Das endlose Warten auf ein Urteil

Von Ramona Bussien ‒ 17. Februar 2022

Christine Unterberger zog im Verfahren gegen die ­römisch-katholische Kirchgemeinde Zollikon/Zumikon vor die Rekurskommission. Gemäss ihrem ausdrücklichen Wunsch fand die Parteiverhandlung öffentlich statt.

Die katholische Kirche Zollikon war bei der Anhörung durch einen Anwalt vertreten. Alt-Pfarrer Heinz Meier kam nicht. (Bild: Archiv)
Die katholische Kirche Zollikon war bei der Anhörung durch einen Anwalt vertreten. Alt-Pfarrer Heinz Meier kam nicht. (Bild: Archiv)

Anfang Februar kam es zu einer Premiere vor der Rekurskommission des ­Synodalrats im Hirschengraben 66 in Zürich: Nebst den Angehörigen der beiden Parteien durfte die interessierte ­Öffentlichkeit der Verhandlung beiwohnen. Nebst den Parteien und deren Angehörigen nahmen schätzungsweise 15 Leute teil.

Was bisher geschah

Im Oktober 2018 berichtete der Zolliker Zumiker Bote über den «Krach unterm Kirchendach». Fast 13 Jahre lang hatte Christine Unterberger als Jugendbeauftragte und Religions­pädagogin gearbeitet, als sie im ­Oktober 2018 durch den Kirchenpflegepräsidenten Urs Häfliger und Pfarrer Heinz Meier freigestellt worden ist. Für viele ein Schock, war Christine Unterberger doch bekannt für ihr Engagement und ihre Beliebtheit bei Kindern und Jugendlichen. Eltern, aktuelle und ehemalige Schülerinnen und Schüler solidarisierten sich mit der Pädagogin.

Als Grund für die Freistellung führten die Arbeitgeber Differenzen im zwischenmenschlichen Bereich an. Details aus dem Blickwinkel der Kirche blieben der Öffentlichkeit vorenthalten. Aus diesem Schweigen entwickelte sich schliesslich Stille. Bis zuletzt.

Entscheid der ersten Instanz

Jetzt wollte Christine Unterberger den Fall vor der Rekurskommission rekapitulieren. Rechtlich gesprochen handelt es sich um einen ­Rekurs gegen den vorinstanzlichen Entschluss. In diesem hatte der ­Synodalrat die Freistellung als missbräuchlich, die Kündigung jedoch als verhältnismässig eingestuft. Christine Unterberger und ihre Rechtsvertretung hielten dagegen: Der Synodalrat habe den Fall nicht eingehend studiert und Details übersehen. Der vorinstanzliche Entschluss sei unvollständig, unrichtig und unangemessen. Er kehre das Fehlverhalten des Pfarrers und anderer unter den Teppich, statt für Transparenz zu sorgen.

Noch einmal rekapitulieren

Zwei Stunden dauerte der erste Parteivortrag, in dem auch Christine Unterberger sprach. Die Freistellung und Kündigung waren das eine – was sich in den Monaten zuvor abspielte, das andere. Christine Unterberger berichtete über die ersten Jahre. «Dieses Pensum schafft keine einzelne Person. Das schafft eine Person, die gut mit anderen zusammenarbeitet.» Ohne eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen ihr, ihrem Team und den Freiwilligen wäre diese Arbeit nicht zu leisten gewesen. Heinz Meiers Vorwürfe, sie sei kritikunfähig und sozial inkompetent, widersprächen den offensichtlichen Erfolgen. Mehr noch widerspreche der Pfarrer seinen in früheren ­Jahren verfassten Bewertungen der Mitarbeiterin. Wahr allerdings sei, dass sie sich vom damaligen Diakon distanziert habe, nachdem ­dieser Grenzen übertreten habe. So habe er sich ihr gegenüber über die Penisgrösse Schwarzer ausgelassen. Auch sei es zu mehreren Annäherungsversuchen gekommen.

Entlarvendes E-Mail

Laut Christine Unterberger waren die Spannungen zwischen Pfarrer Heinz Meier und dem Seelsorgeteam kein schleichender Prozess, sondern liessen sich auf den 24. September 2017 datieren. An diesem Tag verfasste Heinz Meier eine E-Mail an den Diakon, schickte sie aber fälschlicherweise an das gesamte Seelsorgeteam. Darin beschimpfte er Christine Unterberger und einen Jugendarbeiter als «Gesindel aus Wien und der Gosse von Zürich». Dabei hätte sich Heinz Meier ihr gegenüber zuvor noch selbst negativ über den Diakon geäussert. Von diesem Tag an habe sich der Pfarrer vom Team distanziert. Mehrfach habe sie das Gespräch gesucht, doch weder der Pfarrer noch der Kirchenpflegepräsident seien zu einem klärenden Gespräch bereit gewesen.

Vorwürfe der Gegenpartei

Für die zweite Partei äusserte sich der Anwalt der Kirchgemeinde. Heinz Meier war nicht anwesend. Der Anwalt kritisierte die öffentliche Verhandlung als «verkappte Medienveranstaltung». Christine Unterberger würde den Pfarrer und die Kirchenpflege schlechtreden wollen, ihnen Dinge in den Mund legen und Gesagtes verdrehen. Er kreidete ihr an, Namen zu nennen – Namen solcher, die nicht anwesend waren. Er warf ihr fehlenden Respekt und mangelnde Fairness vor. Sie habe sich mit ihrer Arbeit von der Kirchgemeinde abgesondert, eine «Kirche in der Kirche» geschaffen. Ferner habe sie vertrauliche ­Informationen der Öffentlichkeit zugespielt und nach Freistellung und Kündigung Unterlagen zurückgehalten. Beides dementierte Christine Unterberger. Der Anwalt der Kirchgemeinde betonte noch einmal deren Kritikunfähigkeit und bezeichnete sie als «sehr schwierige Mitarbeitende». Bezüglich Heinz Meiers E-Mail gestand er einen Fauxpas ein – und betonte, dass es sich um den Austausch «zweier ­älterer Herren» gehandelt habe. ­Entgegen Christine Unterbergers Plädoyer bestand er darauf, dass sich die Spannungen schon im Vorfeld abgezeichnet hätten, dass etwa Christine Unterbergers Kritikunfähigkeit seit Jahren bekannt gewesen sei. Man habe lediglich versäumt, dies zu kommunizieren.

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