Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 16. Dezember 2021
Im Ankenbüel-Quartier gibt es Chats für Whiskey-Fans, für Sportler und für Kinder. Es wird gefeiert und geholfen.
Man muss schon einen speziellen Geschmack haben, um die Neubauten im Ankenbüel zu mögen. «Meine erste Wahl war die Wohnung hier nicht», lacht Fabia Blum. Mehr als zwanzig Wohnungen hatte sich das Paar damals angesehen, bevor es hier unterschrieben hat. «Heute sehe ich das als Fügung», urteilt sie. Das liegt aber auch an ihr selber. Fabia Blum gründete seinerzeit mit ihrem Mann und zwei weiteren Familien den ersten gemeinsamen Ankenbüel-Chat unter dem Namen «Die Baustellenpioniere». Als sie im April 2018 in das Quartier einzogen, waren noch viele Wohnungen leer. Mit dem Bezug endete eine lange Zeit der Rekurse. Die Swiss Life AG hatte das Gelände schon 2006 gekauft, 2008 begann die Planung. Doch mehrere Rekurse – zwei gingen bis vor Bundesgericht – verzögerten den Bau.
«Ich kann sogar verstehen, dass bei der grossen Anzahl an Wohnungen viele Zumiker Bedenken hatten», räumt Fabia Blum ein. Und natürlich gebe es auch Bewohner, die im Ankenbüel völlig anonym bleiben wollen. Das werde absolut respektiert. Aber es gibt auch die anderen. Die sich kennenlernen wollen, sich gegenseitig helfen, auch feiern. «Wir haben mittlerweile die unterschiedlichsten Ankenbüel-Chats. Es gibt die Whiskey-Runde für die Herren, den Gin-Chat für die Frauen, die Sport-Gruppe und natürlich auch den Kinder-Chat.» Sie erinnert sich, als sie mit ihren kleinen Zwillingstöchtern zu Hause war und diese zum ersten Mal fieberten. Ihr Mann war auf Geschäftsreise und so meldete sie sich im Chat. «Innerhalb von Minuten bekam ich Hilfe und Ratschläge. Mehr noch: Jemand hat für mich sogar Essen gekocht.»
Überhaupt das Essen. Das Ankenbüel ist ein Zuhause für viele Nationen. Und in der jüngsten Vergangenheit, in der man nicht viel reisen konnte, haben wir uns die fremden Länder kulinarisch geholt. Die Familien laden sich gegenseitig zu ihren traditionellen Gerichten ein. «Von diesem multikulturellen Umfeld profitieren unsere Kinder ganz besonders. Sie lernen andere Kulturen wirklich kennen. Das ist eine absolute Bereicherung für eine weltoffene Einstellung», freut sich Fabia Blum. Dafür sei auf der anderen Seite die Gemeinschaft oft eine grosse Hilfe für ausländische Familien, die keine Unterstützung durch das familiäre Umfeld oder Freunde mitbrächten. Es seien meist ganz banale Fragen, die schnell zu beantworten sind: Welchen Schreiner kontaktiere ich am besten? Wie hänge ich bei dieser Deckenhöhe eigentlich Lampen auf?
Wer im Ankenbüel wohnt, muss sich vor Langeweile in der Freizeit nicht fürchten. Da trifft sich die Sport-Gruppe im Winter in der Tiefgarage und im Sommer auf dem Spielplatz, gemeinsame Spaziergänge führen zum wunderbar illuminierten Weihnachtsbaum vis-à-vis und es wird zusammen gefeiert. Sei es mit einem grossen Barbecue auf dem Spielplatz inklusive Zelt, Tischen und Sonnenschirmen oder auch zu Halloween. «Wir haben einen eigenen Halloween-Chat, damit die Kinder wissen, wo sie klingeln dürfen.» In diesem Jahr seien aussergewöhnlich viele Kinder unterwegs gewesen. «Vielleicht hat es sich schon bis zu anderen Quartieren herumgesprochen, dass es hier viel gibt.»
Ohne, dass es geplant war, wird in dem Quartier auch der Mehrgenerationengedanke gelebt. Nicht nur, dass das Spielzeug an die Kleineren weitergereicht wird. Es gibt auch Hilfe für Senioren. «Eine Nachbarin kümmert sich um ihren Vater, doch wenn er stürzt, musste sie regelmässig die Spitex holen, weil sie ihn alleine nicht aufrichten konnte», erzählt Fabia Blum. Jetzt meldet sich die Seniorin via Chat – und schon kommt die schnelle Hilfe.
Und offenbar gilt für die Siedlung: Wer wegzieht, geht niemals ganz. «Ehemalige Nachbarn, die nach Boston gezogen sind, kommen nun wieder auf einen Besuch vorbei.» Fabia Blum freut sich.
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