Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 18. August 2022
Auch in der Region sorgen sich die Bürger vor einem kalten Winter und bestellen Holz fürs Cheminée.
Natürlich ist es romantisch, vor dem Cheminée zu sitzen, dem knackenden Holz zuzuhören, in die Flammen zu schauen und sich im besten Fall an den Liebsten zu kuscheln. Doch das ist nicht der Grund, warum nun viele Bürger plötzlich Brennholz kaufen oder kaufen wollen. Die Energiekrise – verursacht durch den Krieg in der Ukraine – schlägt sich auch in Zollikon und Zumikon nieder: Es wird vermehrt Brennholz gekauft. Da keiner eine konkrete Prognose wagen kann, wie sich der Markt für Öl, Gas und Strom entwickeln wird, setzen die Bürger auf die alte Methode des Feuers. «Wir verkaufen aktuell soviel Brennholz wie sonst im Monat Oktober oder November», erklärt Fabian Weber. Er beliefert von seinem Hof im Zollikerberg die Region und muss einräumen, mittlerweile nur noch Stammkunden bedienen zu können. Da Brennholz vor dem Weg in den Kamin oder in den Kachelofen zwei Jahre trocknen muss, kann er nicht auf die Schnelle für Nachschub sorgen. «Und noch feuchtes Holz können wir den Kunden nicht anbieten.» Für die Lagerung bis zum Winter werde vor Ort alles genutzt, was geht. Die Kunden stapeln die Holzscheite im Keller, im Gartenschuppen oder unter einem Vordach.
Gestiegene Nachfrage meldet auch Stephan Hardmeier. Die vor mehr als 30 Jahren gegründete Holzbau AG ist hauptsächlich im Bereich Neu- und Umbauten tätig, verkauft aber auch Cheminéeholz – auf Bestellung oder für Selbstabholer am Dorfplatz. Und jetzt – in einem heissen August, in dem man eher an Gas oder Kohle für den Grill denken sollte – melden sich viele Kunden beim Zumiker. «Die Nachfrage ist drei bis vier Mal so hoch wie in einem normalen August», bestätigt der Geschäftsführer. Doch trotz der leichten Panik im Markt bleibt Stephan Hardmeier ruhig. «Wir haben sehr grosse Bestände dank unserem eigenen Wald in Zumikon und wie jedes Jahr grosse Mengen zur Verfügung.» Hamsterkäufe bediene er allerdings nicht. «Ich möchte, dass auch Neukunden noch die Chance auf ein prasselndes Kaminfeuer haben.»
Vorausgesetzt, es gibt überhaupt schon ein Cheminée. «Auch wir erleben einen Nachfrageschub», erklärt Matthias Rüegg von der Rüegg Cheminée Schweiz AG in Hinwil. Der Zumiker teilt den aktuellen Bedarf in drei Gruppen: Besitzer eines Kamins, der energetisch saniert werden soll, die Umfunktion von offenen Feuerstellen und den Einbau eines neuen Heiz-Cheminées. «Hausbesitzer haben in den vergangenen Jahren einiges investiert – in neue Bäder, in neue Fenster, in neue Küchen. An das Cheminée wurde oft nicht gedacht. Die Versorgungssicherheit war ja gewährleistet», so die Erfahrung des Zumikers.
In seinem Betrieb heisst das: Improvisieren. Zu schaffen machen dabei nicht nur die längeren Lieferzeiten, sondern auch die fehlenden Handwerker. «Da spüren wir ganz deutlich den Fachkräftemangel». Als Zulieferer weiss er, dass die Auftragsbücher seiner Kunden bis Dezember gefüllt seien. Den Vorwurf, dass mit dem Verheizen von Holz auf steinzeitliche Methoden zurückgegriffen werde, weist er zurück. «Es geht primär immer um einen sinnvollen Mix der Energiegewinnung. Das Haus generell auf 17 bis 18 Grad zu beheizen und bei Anwesenheit die fehlende Restwärme mit Holz zu generieren, ist durchaus effizient.»
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