Von Antje Brechlin ‒ 18. November 2021
Er ist erfolgreich im Beruf, engagiert sich im Vereinsleben, ist alleinerziehender Vater zweier Töchter. Der Zolliker Thomas Flatt bewältigt mit 54 Jahren ein volles Pensum. Doch wo andere am Anschlag sind, schwingt bei ihm eine grosse Leichtigkeit mit.
Ja, das Lernen fiel mir immer leicht, und interessierte mich etwas, habe ich mich auch gerne engagiert. Ich interessierte mich früh für Informatik. Bereits vor meinem Studium habe ich Geld mit diesem Hobby verdient, dann aber doch Medizin studiert. Wieso das? Nun, Ingenieure gab es in unserer Familie schon etliche, und die Herausforderung Medizinstudium hatte einen besonderen Reiz. Ausserdem spielte ich damals aktiv Handball und wollte nicht aus der Region Basel wegziehen und an der ETH Zürich studieren. Das Studium war spannend, vor allem die komplizierten Fächer wie Pathophysiologie und Innere Medizin hatten es mir angetan. Trotzdem entschied ich mich für eine Weiterbildung in Chirurgie. Der Hauptgrund war, dass die Chirurgen viel unmittelbarer ein Ergebnis ihrer Arbeit sehen.
Neben dem Medizinstudium habe ich im frisch gegründeten Informatik-Institut als Unterassistent mitgearbeitet. Meine Doktorarbeit war eine Mischung aus Knowledge Management, Artificial Intelligence und Multimedia. Über drei Jahre schrieb ich an einer Applikation, die es erlaubte, Wissen zu strukturieren, zu abstrahieren und mit audiovisuellem Material zu kombinieren. Besonders war, dass die Applikation damals sowohl auf Mac als auch unter Windows lief. Für die Technikaffinen unter der Leserschaft – Windows in der Version 2.11 auf Intel 286 – nahezu unbrauchbar im Vergleich zu einem Mac aus jener Zeit.
In meiner Facharztausbildung zum Chirurgen gab es die Option, weiter Richtung Allgemeinchirurgie zu gehen oder eine Subspezialität zu wählen – oder etwas ganz anderes zu tun. Letztlich siegte die Neugier. Die Beratungsfirma Boston Consulting offerierte mir eine Stelle. Ich war noch relativ jung und überzeugt, der Weg zurück in die Medizin sei auch später noch möglich. Mein damaliger als auch mein zukünftiger Chef ermutigten mich zu diesem Schritt. An einen Satz erinnere ich mich noch heute: «Wissen Sie Herr Flatt, es gibt so viele frustrierte Kollegen in unserem Fach. Gerne hätte ich Sie bei uns gehabt, aber ich wünsche Ihnen viel Erfolg.» Während meiner Zeit bei BCG studierte ich in Fontainebleau am Institut Européen d’Administration des Affaires INSEAD. Nach fünf Jahren warb mich die Swisscom ab. Den Job konnte ich nicht ablehnen, denn 1999 war Telekommunikation und Internet das «most sexy Business». Für mich schloss sich da der Kreis. Später durfte ich bei Adecco eine internationale Verantwortung übernehmen, um schliesslich CEO eines mittelständischen Unternehmens in der Schweiz zu werden. Zu der Zeit habe ich auch eine Familie gegründet und wollte nicht die ganze Zeit im Flugzeug unterwegs sein. So hat dieser Schritt vom internationalen Grosskonzern zum lokalen Unternehmen gut gepasst.
Nun ja, ein Manager braucht ein gewisses Organisationstalent. Nerven, das gebe ich zu, brauchen Eltern fast mehr als mancher Manager. Speziell war der abrupte Übergang zum alleinerziehenden Vater. Ich hatte wenig Zeit, mich darauf vorzubereiten, die Kinder waren noch recht klein und meine Präsenz war wichtig. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir Corona entgegen kam. Nicht das Homeschooling – das war dann doch etwas zu viel, aber ich konnte zum Glück rasch externe Hilfe organisieren. Die Tatsache aber, dass ich per Dekret zu Hause bleiben musste, war ein Glücksfall. Heute sind meine Mädchen sehr selbstständig, und meine 83-jährige Mutter ist eine echte Hilfe. Wann immer Not am Mann ist, kommt sie aus Basel. Das ist für mich und die Kinder ein grosses Glück. Daneben haben wir eine Haushaltshilfe, und ab und zu kommt ein Nachhilfelehrer für die Hausaufgaben. So kommen wir super zurecht. Ausserdem habe ich durch die Kinder ein gutes Netzwerk unter den Eltern aufbauen können. Feiern die Kinder eine Party, lade ich oft auch die Eltern ein.
Anfangs war ich ein normales Mitglied im altehrwürdigen Club, wollte Tennis spielen und Leute kennen lernen. Dann stand ein Generationenwechsel an, und die Frage kam, ob ich die Präsidentschaft übernehmen würde. Ich wurde erst mal Vorstandsmitglied, um den Verein besser kennenzulernen. Dass ich nicht alles beim Alten lassen würde, wurde bald klar. Doch viele langjährige Mitglieder hatten Angst vor Veränderung. Unterdessen hat sich tatsächlich einiges verändert. Wir haben viele neue Mitglieder gewonnen, alt und jung sind besser integriert, die Verantwortung ist auf verschiedene Schultern verteilt und die Arbeiten sind professionalisiert worden.
Das Amt des Platzwarts und des Restaurateurs sind nun getrennt, ein guter Gastgeber ist nicht unbedingt ein guter Gärtner und Platzwart. Wir haben ein elektronisches Buchungssystem eingeführt und an den Statuten einiges geändert. Unser jüngstes Mitglied ist vier, das älteste über hundert Jahre alt. Als ich übernommen habe, waren wir rund 100 Mitglieder, jetzt sind es 160 – und wir führen eine Warteliste. Das Schönste ist, dass an unseren Anlässen nun Jung und Alt zusammensitzen und feiern.
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