Von Ramona Bussien ‒ 17. März 2022
John-Phillip Gerull kommt aus Hamburg. Seit 15 Jahren lebt er in Zollikon und arbeitet in der Finanzbranche. Seine Freizeit verbringt er mit Frau und Kindern unter anderem auf dem Acker Lengg von Pura Verdura. Eine schweisstreibende, aber erfüllende Arbeit.
Pura Verdura ist eine nicht gewinnorientierte Gemüsegenossenschaft. Die Mitglieder zahlen einen Genossenschaftsanteil sowie Jahresbeiträge. Alle leisten eine gewisse Anzahl an Einsätzen und hoffen, am Ende einen schönen Ernteertrag zu erzielen. Wir pflanzen das Gemüse unter nachhaltigen und ökologischen Bedingungen an. Keine Insektenschutzmittel, keine Maschinen.
Wer sich früh genug einträgt, kann seine Einsätze flexibel planen. Am Wochenende, nach der Arbeit oder auch einmal tagsüber. Ausserdem ist es möglich, das Abonnement zu teilen, sollten Arbeitsaufwand oder Kosten für eine Person zu hoch sein.
Ich glaube, ich habe über Pura Verdura vor drei Jahren in einem Flyer gelesen. Schon vorher habe ich privat etwas Gemüse angepflanzt mit mehr oder weniger grossem Erfolg. Interessant fand ich es, zu sehen, wie der Biogemüseanbau im grösseren Rahmen funktioniert. Und den Kindern zu zeigen, wie viel Arbeit benötigt wird. Von Anfang bis Ende. Vom Säen übers Unkrautjäten bis zur Ernte und Verarbeitung.
Mit viel Handarbeit. Ob beim Säen, beim Aufziehen der Jungpflanzen, beim Unkrautjäten, natürlich bei der Ernte und beim Verpacken: Wir machen alles von Hand. Jeder übernimmt seinen Teil. Wir können uns für eine Aufgabe spezialisieren oder mitarbeiten, wo gerade Hilfe benötigt wird. Ich treffe viele verschiedene Menschen mit völlig unterschiedlichen Hintergründen, unterhalte mich und lerne auch von ihnen. Als Fachpersonen stehen uns jederzeit zwei freundliche und hilfsbereite Gärtnerinnen zur Seite. Sie versorgen uns mit nötigem Fachwissen ebenso wie mit Rezepttipps zu den einzelnen Gemüsesorten.
Bei der Arbeit kommt man definitiv ins Schwitzen. Bückt man sich bei sommerlichem Sonnenschein vier Stunden lang über Unkräuter, brennt es ganz schön. Die Kürbisse, die wir am Ende zusammentragen, wiegen gefühlt Tonnen. Ein einzelnes Pflänzchen setzen ist einfach. Wer aber den Blick hebt, sieht Reihen und Reihen und Reihen. Und reisse ich Disteln und andere Unkräuter aus, sind sie nach zwei Wochen wieder da. Erst recht, wenn ich die Wurzeln nicht vollständig erwischt habe. Das ist körperlich herausfordernd. Es wird auch viel produziert. Wenn nicht draussen auf dem Acker, dann drinnen in einem der Gewächshäuser.
Wir teilen uns die Arbeitseinsätze ein, wie es gerade passt. Mal gehen wir alle zusammen, mal zu zweit oder allein. Die Kinder sind fleissig mit dabei und lernen, wie Gemüse angebaut wird und wie lange es dauert von der Aussaat bis zur Ernte. Jetzt im März kann nur wenig geerntet werden und wir erhalten als Ergänzung Lagergemüse.
Für mich ist die Arbeit an der frischen Luft eine willkommene Abwechslung. Ich kann mich auf die einzelnen Tätigkeiten konzentrieren und die Zeit geniessen. Der praktische Einsatz verschiedener Geräte ist teilweise neu für mich, und so lerne ich viel dazu. Beispielsweise, dass man das Kraut von gewissen Gemüsesorten essen kann. Ziel ist die ganze Verwendung des Ertrags. Hierüber klären uns die beiden Gärtnerinnen in einer wöchentlichen Mail auf. Sowohl die Fachleute als auch die anderen Mitglieder engagieren sich und sind sehr motiviert. Es gibt keinen Chef, keine besseren oder schlechteren Aufgaben. Alle ziehen am gleichen Strang. Die Einsätze werden nicht als Pflicht wahrgenommen. Man arbeitet gerne auf ein gemeinsames Ziel – eine erfolgreiche Ernte – hin. Und auch die kleinen Highlights machen die Mühen wert: Wenn zum Beispiel eine Erdkröte an ein ruhigeres Plätzchen versetzt werden muss, ist das auch für die Kinder ein tolles Erlebnis.
Die Wettersituation, ob zu trocken, zu heiss oder zu nass, bekommen wir unmittelbar mit. Pura Verdura versucht, durch ein vielseitiges Sortiment an Pflanzen den Umständen zu trotzen. Die Pflanzen im Gewächshaus sind davon nicht so stark betroffen, und wir können dort auf ziemlich sichere Ernteerfolge zählen. Es kam auch schon vor, dass wir einzelne Felder nicht bestellen konnten, weil dort ein Unkraut derart wucherte, dass alles erst einmal abgedeckt werden musste.
Mir wurde praktisch aufgezeigt, dass Bio-Gemüse den Preisaufschlag verdient. Der Anbau ist schwieriger, mühsamer und die Wachstumszeit länger, wenn keine Insektizide eingesetzt werden und grösstenteils Handarbeit angesagt ist. Auch zu Hause sind wir kreativer geworden. Für Sorten, die wir nicht kannten, haben wir Rezepte gegoogelt und viel Neues ausprobiert.
Wenn ich donnerstags die Gemüsetüte mit nach Hause nehme, ist der erste Blick hinein immer spannend. Man sieht, wofür wir gearbeitet haben und was es die nächsten Tage gibt. Es entsteht ein direkter Bezug zu seinem Nahrungsmittel.
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