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Baden macht glücklich

Von Franca Siegfried ‒ 4. August 2022

Der Zumiker Carlo Hophan gilt in der Schweiz als der Experte in der Wassertechnik für Schwimmbäder. Seine unermüdliche Schaffenskraft dient ihm zugleich als Jungbrunnen. Die Geschichte eines erstaunlichen Mannes mit italienischen Wurzeln.

Der Zumiker Carlo Hophan verbringt gerne seine freien Tage am Luganersee, die Italianità liegt ihm im Blut. (Bild: fs)

«Die Krönung meines Schaffens ist seit Mai eröffnet», berichtet Carlo Hophan. Er hat zusammen mit seinem Sohn Markus die technische Ausrüstung für eine hygienisch einwandfreie Wasserqualität des grössten Swimmingpools Europas geplant. Das «Oeuvre» liegt in Bern-West. Die Bevölkerung nennt es «Weyerli» – definitiv eine Untertreibung. Die Wasserfläche des Pools ist mit 15 500 Quadratmeter grösser als zwei Schweizer Fussballfelder und das Becken fasst 25 000 Kubikmeter Wasser. «Wir haben die Vorgabe des Kantonslabors mit 10 000 Badenden erfüllt, jetzt sind es in dieser Hitzewelle sogar 13 000.» Sichtlich zufrieden nippt Carlo ­Hophan an seinem Espresso: «Jetzt werde ich etwas mehr Zeit am Luganersee verbringen.» Darum hat er sich mit dem Zolliker Zumiker Boten auf der Terrasse des Ristorante AnaCapri in Lugano getroffen. Der Zumiker blickt über den See in Richtung Gandria. Dort, in einem malerischen Ort nahe der Schweizer Grenze, verbringt er ­unbeschwerte Tage mit seiner Frau Myrta. Der Ingenieur arbeitet viel. Seine Erzählungen sind klar, lebendig, etwas zurückhaltend, beinahe bescheiden.

Das neue «Chinderbädli»

In den 1960er-Jahren arbeitet Carlo Hophan in einer Winterthurer ­Firma und wird Abteilungsleiter mit 107 Mitarbeitenden. Wassertechnik für Schwimmbäder gehört zum Kerngeschäft. Er nimmt sich auch den Kinderplanschbecken an: «Bademeister füllten jeden Morgen das Becken mit kaltem Wasser für die Kleinen, abends war es endlich warm von der Sonne und vom Chinderbisi, bis der Bademeister es wieder leerte.» Sein Herz für Kinder liess ihn technische Verbesserungen für die Wasseraufbereitung entwickeln, etwa in Form regelmässiger kleiner Desinfektionsmittelzugaben. Zudem sollte das Wasser strömen, in Bewegung sein. «Kinder spielen mit dem Wasser, sie rutschen und spritzen.» Mit Hophans Idee ist die Zeit der langweiligen viereckigen «Chinderbädli» vorbei. Zumal er ­selber Vater von zwei Söhnen ist. Er bestückt viele Bäder am rechten und linken Zürichseeufer, so auch in Zollikon und im Hallenbad Zumikon. Carlo Hophan ist in Erlenbach aufgewachsen und fühlt sich als «Seebueb». Hier macht er auch eine Lehre als Maschinenzeichner, bildet sich am Abendtechnikum weiter. Seine berufliche Karriere bringt ihn 1978 in die Selbständigkeit. Die beiden Söhne können das Engagement des Vaters gut nachvollziehen. ­Daniel, der jüngere Sohn, übernimmt 1992 die väterliche Firma. Und Carlo Hophan eröffnet mit 59 Jahren zusammen mit dem älteren Sohn Markus ein Ingenieurbüro.

Unermüdliches Wirken

Er sei 1933 geboren, erwähnt er beim Gespräch, ohne sich zu zieren. Wo steckt das Geheimnis für diese unermüdliche Schaffenskraft? Er lächelt. Es müssten seine italienischen Wurzeln sein, eine liebe ­Familie, zudem sei er zum Arbeiten geboren, dazu gehöre auch eine ­Zufriedenheit und er habe sich eine gewisse Leichtigkeit bewahren können. Was er nicht erwähnt, ist ein weiteres italienisches Merkmal – «la bella figura». Carlo Hophan ist sportlich, elegant gekleidet, gepflegt und passt bestens zur lombardischen Italianità in Lugano. Den Wohnsitz hat er jedoch in ­Zumikon. Vor rund 16 Jahren kauft er mit seiner Frau eine Attika-Wohnung an der Ebmatingerstrasse. «Den aufkommenden Strassen-, wie auch Fluglärm hatten wir so nicht erwartet», sagt er. Die Lage mit Einkaufsmöglichkeiten und ÖV findet er jedoch immer noch ideal. Die Immobilie hat der Eigentümerschaft viel Ärger beschert mit Bauschäden, Anwalts- und Gerichtskosten. «Kurz vor dem richterlichen Schuldspruch hat die Immobilienfirma Konkurs angemeldet.» Für den unternehmerisch denkenden Carlo Hophan eine fragwürdige ­Geschäftstaktik. Mit diesem Ärger kann er umgehen. Anfang 50 durchlebt er einen wirklich tragischen Schicksalsschlag. Seine Frau stirbt an Krebs. Die Welt seiner Familie kommt ins Wanken. Er findet trotzdem zurück ins Leben und begegnet seiner zweiten Frau Myrta.

Emigriert ins Glarnerland

Schicksalsschläge kennt er aus seiner Familiengeschichte, beispielsweise von seiner Mutter, geboren 1897 in Italien. Kurz vor dem ersten Weltkrieg emigriert ihre Familie ins Glarnerland. Die Schweizer Textilindustrie braucht Arbeitskräfte. Blutjunge Töchter werden in einem Heim unter der Leitung von Nonnen einquartiert. Die jungen Italienerinnen lernen das Handwerk Kunststopfen. Wichtige Voraussetzung sind zarte, geschickte Hände und gute Augen. Sie müssen Schäden an Stoffen ausbessern. «Ich stamme aus einfachen Verhältnissen», sagt Carlo ­Hophan. Er erinnert sich, dass sein Vater, ein Maurer-Polier, während des zweiten Weltkriegs als Soldat vier Franken Sold pro Tag verdient. Für die Familie mit drei Kindern in Erlenbach ist das Leben karg. Seine Mutter verdient sich mit Kunststopfen für Private einige Franken dazu. Sie ist das Herz der Familie. Auch als später der Vater an einer Augenkrankheit leidet, sich Unfallversicherung und Krankenkassen streiten, wer bezahlt – ohne Rücksicht auf Familie: Die Mutter wandte sich an den katholischen Seelsorger und bat ihn um Hilfe.

Baden macht glücklich

Sauberes Wasser ist für Ingenieur Hophan selbstverständlich. Alle zehn Jahre werden die SIA-Normen der Wasseraufbereitung überar­beitet. Neuerdings sitzt sein Sohn Daniel in der Kommission der SIA, in der sein Vater mehr als 20 Jahre mitwirkte. Carlo Hophans Krönung mit dem «Weyerli» hat durchaus eine gesellschaftliche Auswirkung. In Bern-West leben auch viele Ausländer, die Quote liegt bei 50 Prozent. Wenn sich Badende an Hitzetagen im Wasser abkühlen, erleben sie Momente, die sie von ihren Alltagssorgen befreien. Es darf gelacht, gekreischt und gespritzt werden. Das «Weyerli» macht Menschen glücklich. Mit dieser Gewissheit kann sich der 89-Jährige durchaus etwas mehr Freizeit mit seiner ­Familie am Luganersee gönnen.

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