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«Auf der Rotfluhstrasse spielten wir Fussball»

Von Franca Siegfried ‒ 21. April 2022

Er braucht Menschen um sich herum wie andere die Luft zum Atmen. Thomas Gugler erzählt, weshalb ihm berufliche Herausforderungen willkommen sind und was ihn als zweifachen Vater sonst noch alles interessiert.

Thomas Gugler im Clubzimmer des Zürcher Grasshopper-Clubs am Mythenquai. Er rudert regelmässig auf dem See. (Bild: fs)
Thomas Gugler im Clubzimmer des Zürcher Grasshopper-Clubs am Mythenquai. Er rudert regelmässig auf dem See. (Bild: fs)

Rund zehn Kilometer misst die Strecke auf dem Zürichsee vom Bootshaus am Mythenquai zum Kap Alex in Kilchberg und ­zurück. Thomas Gugler hat sein sportliches Pensum auf dem See für diesen Tag absolviert. «Das Wasser war perfekt», schwärmt der 63-Jährige. Zusammen mit einem Freund im Doppelzweier ist er die Strecke gerudert. Diese Bootsklasse ohne Steuermann gehört zur olympischen Tradition. Entspannt, gut gelaunt sitzt er im Clubzimmer des traditionsreichen Zürcher Grass­hopper-Clubs – 1904 gegründet für Wettkampf- und Breitensport. Er respektiert Traditionen und pflegt sie auch.

Thomas Gugler stammt aus einem katholischen Milieu. Bis zur Matura lebt er in Luzern. «Meine Mutter ist in Zollikon aufgewachsen, darum war ich oft bei den Grosseltern in den Ferien», erzählt er. «Es war damals sehr ländlich, der Migroswagen kam vorbei, und auf der Rotfluhstrasse spielten wir Fussball.» Als Vater Gugler Direktor bei Elektrowatt wird, zieht die Familie nach Zürich. Wie es die Tradition will, interessiert sich der Sohn wie der Vater für Jurisprudenz. Der Sohn beschäftigt sich in seiner Doktorarbeit mit Options- und Wandelanleihen nach Schweizer Recht. «Obwohl ich das Anwaltspatent in der Tasche hatte, arbeitete ich nur kurz als Anwalt.» Die ersten Berufsjahre wirkt er in der Schweizerischen Kreditanstalt, der heutigen Credit Suisse. Sein Wissen im Investmentbanking vertieft er an der Columbia University in New York City. «Das war eine geniale Zeit. Später war ich für die Bank Vontobel fünf Jahre lang in Österreich – in Salzburg und Wien.» Als Karl Steiner mit seinem Unternehmen einen möglichen Gang an die Börse plant, bekommt Thomas Gugler einen Sitz in der Geschäftsleitung, verantwortlich für die Immobilienentwicklung.

Die Tradition der Familiengründung holt ihn ein, als er Katharina, eine Bauerntochter aus dem Bernbiet trifft. Die gelernte Drogistin ist für ihn die Richtige. Sie hat ihre persönliche Neugierde auf die Welt zum Beruf gemacht und ist in der Cabin Crew der Swiss als Flugbegleiterin unterwegs. Das passt, zumal der Ehemann selber gern reist. Als die beiden Kinder Till (14) und Salome (12) auf die Welt kommen, leben sie in Zumikon, in der Siedlung «Seldwyla», benannt nach Gottfried Kellers Novelle. Initiiert von ETH-­Architekten gilt diese, mittlerweile 40 Jahre alt, noch immer als kulturelles wie gesellschaftliches Experiment. Doch vor elf Jahren zieht die Familie nach Zollikon. Seit neun Jahren ist Thomas Gugler in der Emil Frey Gruppe angestellt. «Ein sehr interessantes und noch immer vom Patron hervorragend geführtes Familienunternehmen.»

Thomas Guglers Offenheit, gepaart mit Neugierde und Enthusiasmus, ist Teil seiner «Extraversion». Diese Wesensveranlagung zum Gegenpart von «Introversion» etabliert der Psychiater Carl Gustav Jung aus Küsnacht in den 1920er Jahren. Thomas Gugler meint, nebst seinem Enthusiasmus könne er sehr bestimmt auftreten und sich energisch einbringen: «Ich habe Mühe mit Unehrlichkeit und Intransparenz.» Neue Aufgaben und Herausforderungen sind ihm stets willkommen, anregende Gespräche beflügeln ihn – sonst könnte bei ihm auch mal Langeweile aufkommen. Die Liste seiner Interessen für Hobby, Sport und Kultur ist lang. Das Kunsthaus besucht er auch mit den Kindern. Als Töchterchen Salome im Kindergarten wünscht, nach Giverny zu reisen, weil dort «Herr Monet» lebt, steht die Familie in den Schulferien im Garten von Claude Monet in der Normandie. Konzertbesuche in der Tonhalle gehören zur kulturellen Agenda der Familie: «Die Musik von Mozart würde ich mitnehmen, wenn ich allein auf eine Insel müsste.» Nein, allein leben auf ­einer Insel ist nicht sein Lebensziel. Er schöpft seine Kraft und seinen Esprit durch den Kontakt mit unterschiedlichen Menschen; dazu gehören Sportkollegen, Jagdkameraden, Militärkumpels, Freunde, ganz besonders seine Familie und Ruderfreunde. Auf dem Wasser ist Rudern nicht nur ein Training der Muskeln. Ruderer sitzen mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf einem schmalen Rollsitz, der auf zwei Bahnen hin und her rollt. Mit Rollen unterwegs – ein Rhythmus, der Gedanken in Schwung hält.

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