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Von Bauern, Damen und kleinen Königen

Von Ramona Bussien ‒ 5. August 2022

Während die einen Kinder mit ihren Eltern in die Ferien fuhren und andere das Pfadibundeslager im Goms erlebten, kamen die Jungen und Mädchen unter Peter Hugs Leitung Mitte Juli zusammen, um Schach zu spielen.

Mal spielen die Kleinen Schach und die Grossen machen Sport, mal andersrum. Für genug Abwechslung ist gesorgt. (Bild: rb)

Zwei Männer sitzen sich in beklemmender Stille gegenüber. Schwarze und weisse Figuren reihen sich auf dem Schachbrett ­zwischen ihnen. Denkfalten wachsen länger und tiefer. Langsam hebt Spieler 1 die Hand – und zieht sie zurück. Weitere Minuten verstreichen. Jetzt durchzieht ein Ruck seinen Oberkörper, und mit Entschlossenheit im Blick schiebt er seinen ersten Bauern ein Feld vor. So geht das weiter. Bis am Ende der Sieger sein «Schachmatt» verkündet. Die meiste Zeit scheint nichts zu passieren. Die Kontrahenten: versunken in ihrer eigenen Welt. Für Zuschauer unerreichbar. Die Action findet in den Spielerköpfen statt. Es scheint ein Spiel für Erwachsene, für Intellektuelle mit Namen wie Igor und Wladimir und Kasparow. An Kinder denken in dieser klischeebehafteten Assoziationskette die wenigsten.

Schnupperlager für Neugierige

Die Nachmittagssonne brennt auf den Platz vor dem Schwimmbad Fohrbach. Keine Brise zieht an den Fahnen des Schach- und Sportlagers, das hier Mitte Juli stattfindet. Tische und Bänke stehen bereit, vereinzelt warten Thermosflaschen, in Kisten sammeln sich Spielsachen, Malbücher, Verpflegung. Wer hier vorbeikommt, mag sich wundern: Erst ein Blick in die Turnhalle verrät, wem die Ausstattung gehört. Jungen und Mädchen in leuchtend orangen Trikots rennen einem Unihockeyball hinterher. Schläger klappern aufeinander, Turnschuhe quietschen über den Hallenboden. Es sind die «Green Crocos» – Kinder zwischen acht und zehn Jahren. Während sie dem Hallensport frönen, betreibt die zweite Gruppe eine andere Art von Sport: Denksport. Die «White Sharks», zwischen sechs und acht, verbringen den Nachmittag im Schachraum. 22 Kinder nehmen am ersten Schach- und Sportlager Zollikons teil.

Es ist ein Tageslager, ein Schnupperlager für Neugierige. Peter Hug und seine Helfer bieten den Kindern ein abwechslungsreiches Programm: Die einen spielen Unihockey, The Floor is Lava, Bodenhöckerli und Keulenvölk; andere erzählen begeistert von ihrem Malwettbewerb. Und natürlich vom Schachspiel.

Mehr Action, weniger grübeln

Milla und Viktoria kamen hier das erste Mal mit Schach in Kontakt. Millas Freude hält sich in Grenzen – es ist der zweitletzte Tag, Nachmittag, die Hitze kriecht in jeden Raum –, umso mehr Spass hat ­Viktoria. Obwohl sich beide erst seit Montag mit dem Spiel auseinandersetzen, kennen sie bereits eine Vielzahl der Regeln. Zwischen den schachspielenden Kindern liegen Lehrhefte. Für Anfänger und Fortgeschrittene. Jetzt aber wird ­gespielt. Mädchen und Jungen tätigen eifrig ihre Züge und schlagen auf ihre Stoppuhren. Eine nahezu rhythmische Geräuschkulisse. Die kleinen «White Sharks» haben es noch nicht sonderlich mit Geduld. Lange Denkpausen: eine Ausnahme.

«Schach per se ist ein langweiliges Spiel», sagt Peter Hug. Die Hauptherausforderung sei es, den Kindern ausreichend Abwechslung zu bieten, damit sie sich nicht langweilen und motiviert bleiben. Nicht nur in puncto Lagerprogramm, sondern auch beim Schachspiel selbst. Daher spielen sie auf dem Schachbrett nicht einfach nur klassisches Schach. Auch Minispiele sind möglich. Sie sind leichter, machen Spass und helfen den Kindern, sich mit den Figuren und den Regeln vertraut zu machen. Im Bauernkampf ziehen Bauern gegen Bauern. Im Springer-Spiel belegen die Kinder entsprechende Felder mit Chips. Und wer mag, kann ein Königsduell starten: Der König, der zuerst die andere Seite erreicht, gewinnt.

Mehr Mädchen als erwartet

Peter Hug ist überrascht über die zahlreichen Mädchen unter den kleinen Schachkönigen. Im Schweizerischen Schachbund SSB seien Frauen doch eher die Ausnahme – sie machen etwas über fünf Prozent aus. Er hofft, zumindest ein paar Kinder mit seinem Schachfieber angesteckt zu haben und dereinst in seinen Schachstunden im Zollikerberg wieder zu sehen.

Schachmatt und Wurst zum Abschluss

Während Peter Hug pünktlich zum Feierabend in die Rolle des Grillmeisters schlüpft, bauen einige Kinder – «White Sharks» und «Green Crocos» gleichermassen – draussen auf den Tischen ihre Schachspiele auf. Am nächsten Tag, dem letzten Lagertag, steht ein Schachturnier an: Buben und Mädchen möchten unbedingt einen der kleinen, goldenen Pokale gewinnen. Der sechsjährige Wren nutzt die Gelegenheit, die Redaktorin des Zolliker Zumiker Boten in eine Schachrunde zu verwickeln. Wren muss ein wenig helfen – wenngleich er natürlich darauf bedacht ist, seine Kontrahentin immer auf das Feld zu weisen, auf dem er sie «fressen» kann. Gewieft. Und bald kann er sagen: «Schachmatt.» Er strahlt. Das und Cervelat, Brot und Salat runden einen aufregenden und vor allem lehrreichen Lagertag ab.

Der KSC Zollikerberg

Seit sieben Jahren gibt es den Kinderschachclub Zollikerberg. Ein junger Verein, doch Vereinsleiter Peter Hug ist optimistisch: Schweizweit bestehen viele Kinderschachvereine, er selbst leitet mehrere. Seine «Schulschachprofis» sind Mitglied des Schweizerischen Schachbunds. Der Kinderschachclub Zollikerberg bietet jeden Freitagnachmittag im Quartiertreff zwischen 13.30 und 18.30 Uhr Schachunterricht und -training an. Willkommen sind Kinder ab vier Jahren und deren Eltern. Der Preis einer Lektion beinhaltet sowohl Lehr­mittel als auch die SSB-Spieler­lizenz. Ziel ist es, das Schachspiel gerade bei den Kleinen zu fördern. Kinder trainieren ihre Konzentrations­fähigkeit, ihre Kreativität und ihr Vermögen, logisch zu denken und Entscheidungen zu fällen.

Jeden Freitag, 13.30 bis 18.30 Uhr Training, 19 bis 21 Uhr Clubabend auch für Erwachsene, Quartiertreff Zollikerberg. Weitere Informationen wie Preise finden Sie unter www.dieschulschachprofis.ch.

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