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Wird so eine Ehe schön?

Von Franca Siegfried ‒ 12. November 2021

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Neu treffen sich einmal im Monat interessierte Frauen und Männer beim reformierten Pfarrer Simon Gebs im «Talk am Puls». Die Autorin Barbara Lukesch moderiert jeweils das Gespräch. Zur Premiere war Psycho­analytiker Peter Schneider geladen. Ein Einblick in das Gespräch um Ehe und Alltag.

Die Moderatorin und Autorin Barbara Lukesch im Gespräch mit dem Psychoanalytiker Peter Schneider. (Bild: fs)

«Talk am Puls»: am 4. November feierte ein neues Format der reformierten Gemeinde Zollikon Premiere. Tische und Stühle aus dem Café am Puls sind im Kirchgemeindesaal zu einer Art «Bernhard Theater» arrangiert. Auf jedem Tisch liegt eine Getränkekarte. Dazu ein Spickzettel mit der Mobilnummer von Pfarrer Simon Gebs für allfällige Fragen. Er hat sich das Format ausgedacht. Einmal im Monat soll jeweils am Donnerstagabend ein Gespräch über die Bühne gehen.

Knapp 50 Leute sind der Einladung gefolgt. Das Publikum ist vorwiegend weiblich mit einigen Paaren. Das Thema dieser Premiere: «Wie wird eine Ehe schön». Punkt 20 Uhr sitzen auf der Bühne in sichtlich bequemen Polsterstühlen Psychoanalytiker Peter Schneider und ­Autorin Barbara Lukesch. Sie haben vor drei Jahren zusammen das Buch «Wie wird eine Ehe schön» veröffentlicht. Ihr Gespräch beginnt mit «bösen» Witzen über die Ehe. Die Lacher sind schon beim ersten Witz verstummt, keine amüsante Vorstellung, wenn sich eine Ehe zum Kabinett des Horrors entwickelt. Peter Schneider realisiert das Unbehagen im Saal und ordnet die Witze in die 1960er Jahre ein.

Barbara Lukesch spricht über liebevolle Blicke zwischen Frau und Mann. Ob solche trainierbar seien, fragt sie sich. Der Psychoanalytiker meint, das sei abhängig davon, ob man schon einen tristen Tag hinter sich und dann noch in der Gratiszeitung «20 Minuten» schlechte ­Geschichten gelesen habe. (Peter Schneider schreibt im Tages-Anzeiger seit Jahrzehnten eine Beratungsrubrik.) Immerhin liessen sich Marotten der Gattin oder des Gatten mit einem liebevollen Blick «entschärfen». Barbara Lukesch fragt nach Marotten von Frau Schneider. «Drei Koffer und nur dünne Sommerkleidchen!» Seine Frau liebe es, mit grossem Gepäck zu verreisen. Wie wichtig sind Kleider, gutes Auftreten und schlanke Figur in einer Ehe, damit diese schön bleiben kann? Moderatorin und Psychoanalytiker einigen sich auf ein kontrolliertes Gehenlassen. Als Beispiel: Sportlicher Trainingsanzug daheim, der nicht fleckig ist. Aber mit Mundgeruch dürfe man sich nicht abfinden.

Welche Eigenschaften zählen für eine schöne Ehe? Grosszügig sein, humorvoll – aber nicht übertreiben. Ewig komische Leute könnten sich auf den «Keks» (nach Peter Schneider) gehen. Barbara Lukesch doppelt nach, «Humor ist, wenn man trotzdem lacht». Sie bittet den Experten, Eigenschaften aufzuzählen, welche die «Stinkstiefel» einer Ehe sind: Geiz, Sturheit, Rechthaberei, Selbstgerechtigkeit und Eitelkeit. Die Sturheit hätte manchmal auch etwas Liebenswertes, sich nur flexibel wie ein Pudding zu verhalten, sei nicht ideal. Und sein Geld aus dem Fenster zu schmeissen, sei auch nicht erstrebenswert.

Barbara Lukesch erklärt sich die schwierige Kommunikation bei Paaren, dass Frauen viel sprechen und Männer schweigen. Peter Schneiders Gegenthese stammt aus seinen Praxiserfahrungen. Über verbale Aufmerksamkeit der Frauen hätte sich noch kein Mann beklagt. Die Moderatorin zitiert eine Studie (ohne Quellenangabe): Es brauche nur sieben Minuten pro Tag, in denen Frau und Mann miteinander reden. Der Psychoanalytiker fragt sich, wie diese Sieben-Minuten-Gespräche sind, Halbsätze, zuzwinkern oder grunzen. Eine andere Kommunikationsart wäre nach ihm nicht logisch, nicht konsequent, improvisiert, nicht normativ … wursteln halt. Besonders deskriptiv wird es beim Thema Sexualität. Der Fachmann zitiert Freud, Theorien von 1905, und wie sich Ehekonzepte und Sexualität dem Zeitgeist anpassen. Was bringt die Zukunft? Losere Beziehungen oder Treue? Im Alter werde Treue einfacher mangels Optionen, bemerkt er.

Kurzum, die 60 Minuten sind schnell um. Fragen aus dem Publikum gibt es keine. Pfarrer Gebs erzählt zum Schluss von einer Trauung, die er vollzogen hat: Der Bräutigam erklärte ihm, seine Ehe werde 30 Prozent seines persön­lichen Glücks ausmachen. 30 Prozent seien zu wenig, betonen ­Moderatorin und Experte. Da meldet sich eine helle Frauenstimme im Saal. Mit einfachen Worten beschreibt sie die überfrachteten ­Erwartungen an eine Ehe. Mit der 30-Prozent-Haltung habe der junge Mann gute Chancen auf eine schöne Ehe. Mit den klaren Gedanken der engagierten Frau breitet sich ein Zauber im Raum aus. Ihre Worte berühren, bringen zum Nachdenken. Und! Die Zuhörerin liess durch die Kraft ihrer Worte das Durchwursteln auf der Bühne verblassen.

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