Von Birgit Schlieper ‒ 3. März 2022
Pierre Monnard erinnerte sich an die Dreharbeiten zu «Platzspitzbaby» und stellte seine neue Serie vor.
Normalerweise wird ein Lückenbüsser mit dem verglichen, den er ersetzt. Nicht so am Dienstag in Zumikon. Pierre Monnard liess den eigentlichen Gast – Anna Pieri – fast vergessen. Wohl auch in dem Wissen, dass die Tatort-Kommissarin zu einem anderen Termin kommen wird. Am Montagmorgen hatte Yvonne Peter die Nachricht erhalten: Ihr Talkgast hat Corona. Die Organisatorin des Kulturkreises verzweifelte kurz, wurde dann aktiv. Sie wusste, dass Regisseur Pierre Monnard als Gast zu dem Abend kommen wollte. Kurzerhand wurde er vom passiven Zuschauer zum aktiven Erzähler auf der Bühne.
Natürlich war auch sein bislang erfolgreichstes Werk, der Spielfilm «Platzspitzbaby», Thema. Während der Lektüre des Buches habe er sich zurückversetzt in die 90er Jahre. In die Zeit, als Freunde nach Zürich gefahren seien, um Drogen zu kaufen. Er erinnerte sich an den Freund, der nie zurückkam. Sieben Jahre lang hat er an dem Film gearbeitet. Natürlich nicht durchgehend. «Zwischendurch musste ich auch mal Geld verdienen», schmunzelte er mit einem herrlichen, französischen Akzent. Besonders eindrucksvoll seien die Filmaufnahmen am Platzspitz gewesen. Mit Komparsen,
die wirklich aus dem Drogenmilieu kamen. «Und mit der Auflage der Stadt, dass wir den Rasen nicht betreten durften.» Ein kurzer Ausschnitt zeigte dem Publikum die Welt voller Verzweiflung, Hoffnung, Angst und Aggression. «Das Besondere an der Geschichte ist, dass sie aus der Sicht des Mädchens Mia spielt, die sich nichts als Normalität wünscht. Es stehen nicht wie bei ‹Wir Kinder vom Bahnhof Zoo› die Süchtigen im Vordergrund.»
Schon vor dem Kinofilm hatte er mit der Fernsehserie «Wilder» auf sich aufmerksam gemacht. Damals hatte er mit der Schauspielerin Sarah Spale zusammengearbeitet. «Sie kam zum Casting mit einer absoluten Fuck-you-Einstellung. Dachte, sie würde den Job sowieso nicht bekommen. Ich wusste sofort, dass sie die Richtige ist.»
Die Zuschauer bekamen am Dienstag auch Ausschnitte aus Monnards neuster Serie «Neumatt» zu sehen, ein Familiendrama im Zürcher Oberland. Bauernsohn Michi muss sich entscheiden: Karriere oder Familie? Stadt oder Land? Die Produktion wurde bereits von «Netflix» gekauft und wird demnächst in 190 Ländern zu sehen sein. Auf die Frage, was ein Regisseur eigentlich konkret mache, antwortete Pierre Monnard in Lausbubenmanier. Er sei der, der immer «Action» und «Cut» rufe. Und daneben alles organisieren müsse. Die Sympathien an dem Abend galten nicht nur dem Westschweizer, sondern auch Marco Caduff. Der Moderator hatte sich wahrscheinlich intenisv auf Krimi, Mord und Spannungsbögen à la Tatort vorbereitet, konnte aber spontan die Facetten des Regisseurs zum Glänzen bringen.
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