«Ich bin ein Heimweh-Seebueb»

Von Antje Brechlin ‒ 23. Juni 2022

Das Leben meint es gut mit ihm, und er liebt das Leben. Peter Kurath ist ein kreatives Energiebündel. Ob Grafik, Architektur oder Photo-Werkschauen, Songbird Festival, Net Zero Entertainment oder Salon Public – entstanden sind die äusserst erfolgreichen Eventformate in seinem Kopf. Seit einem Jahr lebt er mit seiner Ehefrau ­Patricia und dem dreijährigen Sohn Jimmy in Zollikon.

Peter Kurath an einen Montagnachmittag entspannt im eigenen Garten. (Bild: ab)
Peter Kurath an einen Montagnachmittag entspannt im eigenen Garten. (Bild: ab)

Sie haben auf der ganzen Welt gelebt. Lange auch im Zürcher Seefeld. Seit einem Jahr leben Sie in Zollikon. Was zog Sie hierher?

Der See! Ich bin in Männedorf aufgewachsen und ein echter Seebueb. Bei mir ist nicht das Schweizer Kreuz die Identifikation, sondern der Zürichsee. Wir lebten vorher in einer schönen Wohnung im Seefeld, doch mit der Geburt unseres Sohnes wurde die zu klein. Wie so oft im Leben hatten wir einfach Glück und fanden innerhalb von zehn ­Tagen dieses wunderschöne Haus, mussten uns dann ziemlich schnell entscheiden und zwei Wochen später sind wir eingezogen. Es ist grossartig hier. Unser Sohn hat viel Platz zum Spielen und wir laden gerne Gäste ein.

Kennen Sie schon ein paar Zolliker?

Bis vor einem Jahr wusste ich nicht, wie viele Leute ich hier schon kenne. Doch bei der Migros treffe ich immer wieder Bekannte. Das ist herrlich. Ehrlich gesagt freue ich mich nach langer Zeit im Ausland und in der Stadt Zürich auf etwas mehr Langsamkeit, jedenfalls im privaten Leben. Gastgeber im eigenen Heim sein zu dürfen, für 50 bis 60 Gäste – das alles ist nun möglich. Auf der einen Seite ist Zollikon Rückzugsort, auf der anderen Seite aber so nah am Puls, dass auch Freunde aus Zürich und Umgebung gerne zu uns kommen.

Wie sind Sie zu dem geworden, der Sie heute sind?

Ich bin ohne jegliches Talent und Talentförderung aufgewachsen, allerdings als Kind der 80er-Jahre. Competition war wichtig, wer etwas erreichen wollte, konnte das. Hinzu kam meine, ich nenne es mal «Leckt mich am Arsch»-Mentalität. Das bewirkte bei anderen, dass man mich nicht ernst nahm. Und das kann ein Vorteil sein. Bereits früh sah ich immer Möglichkeiten für Geschäftsideen und bin da oft mit viel Risiko eingestiegen. Die Entscheidungsfreude verschaffte mir Vorteile, denn ich war häufig der Erste, der die Möglichkeiten sah.

Risiko und Scheitern machen Ihnen keine Angst?

Nein, gar nicht! Ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Hier haben wir doch alle Möglichkeiten, man muss sie nur nutzen. Ich habe 152 Länder bereist und erlebt, wie wenig Chancen andere Menschen haben. Wir sind hier so privilegiert, mit Zugang zu allem – zu medizinischer Versorgung, zu Bildung, zu Kommunikation, zu Geld, zu Ideen. Natürlich bin ich auch gescheitert, oft sogar. Na und? Das ist ein Problem der anderen, nicht meins.

Wie war Ihr Bildungsweg?

Klassisch eine Lehre, dann Matura, Studium der Betriebswirtschaft. Später habe ich noch drei MBAs drangehängt. Bildung ist mir sehr wichtig, und ich nutze das Privileg, das hier geboten wird. Ich bin da wie ein Hoover und sauge alles auf. Man trifft auf Weiterbildungen immer Menschen, die hungrig nach Wissen sind, ehrliches Feedback geben und sich vernetzen wollen. Ich liebe es, von anderen Menschen zu lernen, denn das hat mich im Leben weitergebracht.

Sie haben 16 Firmen im Kreativ-, Musik-, Sport-, Immobilien- und Nachhaltigkeitsbereich. Sie sind Präsident des Verbandes der Kreativwirtschaft mit über einer halben Million Mitglieder und sagen ­trotzdem, Sie arbeiten nicht mehr als 50 Prozent. Was machen die anderen falsch?

Ich kann nur für mich sprechen. Ich gebe meinen Mitarbeitenden viel Energie, Leidenschaft und Vertrauen. Das ist für sie ein grosser Purpose, und ich liebe Menschen, die etwas besser machen als ich. Noch besser gefällt es mir, wenn diese Menschen für mich arbeiten. Arbeit sehe ich nicht als Arbeit, ich liebe einfach, was ich tue, und wenn ich fünf Stunden in der Sonne liege, kreist es eh ununterbrochen in meinem Kopf. Da kommen stets irgendwelche Ideen heraus, einige werden umgesetzt. Ich gebe den Mitarbeitenden den Rahmen und sie füllen ihn mit Farbe. Ohne meine Familie und meine Mitarbeitenden geht mein Konzept nicht auf, ich brauche sie und bin ihnen zu grossem Dank verpflichtet.

Wie erreichen Sie neue Kunden?

Wir gehen mit unseren Ideen – wie zum Beispiel dem Wissenschaftsfestival «Salon Public», den Werkschauen «Photo» «Graphik» oder «Architektur» erstmal auf den Markt und versuchen über den ­Inhalt an neue Kunden zu gelangen. Dabei gehen wir immer in Vorkasse, das heisst wir glauben an das, was wir tun, und hoffen, dass es beim Publikum gut ankommt – das zieht dann wiederum neue Kunden an. Bei Kreativen ist es so: Du musst über Vertrauen arbeiten, Geld ist nicht deren Motor. Oftmals versuchen wir auch unterschiedliche Branchen miteinander zu verbinden. Wie bei «Secret Island» – dem Open Air Club, an der Grenze zu Zollikon – der stammt auch aus unserer Küche und ist der erste klimaneutrale Club. Auf dem Dach ist eine Photovoltaik-Anlage, durch die wir die gesamte Energie für das Betreiben des Clubs gewinnen.

Was ist Ihnen im Leben wichtig?

Neben meiner Familie ist mein grösster Treiber die Neugier. Ich bin jetzt 55 und will noch ganz viele Dinge wissen, aus den unterschiedlichsten Bereichen. Ich will dabei sein. Das Reisen ist für mich auch sehr wichtig, denn es öffnet den Blick. Durch das Reisen habe ich gelernt loszulassen. Manchmal von Menschen, von Ideen, von ­Projekten – oft ist es einfach besser, diese gehen zu lassen. Im Nach­hinein merkt man dann, dass gar nichts fehlt. Das schafft Platz für Neues. Sehr wichtig ist auch Empathie und Hartnäckigkeit, sich für andere Menschen interessieren. Commitments abgeben ist auch ganz wichtig. Macht man Versprechen, dann werden die gehalten, ohne Wenn und Aber. Wörter wie Respekt und Anstand haben für mich eine grosse Bedeutung. Letztlich auch: Positiv denken und Spass haben!

Mit Peter Kurath sprach Antje Brechlin

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