bühler


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